Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
W 51.

Kunst - S l a t t.

Donnerstag, 26. Juni 1834.

Briefe über die Kunstausstellung in Paris
1834.

Achter Brief.

(Beschluß.)

Paris, r?. April.

Der Graf Ford in hat 3 Ansichten ausgestellt, die
Beachtung verdienen. Die erste, das Innere der unter-
irdischen Kirche Saint-Victor in Marseille, macht
einen düstern Eindruck, zumal da darauf noch eine Epi-
sode aus der Pest, welche im Jahr. 1720 Marseille ver-
heerte, veranschaulicht ist. Wir sehen gerade, wie der
Bischof von Belzunce in Begleitnng .von mehreren
Geistlichen den Pestkranken die Tröstungen der Religion
in diese Katakomben bringt; eine arme Frau bat sich
von ihrem Lager anfgerichtet und streckt stehend den
Kommenden ihre Hände entgegen; an den Wänden
bemerken wir einzelne Statuen von Heiligen; auf dem
Boden liegen Matratzen, Bettdecken und 2 Sterbens-
kranke, welche daS Leben schon verlassen zu haben scheint.

Alles dies und eine düstre Farbengebung gibt dem
Ganzen ein sehr melancholisches Ansehen. Mehr befrie-
digt die zweite Ansicht, Vue de Cazzafani dans File de
Chypre, wie sie im Katalog bezeichnet steht. Der zarte
Effekt einer schönen südlichen, monderhellten Nacht, treu
wiedergegeben, gibt diesem Gemälde einen poetischen
Reiz. Die dritte Ansicht dieses Künstlers versetzt uns
in die öde Wildniß der römischen Campagna; sie zeigt
die alte Via Appia. War es vorher die feierliche Stille
und die träumerische Mondhelle der Nacht, so ist es hier
die Lichtfülle des Tages, welche Interesse erweckt. Der
Charakter der Campagna ist gut aufgefaßt: Alles ist öde
und unbebaut, Sumpf ist umher, an beim einige Was-
serpflanzen wuchern; nur einige schöne Pinien erinnern
an die südliche Vegetation, sonst stehet man nur armes
Strauchwerk; nahe und ferne bemerken wir zerfallene
Marmorlrümmer und die großen, breiten Quadersteine

der appksä)cn Straße. Priester und Volk, die herbeikom-
men, um den Leichnam einer erschlagenen Frau zu holen,
dienen vollends dazu, die verödete, trübselige Campagna
in's Gedächtniß zurückzurufen. Es mag nicht leicht seyn
und ein geübtes Malerauge erfordern, den landschaft-
lichen Reiz der Campagna zu fassen und wiederzugebeu.
Ford in hat es versucht; ich weiß nicht, ob cs ihm
vollständig gelungen. Seine Art, das Licht zu verthei-
leu und die Gegenstände zu beleuchten, hat mir in allen
drei Gemälden Wohlgefallen; sie ist ganz in der zarten,
bescheidenen, gefälligen Manier Granets, von welchem
Maler ich Ihnen in meinem ersten' Briefe gesprochen
und mit dem Forbin überhaupt sehr geistesverwandt
ist in Hinsicht der Gruppirung und Auffassung.

Viel Rühmens hat mau hier von einer Landschaft
2 ad in's gemacht, welche die Ebene von lVlontloi-i l’Amaury
(Dep. Seine-et-Oise) darstellt. Wir sehen ein Gebirgs-
laud, von dessen Höhen Kühe zu einer niedrig gelegenen
Tränke herabsteigen, und das Ganze wird von den letzten
Strahlen der scheidenden Sonne beleuchtet. Weiter weiß
ich davon nichts zu sagen, außer daß der Farbenton über-
trieben und die Landschaft selbst ein wenig bizarr ist,
wenn der Ausdruck erlaubt wird.

Bemerkenswerth ist die Landschaft von Aligny.
Hier hatte der Künstler doch wenigstens eine Absicht,
einen Gedanken; er wollte die Parabel vom guten Sama-
riter zugleich mit darstellcn. „Ein Mann, der von Jerusalem
gen Jericho ging, sagt das Evangelium, fiel in die Hände
von Räubern, welche ihn plünderten, verwundeten und
für todt auf dem Platze zurückließcn. Ein Priester und
Levite, die des Weges kommen, gingen vorüber und
kümmerten sich seiner nicht;-ein Samaritaner aber, der
desselben Weges kam, erbarmte siä) seiner und half ihm."
Diese Worte hat der Maler in seiner Weise wiedergege-
ben. Auf dem ersten Plane nicht weit von der Land-
straße, mitten unter niedrigem Buschwerk und unterm
Schatten von zwei großen Bäumen, die ihre Zweige
über einen großen Theil des Gemäldes ausbreiten, ist
Register
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen