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Donnerstag, dcit 3. Januar 1839.

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Archäologie.

1) A v ch c m oros it n b b t c Hc sperr den:c. Von

E. Gerhard.

(Fortsetzung.)

Nicht minder bedeutsame Verzierung hat der Hals.
Auf der Vorderseite ist das Wagenrennen des Oenomans
und des PclopS abgcbildet. Pelops, unbärtig, baarhanpt
und mit leichter Chlamys bekleidet, fahrt auf dem rechten
Wagen; neben ihm steht Hippodamia, einen Speer in
der Rechten, auf dem Haupt mit einer korbähnlichen
-Stirnkrone geschmückt, wie sie der Here und Demeter
ertheilt zu werden pflegt. Voraus flattert ein Liebes-
gott, durch eine fliegende Binde den Sieg andeutend.
Hinter seinem Wagen springt ein Häschen, das hier wohl
als Aphroditens Symbol und demnach als ein für den
Wagen der Liebenden günstiges Wahrzeichen zu fassen ist.
Aus dem zweiten Wage» fahrt Oenomans, bärtig, ge-
harnischt und behelmt, mit ansgesirecktem Speer und
erhobenem Schild. Rechts von ihm sieht sein treuloser
Wagenlenker Myrtilus, mit kurzem Chiton, der Chlamys
und der phrygischen Mütze. Mit Recht fallt unserem
-Eregeten diese ausländische Mütze bei dem eleischen
Wagenlenker auf; allein es befriedigt uns nicht, wenn
-er dicö den besonderen Freiheiten gryßgriechischer Vasen-
inaler zuschreibt. Wir wissen gar wohl, daß in der seit-
her üblichen Eregese diese Denkmäler bei Personen, die
man nicht zu deuten weiß, und bei sonstigen befremden-
den Erscheinungen der Willkür der Künstler ein großer
Raum freigehalten worden ist: allein wir zählen es eben
zu den großen Verdiensten, welche sich die beiden Berliner
Archäologen um die Kunst-Erklärung erworben haben,
daß sie in den Compvsitionen der alten Künstler nichts
für zufällig oder müßig erklären, sondern durch tiefes
-Eindringen in den Geist alter Schrift und Kunst für so
Vieles, was bisher unbeachtet geblieben ist, sichere Deu-
tung gefunden haben. Sv mochten wir auch hier die

phrhgische Mütze des Myrtilus nicht zufällig finden.
Pelops war nach der gemeinen Sage ein Phrpgier, ^urch
Jloö von Sipylos vertrieben, Pausan. 2, 22, 4. 5, 15, 4;
in seinen Dienst hat sich Myrtilus begeben, unb ihm
durch die wächsernen Nägel, die er an des Oenomaus
Achse anbrachte, den Sieg gesichert. Der Künstler deutet
wirklich darauf hin, indem an des Oenomaus Wagen
die Nägel, die an des Pelops Achse zu sehen sind, fehlen.
Sollte nun die phrygische Mütze, die der Eleer gegen
alles Erwarten trägt, nicht eine weitere Hindeutung
enthalten, daß Myrtilus bereits mit dem Phrpgier Pelops
eompirirt, wenn er gleich noch seinem alten Herrn zur
Seite steht? Auf der Rückseite deö Halses ist Ariadne,
von Dionysos umfaßt, in bräutlichem Aufzug, begleitet
von zwei Satyrn und einer Bacchantin.

Fragen wir nun nach dem gemeinschaftlichen Mittel-
Punkt, in dem sich diese verschiedenen Vorstellungen ver-
einigen, so wird dieser von Hrn. Gerhard anfs scharf-
sinnigste nachgewiesen. Ohne -Zweifel war diese Vase
ein hochzeitliches Geschenk, das dem treuen Paare auch
ins Grab mitgegeben worden ist. Die palästrischcn Sce-
ne», die Einsetzung der »emeischen Spiele aus Veran-
lassung von Arckemoros' Tod und der olympischen Spiele
durch Pelops war eine Erinnerung ehrenvoller Auszeich-
nung, die sich einst der Jüngling auf diesen berühmten
Kampfplätzen oder wenigstens in den verschiedenen Zwei-
gen der Gymnastik erworben batte. Die hesperischen
Aepfel waren das passendste Sinnbild der Liebcslvckunge»,
und die schöne Gruppe der Hesperiden entspricht ähn-
lichen zu hochzeitlicher Schmückung auf Vasenbildern ver-
einten Frauen. Bestätigend für diese Deutung ist der
bacchische Vermählungszug, welcher oberhalb des Hespc-
ridenbildes angebracht ist. In Großgriechenland, woher
unser Gefäß stammt, blühte bekanntlich der Dienst bacchi-
scher Mysterien, und die Vermählungsscenen auf den
großgriechischen Vasen bekräftigen es hinreichend, wie
unzertrennlich bacchisches Eercmonicll von der Vcrmäh-
lungssitte jenes Landes war. Dazu stimmt die bacchische
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