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Niclaus Manuel. Leben und Werke eines Ma-
lers und Dichters, -Kriegers, Staatsmannes und
Reformators im sechzehnten Jahrhundert. Mit-
gethcilt von Di-. C. Grnneisen. Mit 1 Stein-
druck. Stuttgart und Tübingen, in der I. G.
Catta'schcn Buchhandlung. XV u> 465 S. 8.

Dem Verfasser, der sich sckon so mannichsaltige Ver-
dienste um andere kunsthistorijcbe Forschungen erworben
hat, stand in dem schweizerischen Maler, dessen Leben er
behandelt, nicht bloß der Künstler, sondern der Mann,
dessen Thätigkeit die gesammten geistigen Bestrebungen
des löten Jahrhunderts umfaßte, vor Augen, und wie
ihm als Kunstfreund der Maler und Dichter, so mußte
ihm als Theologen und Kirchenhistoriker der Reformator
und Staatsmann von Wichtigkeit sepn. Die Untersuchung
über diesen bisher noch wenig bekannten Künstler mußte
sich daher nothwendig mit einer umfassenden Schilderung
der Orts- undZeitverhältniffe verbinden, und die Schrift,
die «ls Resultat einer lang sortgesezten und überaus
sseißigen Forschung vor uns liegt, ist deshalb nicht bloß
eine Biographie, sondern ein Charaktergemälde jener
Zeit und zugleich eine lebendige Schilderung jener denk-
würdigen Zustände geworden, durch welch- die schweize-
rische Reformation ihre Entwickelung nahm. Daher wird
sse dem Kenner der Kirchen- und Sittengeschichte nicht
minder wichtig sepn als dem Kunsthistoriker. Manuel
steht als Künstler weder an der Spitze einer Schule, noch
auf dem Höhenpunkt einer Epoche; sein Talent ist be-
wundernswürdiger in Hinsicht aus eine gleichmäßige Taug-
lichkeit für die verschiedensten Beschäftigungen als durch
die Auszeichnung, die es in der Malerei erreicht hat;

' aber sein künstlerisches Wirken steht in genauer Beziehung
mit den tiefsten Interessen jener Zeit.

Von dem damaligen politischen, kirchlichen und sitt-
lichen Zustand der Schweiz gibt die Einleitung ein leben-
diges Gemälde. Der Vers, ist durch gründliches Studium
der Quellen einheimisch in allen Theilen jener Special-
geschichke; so schildert er auch den Stand der bildenden
Künste insbesondere, und die heftigen Angriffe, welchen
ein großer Theil ihrer Denkmäler in, den Stürmen der
Reformation unterlag, mit einer Kenntniß des Einzelnen,
welche eine Menge bisher unbekannter Notizen ans Ta-
geslicht bringt. Im zweiten Abschnitt, welcher die ei-
gentliche Biographie enthalt, macht der Vers, wahrscheinlich,
daß der ursprüngliche Name des Künstlers Niclaus
Allem an gewesen, und einem angesehenen und verbrei-
teten Geschlecht angehört, aus Familienrücksichten jedoch,
da Manuel ein unehlich geborner Sohn war, durch Ueber-
tragung des Taufnamens auf den Eeschlechtsnamen in
Manuel perwandelt und von unserm Künstler nur durch

den aus seinen Malerwerken vorkommenden Beisatz D e u t sch
angezeigt worden sey. Zu jden vom Vers, angeführten
Namensverwandtcn kann vielleicht auch der Maler gezählt
werden, der zu Genua im Kloster von Sta. Maria in
Castello eine lebensgroße Verkündigung im edelsten Style
der van Evck'schen Schule gemalt hat. Er schreibt sich
selbst: Justus de Allaniag pinxit 1451. E. R. D. Z.,
welches nicht Aiemagna , wie Lanzi angibt, soudern
Aiiaman zu lauten scheint, mithin auch seinen Familien-
namen anzeigen konnte. Manuel war im Jahr 1481 zu
Bern geboren, und wahrscheinlich im Hause seines müt-
terlichen Großvaters Thüring Frickart erzogen; er scheint
sich früh zur Malerknnst bestimmt zu haben, wer aber
sein erster Lehrer gewesen, bleibt unentschieden. Der Vers,
glaubt annehmen zu dürfen, er habe sich eine Zeit lang
zu Colmar unter den Nachfolgern des Martin Schön
aufgehalten, gewiß aber ist aus einer Nachricht des Ri-
dolfi, daß der Ruf des Tizian ihn nach Venedig gezogen.
Es ist nicht bestimmt zu ermitteln, wann er bei dem nur
sieben Jahre ältern Meister verweilt hat; doch nimmt der
Vers, als wahrscheinlich das Jahr 1541 an, wo Manuel
bereits ansässiger Künstler und verheirathet war. Seine
künstlerische Thätigkeit in Bern scheint früh, vielleicht
1505 begonnen zu haben; als 25jähriger Mann, im Jahr
1512 findet er sich schon unter den Mitgliedern des
großen Raths. Daß er 1515 an Hvlbeins Arbeiten am
Rathhause zu Basel Theil genommen, ist weniger glaub-
lich, da wahrscheinlich der von ihm selbst zu Bern gemalte
Todtentanz in jene Zeit fällt; im I. 1518 schmückte er
sein eigenes Haus mir einem großen Frescobild. Er
malte nicht allein aus Holz, Leinwand und Mauer, und
zeichnete Cartvns für Glasgemälde, sondern schnitt auch
in Holz, und suchte auf jedem Wege sein Fortkommen
durch die Kunst zu finden. Nächstdem machte er sich
schon vom Jahr 1509 an durch Dichtungen in Vvlks-
reimen bekannt, und wurde später, vom I. 1522 an,
durch seine öffentlich aufgeführten Fastnachtsspiele und
einige Volkslieder voll beißender Laune und treffender
Witzworte einer der wirksamsten Beförderer der kirchlichen
Reform. Die Ausübung der Kunst aber war nicht hin-
reichend zu seinem und seiner Familie Unterhalt; daher
suchte er, schon früher durch das Vertrauen seiner Mit-
bürger geehrt, ein besseres Auskommen im Kriegs - und
Staatsdienste. Im I. 1522 war er bei den schweizeri-
schen Hülsstruppen für Franzi, gegen Mailand als Schrei-
ber (vielleicht Quartiermeister), und nahm an dem Sturm
von Novara und der Schlacht von Bicocca Theil. Im
folgenden Jahre ward er zum Landvogt in Erlach am
Vieler See ernannt. Hier war er vom I. 1526 an für
die Reformation thätig, und bekleidete im Januar 1528
bei der Berner Disputation das wichtige Amt eines Ru-
fers oder Herolds, welchem oblag, die Verhandlungen
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