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sönlidikeiten finden, die als Direktoren von Kunstschulen in viel
höherem Maße geeignet sind als sämtliche zur Verfügung ste-
henden Maler oder Bildhauer. <Weshhalb sollen übrigens die
Architekten ausgeschlossen sein ?> Ein Kunsthistoriker wie der
Mannheimer Wiehert besitzt zweifellos dieBefähigung zum Leiter
einer Kunsthochschule, während der selige Anton von Werner
die Berliner Kunstakademie seinerzeit völlig auf den Hund ge»
bracht hat. Das tiefste Niveau des Akademiebetriebes wurde be»
kanntlich in einer Zeit erreicht, als an der Spitze aller deutschen
Kunstschulen Künstler standen. Es kommt hier stets auf die Per»
son, nicht auf die zünftige Approbation an, und jede Engherzig«
keit ist von Übel."

Staatliche Keramische Fachschule. Am 21. Juli beging
die Staatliche Keramische Fachschule in Landshut ihr 50jähri»
ges Jubiläum. Die Gründung der Schule erfolgte am 21. Juli
1873, die Eröffnung am 4. November 1873. Auf Wunsch des
Bayer. Hafnermeister»Verbandes wird die Feier mit dessen Ta»
gung am 21.—23. Juli verbunden. Mit der Feier war eine Aus»
Stellung Bayerischer Hafnerkeramik verbunden, an der sich der
Bayer. Hafnermeister»Verband, der Verband der Absolventen
der Staatl. Keramischen Fachschule Landshut und die Fachschule
selbst beteiligten.

Persönliches. Professor Paul Schulze, Naumburg wurde
aus Anlaß der Neuherausgabe seiner berühmten „Kulturar-
beiten", deren L Band „Die Gestaltung der Landschaft durch den
Menschen" in neuer Ausgabe vor kurzem im Verlag Callwey»
München erschienen ist, von der staatswissenschafflichen Fakultät
der Universität Tübingen die Würde eines Ehrendoktors
verliehen.

Die Große Deutsche Kunstausstellung Karlsruhe. Die

Geschäftsstelle versendet folgende Mitteilung: Die Ausstellung,
die in den ersten Wochen nach der Eröffnung infolge der Ungunst
der Zeitverhältnisse nicht in allen Teilen vollendet war, ist voll»
kommen fertiggestellt und nach verschiedenen Seiten hin weiter
ausgebaut worden. Die Ausstellung der Karlsruher Landeskunst»
schule, die nur für einige Wochen geplant war, ist beendet. Da»
durch ist weiterer Raum verfügbar geworden für mehrere außer»
badische Künstlergruppen, so u. a. für Dresden und Hamburg»
Worpswede. In der Abteilung für Graphik sind vor allem öster»
reichische Blätter neu aufgelegt worden. Die Sonderausstellung
für angewandte Kunst ist ebenfalls seit einiger Zeit eröffnet,- sie
gibt ein umfassendes Bild des kunstge wer bl i c hen Schaffens
unserer Zeit. Die Große Deutsche Kunstausstellung findet in weit»
gehendem Maße die Beachtung des In» und Auslandes, auch der
Verkauf der Kunstwerke ist sehr rege. — Über diesen kunstge»
werblichen Teil schreibt die „Germania": Er ist wenigstens eini»
germaßen geordneter im Vergleich zur malerischen und plastischen
Abteilung. Übrigens hat man sich wieder zu Änderungen veran»
laßt gesehen. Die Zeichnenklassen der Akademie sind hinausge»
flogen. Ein neues Zeichen, wie unsicher die Hand, die hier am
Werk, wie uneinheitlich der ganze Gedanke. In dieser Kunst-
gewerbe»Abtei!ung sind wenigstens ein paar gute keramische Ar»
beiten <von Laeuger), ein paar annehmbare Möbelgarnituren, gute
Handarbeiten und sonstige Detailarbeit. Das Ganze geht jedoch
auch nicht über die Leistungsfähigkeit eines großen Geschäfts in
diesen Branchen hinaus. Nur von vier Räumen möchte ich sprechen.
Ein jüdischer Synagogenraum ist wenigstens einheitlich durchge»
arbeitet <Entwurf von Leo Kahn), was man von den beiden ehrist-
liehen aber nicht behaupten kann. Hier ist ein widerlicher Kom»
promiß geschlossen zwischen alt und neu. Ein Altar,,im Zeitgeist",
auf dem vor einem Reklameschnörkel eine Frau zum Tanze an»

hebt, zwingt zu entschiedener Ablehnung. Und zu dem „Musik»
saal", den Bühler gearbeitet hat, passen am besten die Worte
Kurt Amends darüber in der „Badischen Staatszeitung": „Was
den von Bühler entworfenen und komponierten Musikraum an»
langt, so muß ich schon sagen, daß er mehr wie eine mit künst»
lerischen Ambitionen entworfene Folterkammer wirkt. Musizieren
oder Musik hören möchte ich jedenfalls in diesem Raum nicht.
Eine feierliche Hinrichtung könnte ich mir darin schon eher vor»
stellen." Ich empfehle in diesem Sinn die geistige Hinrichtung der
Ausstellung durch Verlesen der Kritiken, die diese Sache in der
deutschen Presse erfahren hat, in diesem Raum. Dann hat er we»
nigstens einen Sinn gehabt.

Wettbewerb. DerVerlag Otto Beyer, Leipzig, hat einen Wert»
bewerb für Handarbeiten in Textilien ausgeschrieben. Verlangt
sind farbige Arbeiten nach neuen eigenen Entwürfen oder Ar»
beiten die auf Grund bayerischer Vorlagen entstanden, aber eine
Weiterentwicklung dieser darstellen. Einlieferungstermin ist der
1. Oktober, die Preise stufen sich von <M 4/000,000.— bis
Jl 400,000.— ab, wobei die Steigerung so festgelegt ist, daß für
je JL 100,000.— der Kurswert von 1 Dollar bezahlt wird. Die
Bedingungen können von der Firma Otto Beyer, Leipzig bezogen
werden und sind bei uns im Vereinshause angeschlagen.

Das Deutsche Tapetenmuseum. Am 30. Juni wurde in
18 Räumen des ehemaligen Stadtschlosses der Kurfürsten von
Hessen am Friedrichsplatz zu Kassel das „Deutsche Tapeten»
museum" der Öffentlichkeit übergeben. Einem Gedanken des
Geheimrats Iven, Hamburg, entsprungen, führt es als einziges
in Europa, ia, vielleicht auf der ganzen Welt, dem Besucher die
Entwicklung der Tapetenindustrie aus einem halben Jahrtausend
greifbar vor Augen und beweist ihm, daß die Tapete als ein
Mittel schöner Innenraumgestaltung ein Kulturfaktor von Bedeu»
tung ist und sich als solcher auch über kritische Zeiten hinaus
durchsetzen wird. Im übrigen handelt es sich nicht um eine vorüber»
gehende Ausstellung, auch nicht um eine kaufmännische Auslage,
sondern um eine feste, dauernde Sammlung von Beispielen, die,
an dieser ihrer Stätte bleibend, die Entfaltung der menschlichen
Fähigkeit, sich mit Schönheit zu umgeben, von einer besonderen
Seite zeigt. Die Stadt Kassel kann es sich zur Ehre anrechnen,
die Räume hergegeben zu haben, die nötig waren, um die so
mannigfaltigen Erzeugnisse der verschiedensten Zeiten und Völ»
ker in angemessener Form unterzubringen und zur Schau zu
stellen. Außer deutschen Arbeiten sind England, Frankreich,
Dänemark, Amerika, Japan mit kennzeichnenden Mustern ver-
treten. Der Zeit nach reicht die Sammlung bis zum Ausgang
der gotischen Stilepoche zurück. Im übrigen wird sie fortgesetzt
vermehrt, und es ist beabsichtigt, in gewissen Zeitabständen die
Aushänge zu wechseln. Musterausstellungen nach auswärts und
Vorträge liegen ebenfalls im Programm des Museums, um dessen
Zustandekommen sich außer Geheimrat Iven besonders Stadtrat
Professor Sautter, Professor Aereboe und die Herren Apell und
Körber, sämtlich in Kassel, verdient gemacht haben. Zur Eröff-
nung selbst hatten sich außer sehr zahlreichen Angehörigen der
Tapetenindustrie auch Vertreter des Reiches, des Staates und der
Stadt Kassel eingefunden, die von Geheimrat Iven in der Eröff-
nungsrede begrüßt und für ihre Unterstützung des Unterneh-
mens bedankt wurden. Geheimrat Iven verbreitete sich in wei-
tern Ausführungen über das Museum als ein Werk ethischer und
ästhetischer Erziehung: Die Wandbekleidung ist wie jede Woh-
nungskultur kennzeichnend für den sittlichen Gehalt des Men-
schen, wie sie anderseits ein Gegenstand künstlerischer Betätigung
ist, weshalb das Museum neben seiner kulturhistorischen Wich»

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