12
„Die Kunstauktion"
Jahrg. IV, Nr. 25 vom
Nach dem ältesten Univenal • Exlibris
der Gegensäßlichkeiten und Persönlichkeiten
ergeben, sondern vielmehr eine wechselseitige
Abschleifung, die den individuellen Reiz
schachmatt seßt. Eine ähnliche Erscheinung
sehen wir ja auch bei der Akademie und
Secession, — auch hier können
wir kaum noch Richtungsunter-
schiede feststellen.
Wir begnügen uns daher mit
dem kurzen Hinweis auf einzelne
Begabungen, denen wir freilich
auch auf anderen großen und
kleinen Ausstellungen dieses Jah-
res begegnet sind und die auch
hier wieder in den Vordergrund
treten. Das sind die Gustav
Wiethüchter, Werner Scholz, Cesar
Klein, Lenk, Lesser Ury usw.
Hälfe man sich damit begnügt,
diese nennenswerten Persönlich-
keiten aus der Fülle des über-
wiegend belanglosen Materials
auszusondern und zu vereinigen,
so hätte man vermutlich eine recht
erfreuliche Schau erhalten, deren
Perlen jeßt leider im Meere des
minderwertigen Materials ver-
sinken.
Werkbund-Ausstellung
in Paris
Im 20. Salon der A r t i s t e s
Decorateurs hat Deutschland
eine sehr gute Vertretung gefun-
den, die denn auch den allgemei-
nen Beifall der Pariser Presse ge-
funden hat. Als Leiter fungierte
Walter Gropius, unterstüßt von
Breuer, Moholy-Nagy und Bayer.
Die Hauptleistung stammt denn
auch von Gropius: der Gesell-
schaftsraum eines Wohnhoch-
hauses mit Bad, Turnplaß,
Bücherei Tanzraum und sonstigen
Requisiten. Interessant ist auch
die Theaterabteilung, die Mo-
holy-Nagy zusammengestellt
hat, — er selbst hat Entwürfe für „Hoffmanns
Erzählungen" und „Kaufmann von Berlin“ bei-
gesteuert. Dazu kommt eine ganze Anzahl
interessanter Dinge: Möbel, Stoffe, Spielzeug,
Modelle von Postämtern, Krankenhäusern usw.
Für die Nofretete
Wir erhalten au« London von Herrn Dr.
Max Sinz folgenden Brief, den er an den
Preußischen Ministerpräsidenten abgesandt
hat, und der durch seinen Hinweis auf das
Urteil englischer Fachleute sicherlich von
Interesse ist. Überdies gibt er einer weitver-
breiteten Stimmung Ausdruck, wie sie auch
in dem Appell von Prof. H. Schmitz (in der
Nr. 19 der „Kunstauktion“) sich äußerte.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!
Der Kampf um die Herausgabe der
Nofretete-Büste an die ägyptische Regierung
wird dadurch entschieden, daß Sie die Ge-
nehmigung dazu erteilen oder nicht’.
Gestatten Sie mir, dalj ich Ihnen, sehr ge-
ehrter Herr Ministerpräsident, die Meinung
britischer Wissenschaftler über den Wert der
Büste durch nachfolgende Tatsache belege.
Das britische Museum in London hat in-
mitten seiner ungeheuren Reichtümer an
Original- Werken alter ägyptischer Kunst
aller Zeiten einen Gipsabguß der Nofretete-
Büste (hergestellt in der staatlichen Bild-
formerei der Berliner Museen) aufgesfellt. Die
Büste, die in der Mitte des Raumes steht, ist
mit folgender Anschrift versehen:
"The original is in some way the finesi
known example of ancient Egypfian portrait
sculpture, and is certainly the most naiu-
ralistic, especially noficeable being the
realistic treatment of the eyes. Unfettered
realism was a characferistic of the art of
the heretical period.”
An sich wäre schon der Umstand genügend,
dalj das Britische Museum zwischen seinen
Interviews
im Atelier
Essays von Florent Fels
IV.*)
Pascin
Er ist geboren**) in Widdin, einer kleinen
Stadt in Bulgarien, die fast nur von Türken
bewohnt wird (31. März 1885). Sein Vater war
spagnolischer Jude, seine Mutter Serbin, mit
italienischem Blut in den Adern. Pascin hat
die amerikanische Staatsbürgerschaft erwor-
Jules Pascin
ben; er bleibt dennoch ganz Mitteleuropäer.
Um die Tageszeit, wo er die Städte durch-
streift, sind nur mehr die Dancings und die
Bordelle wach. Man begegnet hier Freuden-
*) Einzig autorisierte Übersetzung aus d’em Fran-
zösischen von Gina (Hink und Franz Winterstein.
*♦) G es to rißen in Paris am 5. Juni 1930, wie
uns ein T e 1 e g'rä m m unseres Pariser Büros nach Re-
daktionssehluß mitteilt und worüber wir auf Seite 14
iberiehten.
mädchen und manchmal Dichtern; die sympa-
tischeste Gesellschaft, wenn man die Zeit hat,
sich ihnen zu widmen. Pascin nimmt seine
Kunst viel ernster, als er es sich selbst ein-
gestehen möchte. Man braucht nur seine Stu-
dien aus Louisiana oder von Havana zu be-
trachten und seine Akte lasterhafter Kinder,
die er aus reinster Freude des übersensiblen
Menschens wieder und wieder gezeichnet, mit
den zartesten Farben behandelt hat. Er schafft
um seine reizvollen Modelle eine sonderbar
poetische Melancholie, eine Stimmung, die
einen Stich ins Graue, Traurige hat.
Nach der Wollust, einem seiner Lieblings-
themen, erscheinen ihm seine Wesen jedoch
nicht als traurige, enttäuschte Tiere, sondern
eher wie leise welkende Blumen, zärtlich ge-
geneinandergeneigte Körpergarben. Und diese
seine Verliebten scheinen unwillkürlich ein
solches Verständnis für ihre dekorative Wir-
kung zu haben, dalj er sie bloß hinzumalen
braucht wie sie sind, um eine vollendete Kom-
position zu erzielen. Seine Freude an der
Frau und ihrem Körper teilt er uns mit.
«Das Wesen eines Menschen bedeutet mehr
als sein Werk, und ich wäre gar nicht unan-
genehm überrascht, wenn die Werke mit dem
Tode eines Künstlers verschwinden würden.
Mich interessieren nur mehr die Werke derer,
die ich persönlich kenne. In meiner Jugend
habe ich natürlich sehr viel die Museen be-
sucht und dort studiert, aber heute komme ich
nicht mehr hin, denn ich habe keine Beziehung
zu all den Malereien, die im Louvre hängen.
Damit will ich nicht leugnen, dalj man dort
feinen Kerlen begegnet, um nur ein Beispiel
zu sagen, den Venetianern und dann den Ma-
lern des 18. Jahrhunderts, der blendendsten
Kunstepoche Frankreichs. Was für eine wun-
dervolle Kühnheit steckte in diesen Malern,
die sich einen Teufel um alle Theorien scher-
ten, um Qualitäts- und Traditionsrespekt, den
man angeblich der Ölmalerei schuldig sein
soll. Sie malten, was ihnen paßte.
«Wenn ich richtig orientiert bin, so wählen
sich die jungen Leute David und Corot zum
Vorbild. Corot war ja gewiß ein großer Künst-
ler, aber wenn er nur um eine Kleinigkeit
weniger Genie gehabt hätte, so wäre er der
gähnend langweiligste Maler des Jahrhunderts
gewesen. Für diese Mode dieser Corots en
miniature sind vielleicht die heute so wichti-
gen Miniatur-Bilderhändler verantwortlich —
ihr Zimmer ist auch gleichzeitig Ausstellungs-
raum und Büro. Wirklich, man liebt heute nur
mehr Bilderchen, solche, die man leicht unter
dem Arm, bequem zu einem Sammler tragen,
oder unter dem Kaffeehaustisch verhandeln
kann.
«Als ich Weihnachten 1905 nach Paris kam,
erschien mir die damalige Kunst aufregender,
Originalwerken einen Gipsabguß dieser Büste
aufstellfe. Aus der Beschriftung aber ist
weiterhin zu erkennen, wie von britischen
Fachleuten gerade dieses Werk geschäht wird.
Ich hoffe, daß das Urteil ausländischer
Museumsbeamter, das gewiß in diesem Falle
den Anspruch der größten Unparteilichkeit
machen kann, mit dazu beiträgt, daß dem
ergebens!
Dr. M a x S i n z (L°n'
deutschen Volke dieses Kleinod
Kunst, worum es die ganze Welt beneid
halten bleiben möge.
Mit dem Ausdruck vorzüglichster
achtung
s
have
mater:
„f a
_ Serie
li^n the llth
C seems rij
. Slve glance
i^Uld hardly
7°r collecfii
they ev<
m; and mone
l '°n rather r
hF the sale
d lf; auspices
that is
°us 111U
Mies of
,of the
Hirsch, braunglasiert mit weißen Flecken; Geweih aus Horn
H. 60 cm — XVIII. Jahrh. — Ans der Smlg. Prinz Li Ting
E di gar Worch. Berlin
Cerf brun vernis avec des taches blanchest; ramure de corne
H. 6o Cent. — XVIIIieme siede — Anc. Coll. Prince Li Ting
Galerie Edgar Worch, Beilin
die Säle der «Fauves» im «Salon des Inde-
pendants» und im «Salon d’Automne»
unvergleichlich amüsanter als die heutigen
Ausstellungen. Natürlich waren Dreiviertel der
ganzen Bilder mit der Absicht gemalt, in der
Ausstellung Verblüffung zu erregen, aber ist
es nicht schon ein höheres Ziel für eine Aus-
stellung zu arbeiten, als unter Kontrolle seines
Portrait Pierre Mac Orlan
Bilderhändlers Schwarten zu fabrizieren? Um
diesen Zustand zu ändern, müßte sich der «Sa-
lon des Independants» oder «Der Salon des
Tuileries» dazu entschließen, nur solche Bilder
zuzulassen, die zwei Tage vor Eröffnung an
Ort und Stelle gemalt werden müßten, gleich
am Platz an der Wand, wo das Bild in der
Ausstellung hängen wird. Das würde uns
zwingen, im Vorhinein gut durchzudenken,
was wir zur Darstellung bringen wollen, uns
zwingen, das Möglichste an Ausdruck in das
Bild hineinzulegen, mit jener Ungezwungen-
heit, die es bei der ruhigen und schleppenden
Arbeit im Atelier nicht gibt. Zu große Gründ-
lichkeit ist immer ein Zeichen von Trägheit.
«Theater? ... Ich gehe so selten hin. Ich
habe die Zwischenakte gern, hauptsächlich die
der Generalproben. Der Zustand eines zur
Passivität verurteilten Zuschauers ist für mich
eine unerträgliche Qual; während auf der
Bühne die Leute rauchen, tanzen, sich unter-
halten und lieben, darf ich nicht einmal einen
fahren lassen, ohne den Protest der Umsißen-
Deer antlers, glased Irown with white Spots .
6o Cent, high- i8th cent. — From the coli, of Prince Li *
In the possession of Edgar Worch, Berlin
den hervorzurufen. Stücke zu schreiben °a[]i
zu spielen, muß freilich schon sehr arm15
sein . .. t
<Da bevorzuge ich noch das Kino.
meiner Rückkehr aus Amerika war ich den11 »jl
nur ein einziges Mal und da auch nur, ^z
mich dieser nette Spaßvogel Kisling mit
walt hinschleppte, um eine Episode aus 0 jp
Film „Der Kaiser der Armen" zu seheA■
Amerika sah ich gerne die Filme von pjii,
S. Hart (Rio Jim) an . . . Ich gestehe
daß ich Charlie nicht sehr mag. Um da5
begreifen, muß man sich folgendes vor A
führen. Derselbe Film hat in Frankreich
in Amerika eine völlig verschiedene WifK ij|t
auf das Publikum. Bei uns erscheint CHay5f
als sympathische Gestalt. In Amerika
er der Mensch, der sich niemals seiner
gebung anzupassen weiß, mit einem w$$
der nicht schlau oder gerissen genug für jch
1 eben ist. Der Zuschauer von drüben freu*
also hauptsächlich deshalb, weil er weiß, m;
er so ganz anders ist als dieser läched
Träumer. Das ist der Grund für den unöe.^jen
ren Erfolg Charlie Chaplins in den Verein’9 uz
Staaten, seine Filme sind von großer
tung für die Erziehung einer Generation' e0
findigen, praktischen und sehr mittelmaB
Menschen. .
«Ich liebe Amerika troßdem. Sie ',V jjfex
vielleicht, daß die heutige amerikanische
ratur viel weniger langweilig ist als die 1
lische. Und sie verdiente es schon, in Erlich
reich bekannter zu sein als sie es fa^saL1er>/
ist, da ja die Sorache der modernen a.
kanischen Schriftsteller viel weniger bel
Uberseßung verliert, als die der enqh?.^^
Autoren. Kipling zum Beispiel, der mejsj lJn/
seßte, lebende Autor, ist eigentlich völb9
überseßbar.
«Es fehlt den jungen amerikanischen
lern keineswegs an Talent, aber es
wohl noch einige Jahrhunderte verstr
müssen, ehe man von einer amerika3'
Malerei, würdig dieses wunderbaren L
wird sprechen können . . . Einer, (jß
großem Einfluß es zu verdanken ist,
amerikanischen Künstler ihren Provinz*3
ablegen, ist Marcel Duchamp. Er hat den
Vorkern die künstlerischen Möglichkeite
Stadt vor Augen geführt und die
Weise, sich ihrer zu bedienen. !'
Duchamp durch einige Jahre ganz An13 5i<y
Erstaunen verseßt hatte, begnügte
seine Energie auf’s Schachspielen zu K
frieren und in den Familien Duchamp,
Tremoir die Prohibition einzuführen. jat
«Hoffentlich wünschen Sie jeßt n’5^je? '
ich Ihnen meine Lieblingsautoren aufza ,>
Ich habe zu viel gute Freunde unter ir111
L^'ng docur
Qrt. Fig
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Breuer, Moholy-Nagy und Bayer.
Die Hauptleistung stammt denn
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Requisiten. Interessant ist auch
die Theaterabteilung, die Mo-
holy-Nagy zusammengestellt
hat, — er selbst hat Entwürfe für „Hoffmanns
Erzählungen" und „Kaufmann von Berlin“ bei-
gesteuert. Dazu kommt eine ganze Anzahl
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Preußischen Ministerpräsidenten abgesandt
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breiteten Stimmung Ausdruck, wie sie auch
in dem Appell von Prof. H. Schmitz (in der
Nr. 19 der „Kunstauktion“) sich äußerte.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!
Der Kampf um die Herausgabe der
Nofretete-Büste an die ägyptische Regierung
wird dadurch entschieden, daß Sie die Ge-
nehmigung dazu erteilen oder nicht’.
Gestatten Sie mir, dalj ich Ihnen, sehr ge-
ehrter Herr Ministerpräsident, die Meinung
britischer Wissenschaftler über den Wert der
Büste durch nachfolgende Tatsache belege.
Das britische Museum in London hat in-
mitten seiner ungeheuren Reichtümer an
Original- Werken alter ägyptischer Kunst
aller Zeiten einen Gipsabguß der Nofretete-
Büste (hergestellt in der staatlichen Bild-
formerei der Berliner Museen) aufgesfellt. Die
Büste, die in der Mitte des Raumes steht, ist
mit folgender Anschrift versehen:
"The original is in some way the finesi
known example of ancient Egypfian portrait
sculpture, and is certainly the most naiu-
ralistic, especially noficeable being the
realistic treatment of the eyes. Unfettered
realism was a characferistic of the art of
the heretical period.”
An sich wäre schon der Umstand genügend,
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Pascin
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bewohnt wird (31. März 1885). Sein Vater war
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italienischem Blut in den Adern. Pascin hat
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Um die Tageszeit, wo er die Städte durch-
streift, sind nur mehr die Dancings und die
Bordelle wach. Man begegnet hier Freuden-
*) Einzig autorisierte Übersetzung aus d’em Fran-
zösischen von Gina (Hink und Franz Winterstein.
*♦) G es to rißen in Paris am 5. Juni 1930, wie
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den zartesten Farben behandelt hat. Er schafft
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poetische Melancholie, eine Stimmung, die
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Nach der Wollust, einem seiner Lieblings-
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«Das Wesen eines Menschen bedeutet mehr
als sein Werk, und ich wäre gar nicht unan-
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Mich interessieren nur mehr die Werke derer,
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sucht und dort studiert, aber heute komme ich
nicht mehr hin, denn ich habe keine Beziehung
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«Wenn ich richtig orientiert bin, so wählen
sich die jungen Leute David und Corot zum
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«Als ich Weihnachten 1905 nach Paris kam,
erschien mir die damalige Kunst aufregender,
Originalwerken einen Gipsabguß dieser Büste
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Ausstellung hängen wird. Das würde uns
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«Theater? ... Ich gehe so selten hin. Ich
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meiner Rückkehr aus Amerika war ich den11 »jl
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also hauptsächlich deshalb, weil er weiß, m;
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Träumer. Das ist der Grund für den unöe.^jen
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Staaten, seine Filme sind von großer
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ratur viel weniger langweilig ist als die 1
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reich bekannter zu sein als sie es fa^saL1er>/
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seßte, lebende Autor, ist eigentlich völb9
überseßbar.
«Es fehlt den jungen amerikanischen
lern keineswegs an Talent, aber es
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müssen, ehe man von einer amerika3'
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