Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
tigkeit auch als eine Weihestätte der Schönheit und des Geschmacks
zur Geltung kommt. Oberbürgermeister Scheidemann betonte,
gerade der vielen schwer verständliche Umstand, daß inmitten all-
gemeiner Not ein Institut wie das Tapetenmuseum geschaffen
wurde, sei ein Beweis für die Lebenskraft des deutschen Volkes.
„Wir wollen und werden uns nicht unterkriegen lassen." Und
im Rahmen der Pflege geistiger Güter, die unentwegt fortgesetzt
werden müsse, sei die Stadt Kassel stolz darauf, das Deutsche
Tapetenmuseum als eine neue Stätte der Kultur in ihren Mauern
ermöglicht zu haben, eine Kulturstätte, die zu schützen sie festent-
schlössen sei. Nach einer sachkundigen Führung der Anwesenden
durch d ie einzelnen Räume fand noch ein Vortrag über die Geschichte
der Tapete statt, mit welchem Geheimrat Iven den geistigen Schluß-
stein in seine großgeartete Schöpfung fügte. <KöIn. Ztg.)

Die österreichische Kunst* und GeWerbeausstellung in
London. Dieser Tage ist die von der Wiener Handelskammer
veranstaltete und hauptsächlich von der Luxus« und Mode-Indu-
strie beschickte österreichische Kunst- und GeWerbeausstellung
eröffnet worden. Die Ausstellung, die sich bei der Eröffnung den
Besuchern vollständig fertig präsentierte, erregte lebhaftes Inter-
resse. <Neue Freie Presse.)

175 Jahre Fürstenberger Porzellan. Wer einmal zur schönen
Sommerzeit von Karlshafen aus talwärts mit dem Weserdampfer
gefahren ist, wird Fürstenberg so leicht nicht wieder vergessen
Über dem roten, jäh aufsteigenden Sollingfelsen und Waldesgrün
ragt, weithin das Landschaftsbild beherrschend, rein weiß die mäch-
tige Wand des Jagdschlosses der braunschweiger Herzöge. Hier
pflegten sie unbekümmert um der Zeiten Lauf des Waidwerks,
durch Feld und Waldestal hallte Fanfarenklang und das Gekläff
der Meute, denn Rot- und Sehwarzwild barg noch die Solling-
wildnis mehr als den über Wildschaden ergrimmten Bauern lieb
war. Aber die neue Zeit kam und stellte ihre Forderungen auch
an die sorglos jagenden Herrenmenschen. Die verwickelt gewor-
dene Staatsmaschine, der üppige Hofhalt leerte die Staatskasse
und die Fürsten sahen sich besorgt nach neuen Hilfsquellen um.

Da wird im Jahre 1710 in Meißen durch Friedrich Böttcher das
Porzellan erfunden. - Alle Welt, auch das Ausland, kauft Meiß-
ner Porzellan, ein Goldstrom ergießt sich über das verschuldete
Kursachsen. Der Erfolg berauscht alle Köpfe. Aber Meißen hütet
ängstlich das Geheimnis der Zusammensetzung des kostbaren
Stoffes. Trotzdem dringen durch bestochene Beamte Angaben über
die Herstellung des Porzellans in die Öffentlichkeit, und überall
entstehen nun Fabriken, meistens übereilte und nicht lebensfähige
Gründungen. Oft genug wurden die geschäftsunkundigen Fürsten
oder ihre dilettantischen Berater zu Opfern von Betrügern, die
für teures Geld ihr wertloses, schwindelhaftes Porzellanrezept
oder „ Arkanum" wie sie es nannten, verkauften. — Am 11. Januar
1747 schrieb der Herzog Karl I. von Braunschweig an seinen ge-
treuen Oberjägermeister von Langen, daß der Amtmann Kotze»
bue in Fürstenberg ihm das dortige Schloß als Wohnsitz über-
geben, und daß er dort mit der Einrichtung einer Porzellanfabrik
beginnen solle. Somit konnte am 11. Januar 1922 die Fürstenberger
Porzellanfabrik auf eine 175 jährige Vergangenheit zurückblicken.
Kriegsnot und schlimme Zeitläufe, Ausbeutung durch Betrüger
und Schwindler schlimmster Sorte hat die Herzogliche Manufaktur
glücklich überstanden. Sie ist heute nächst Meißen die älteste der
in Deutschland bestehenden Porzellanfabriken. Ihre eigentliche
Blütezeit fällt in die Jahre 1770-1790. Damals schufen hier die
Modelleure Rombrich, Luplau, Schubert, Hendler und der Fran-
zose Desoches ihre graziösen Tassen, Vasen und Figuren. In
diesen Dingen lebt heute noch die heitere Schönheit der Rokokos
weit, wir sehen diese Menschen, hier Stöckelschuhe, Turmfrisur

und Watteaufalte, dort Jabot und Zopf, wie sie, unter Puder und
Schminke errötend, Väschen und schmachtende Figürchen als
Liebespfänder sich reichen, wie sie für alles Gute, für Menschen-
beglückung schwärmen und mit sich und ihren edlen Gefühlen ach
so zufrieden sind.

„Rosen auf den Weg gestreut
Und des Harms vergessen!
Eine kurze Spanne Zeit
Ist uns zugemessen."—

Der Traum vom sterbenden Rokoko:
„. . . . Der sanften Zeit,
Da man sich seine Freuden würzte
mit Zähren der Empfindsamkeit,
Indeß der Korse Thron stürzte."

An die Tore dieser heitern Welt klopft die große Revolution.
Die rauhe Hand der Wirklichkeit greift in diese zarten, zerbrech-
lichen Gebilde, Reiterstiefel zertreten sie.

Freilich, die Empirezeit hat noch viel schönes geschaffen. Be-
sonders der üppige Kasseler Hof des Königs Jerome war ein
guter Abnehmer und sorgte für weiteren Absatz.

Das alles ist nun längst Vergangenheit, der Wind rauscht
darüber hin. Aber ein Traum von Schönheit schwebt noch um die
freundlichen Häuschen, in denen damals für 16 Reichstaler monat-
lich die Blumenmaler ihre feinen, sinnvollen Sächelchen pinselten,
hart am Rand der noch unaufgeforsteten Sollingwildnis mit ihren
Wilddieben und scheuen Hinterwäldlern! Wie schön liegt hier
dieses Dorf an der Sollinghöhe gelehnt! Wie frisch und frei geht
dort die Luft! Wie fröhlich ist der Blick über das Wesertal, Höxter,
Corvey, über die endlosen westfälischen Bergwälder! War es nicht
eine Lust, hier fröhliche Schönheit zu schaffen? Das war der Für-
stenberger Kunstfrühling! Aber die Fürstenberger Kunst erstarrte.
Es gab eine Zeit, wo das Unternehmen, das im Jahre 1888 in
eine Aktiengesellschaft verwandelt wurde, mit der Herstellung
dürftiger Gebrauchsgegenstände sein Leben fristete. Doch wie die
jetzt winterlich erstarrte Natur erwachen wird zu neuem Leben,
so kam auch der Frühling in die verstaubten Rumpelkammern,
wo die alten Modelle der besten Fürstenberger Zeit den Winter-
schlaf hielten. Die edelsten Formen zog man verständnisvoll ans
Tageslicht und vervielfältigte sie zur Freude der Kunstfreunde.
Das war nun wirklich wie eine Frühlingsauferstehung, ein Auf-
blühen, ein Singen und Klingen! Von Jahr zu Jahr steigert sich die
Nachfrage nach feinem Fürstenberger Porzellan. Etwa 400 Per-
sonen sind heute im Betriebe tätig, deren Namen zum Teil schon
in den Lohnlisten des Jahres 1747 sich finden.

Das Kunstgewerbemuseum in Rauschen, welches bisher
in ungeeigneten Räumen untergebracht war, ist nun in freigewor-
denen Räumen unseres alten Ordens-Schlosses untergebracht.
Hier werden dann: die Gemäldegalerie, das Kunstgewerbemuseum
und das Prussia- und Ethnographische Museum an einer Stelle
vereint sein, was im Interesse der Besucher von Vorteil sein wird,
weil dadurch der Besuch der Sammlungen erleichtert wird. Die
Neuaufstellung des Kunstgewerbemuseums ist von Dr. Klar,
dem Berliner Kunsthistoriker bewirkt. Die Aufstellung ist vor-
nehm und mit Rücksicht auf die geringen Mittel, die zur Verfü-
gung standen, die denkbar mögliche. Die Keramik ist reich ver-
treten. Es ist von Interesse, daß in Königsberg eine Fabrik von
Ehrenreich und Hunger um 1780 bestand, die Steingut fertigte.
Ehrenreich kam aus Stralsund. Unter dem heimatlichen Gewerbe
fällt ein Dielenschrank auf Danziger Arbeit — Barock Ende 1700.
<1673) Gut ist das Schmiedehandwerk vertreten. Für die Mitglie-
der des Kunstgewerbevereins, die unsere Ostmark aufsuchen, ist
der Besuch des Museums zu empfehlen. <Eigener Bericht)

45

3*
 
Annotationen