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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 80.1930

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Laube, Otto von: Die Leipziger Messe und ihre Bedeutung für das Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7097#0042
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Dies alles führte zu einer wunderbaren Entfaltung von In-
duftrie und Handel und hatte zunächft ein gewaltiges An-
fchwellen des Meffeverkehrs zur Folge. Die letzte und höchfte
Blüte der Warenmeffe, fie trägt fchon den Keim des Verfalls
in ihrem Innern.

Das Zeitalter der Induftrie ift angebrochen, Mafchinen ver-
drängen das Handwerk, Fabriken werden gebaut und die in
ihrer Art ftets gleichwertige Fabrikware, die nun zu Markte
kommt, bringt neue Handelsmethoden mit fich. Die Eifen-
bahn bot rafche und billige Verkehrsmöglichkeit. Der fchwer-
fällige Betrieb der Warenmeffe, der das koftfpielige Mit-
fchleppen der Waren bedingte, wich einem fchnelleren und
billigeren Vertrieb durch das Mufter, durch den Mufterrei-
fenden. Während früher ein Handelsherr feine Ware felbft
von Ort zu Ort begleiten mußte, fchon wegen des großen
Wertes derfelben, um den Zollfchikanen perfönlich zu be-
gegnen, um felbft an Ort und Stelle den beften Preis für feine
Ware zu erzielen, fiel nun dies alles weg. Die Zeit war ge-
kommen, da der Großkaufmann und der Fabrikant jeder von
feiner Zentrale aus den Handel leitete, die Mufterreifenden
ausfchickte. Die Ware wurde nicht mehr vom Markt verkauft,
fondern vom Orte ihrer Herftellung weg. Viele Artikel, die
bis dahin nur auf den Meffen gehandelt wurden, verfchwanden
nun von diefen, die Warenmeffe felbft war nicht mehr zeit-
gemäß und mußte verfchwinden.

Auch die Leipziger Warenmeffe ließ fich als folche nicht mehr
halten. Zwar dauerte es eine geraume Zeit, ehe fich ein emp-
findlicher Rückgang des Meffeverkehrs bemerkbar machte,
aber in den 70 er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde es
klar, daß die alte Warenmeffe unaufhaltfam dem Untergange
geweiht war. Die Zahl der Meffebefucher begann auffällig zu
finken. Große Induftrien, die keramifche Induftrie, die Eifen-
und Stahlinduftrie u. a. fuchten in Leipzig nicht mehr den
Meffeverkehr, fondern die Mu/ierlager-Ausftellung. Man fah
das nahe Ende der Leipziger Meffe voraus und Leipzig ftanc!
diefem Untergange feiner Meffe fchier ratlos gegenüber.
Dazu kam noch gegen Ende der 8oiger Jahre, daß man an-
derenorts erkannt hatte, welche Ausfichten fich für einen
Mu/termeffe-Verkehr eröffneten. Berlin bemühte fich leb-
haft, die Situation für fich auszunützen und die Muftermeffe
an fich zu reißen. Im Augenblicke der Entscheidung aber blieb
die Mehrzahl der Ausfteller der alten Leipziger Meffe treu.
Als fich im Jahre 189z eine Sezeffion, die fog. 92-Vereinigung
einiger Ausfteller gebildet hatte mit dem Ziele, die Meffe
nach Berlin zu verlegen, erklärte fich die überwiegende Mehr-
zahl der Ausfteller in einer vom Leipziger Rate unternom-
menen Abftimmung für Leipzig. Damit war die Zukunft der
Meffen für Leipzig gerettet.

Zielbewußt traf der Rat der Stadt Leipzig die notwendigen
Anftalten zur Ueberleitung der Warenmeffe in die Mu/fer-
meffe. Der Meffeausfchuß, als Glied der Handelskammer,
wurde ins Leben gerufen. Aus der alten Warenmeffe ging die
neue Muftetmeffe hervor, zu der der Verkäufer nicht mehr die
abzufetzenden Waren felbft herbeilchleppte, fondern nurwe-

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