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«ls Gewinn leitete; er hat dasselbe für 1500 fl. rhein.
übernommen.
Burgschmidt kam mit seiner Frau aus der Kirche.
Er ist ein Mann von mittlerer Große, dessen Ernst und
sehr tiefblickendes Auge verrieth, daß ein nicht armer,
wohl aber etwas gedrückter Geist sich durch manches Hin-
derniß schon durchgearbeitet haben mag; doch ist ein
Schimmer von Zufriedenheit um ihn, seine Frau und
Mutter und sein Sohn, alle leben nur in dem Erzguß
Albrecht Dürers. Jedes konnte erklären, Auskunft geben
und der Frage mit einer Freudigkeit entgegenkommen,
welche das Interesse der Fremden für diese einfache Nürn-
bergische Familie erregte und in die Zeit Albrecht Dürers
zurück versezte.
Welcher Unterschied zwischen einer jetzigen Pariser
Künstlerfamilie und der Nürnbergs! —
Ich nahm ein Stückchen von dem Erz und der
Form, welches mir mit glänzendem Auge von der Frau
und dem Sohne auf meinen Wunsch eingehändigt ward,
mit mir, und sagte: „das reist nach Italien." — Ein
ernster, seltsam schöner Blick aus dem Auge des Mei-
sters folgte mir nach, als ich seine niedrige Schwelle
verließ. —
Eine in Florenz der Kunst lebende Deutsche.
Kunstnuchrichtcn ans Florenz. November 1838.
Samuel Jesi hat den Stich der Madonna di Casa
Tempi *) vollendet, wozu er 1824 die Zeichnung wachte,
als das Bild sich noch hier befand. (Bekanntlich ist cs
gegenwärtig im Besitz des Königs von Baiern.) Das
Gemälde gehört Raffaels zweiter Epoche an, und entstand
während seines zweiten Aufenthalts in Florenz (vor 1508).
Es ist mehrmals gestochen worden, u. A. von Desnoyers
aber Jesi's Arbeit ist die erste des zarten und anmu-
thigcn Originals ganz würdige. Es ist etwas ungemein
Liebliches in der Art und Weise, womit die Madonna
das Kind mit beiden Armen umfangend, es an Brust
und Wange drückt. Wie vortrefflich Jesi zeichnet, ist
bekannt; hier hat auch sein Grabstichel dem Leib des Kin-
des eine Weichheit, Rundung und Harmonie gegeben,
welche um so mehr entzücken, da die Modcllirung vollkom-
men ist. Das Köpfchen ist voll Leben. Der Madonna selbst
muß ein nicht geringeres Lob crtheilt werden, und die
Gewänder sind sehr schön behandelt. Ohne auf den Effect
hingearbeitet zu seyn, was bei diesem Künstler nie der
Fall, macht das Blatt eine bedeutende Wirkung, und in
* Gedruckt bei L. Bardi. In Mannheim bei Artaria und
Fontaine. Preis mit der Schrift: 20 Fr.
dieser Hinsicht möchte ich es andern von derselben Hand
selbst vorziehn. Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht
unterlassen, auf das Fortschreiten von Jesi's großer Arbeit,
dem Stiche nach Raffaels Bildniß Papst Leos X.
aufmerksam zu machen. Sie dürfte in wenig mehr als
einem Jahre vollendet sein. Vielleicht hat kein neuerer
Kupferstecher Schwierigkeiten ähnlicher Art, wie sie ber
dieser Platte sich zeigen, zu überwinden gehabt. Es gibt
größere Blätter, es gibt figurenreichere — das gegen-
wärtige hat deren selbst nur dreie — aber ich wüßte nicht
von einem Bilde, welches so große, für den Grabstichel
so schwer zu behandelnde und zu scheidende Massen dar-
böte, ein so ernstes Studium der Einzeldinge und, ohne
Beeinträchtigung der Harmonie, eine solche Manchfaltig-
keit in der Art und Weise der Ausführung erforderte.
Es ist wahr, die berühmten Kupferstecher der beiden
lezten Jahrhunderte, namentlich die Franzosen, haben
Pvrträtbilder von bedeutendem Umfange meisterhaft ge-
stochen. Aber sie hatten es nicht mit klassischen Werken
zu thun wie hier der Fall. Wenn sie eine gewissermaßen
malerische Wirkung hervorbrachten, in der Nachahmung
von Sammt, Seidenzeug und Spitzen ihre Virtuosität
zeigten, so kam's nicht darauf an, ob sie sich einige Frei-
heit nahmen. Bei einem Gemälde aber, wie das Naffaclische,
! einem Meisterwerke in welchem mit der größten künstle-
rischen Gelehrsamkeit der vollendetste Geschmack, mit den
lebenvollsten Charakteristik das genaueste Studium des
Details verbunden ist wie in keinem andern; bei dieser
Perle des historischen Porträtstpls ist es ganz anders.
Es kommt hier aus jede Linie an, denn Alleö ist mit dem
klarsten Bewußtseyn des Erfordernisses gemacht. Der
Kupferstecher ist mit rühmenswerther Gewissenhaftigkeit
zu Werke gegangen, und wahrend er das Original mit
! äußerster Treue wiedergibt, während seine Köpfe Leben
; athmen, sucht er auch in scheinbaren Nebendingen die
Wirklichkeit des Dargestellten in seiner Nachahmung zu
bewahren. So viel sich jezt beurtheilen läßt — schon ist
die Arbeit weit vorgerückt, indem die Figuren der beiden
Cardinäle, ein Theil des Beiwerks und der Hintergrund
ganz vollendet sind, der Kopf des Papstes nur der lezten
Ueberarbcitung bedarf, und sein reiches Gewand ganz
angelegt und großeutheils ausgeführt ist — verspricht dies
Blatt sowohl in Hinsicht der technischen Ausführung, wie
der Wiedergebung des Charakters ein Meisterwerk. Wenn
es vollendet ist, werde ich Gelegenheit finden, auf die
Einzelnheiten in der Ausführung zurückzukommen.
Sonst ist im Fache des Kupferstichs wenig von Be-
deutung erschienen. R. Gambara stach die Madonna
dclla Seggiola in kleinem Format, eine im Ganzen
lobenswerthe Arbeit, wenn auch nicht in allen Theilen
mit der erforderlichen Zartheit ausgeführt. Dasselbe
i läßt sich von einen neuen Stiche nach der sogenannten
«ls Gewinn leitete; er hat dasselbe für 1500 fl. rhein.
übernommen.
Burgschmidt kam mit seiner Frau aus der Kirche.
Er ist ein Mann von mittlerer Große, dessen Ernst und
sehr tiefblickendes Auge verrieth, daß ein nicht armer,
wohl aber etwas gedrückter Geist sich durch manches Hin-
derniß schon durchgearbeitet haben mag; doch ist ein
Schimmer von Zufriedenheit um ihn, seine Frau und
Mutter und sein Sohn, alle leben nur in dem Erzguß
Albrecht Dürers. Jedes konnte erklären, Auskunft geben
und der Frage mit einer Freudigkeit entgegenkommen,
welche das Interesse der Fremden für diese einfache Nürn-
bergische Familie erregte und in die Zeit Albrecht Dürers
zurück versezte.
Welcher Unterschied zwischen einer jetzigen Pariser
Künstlerfamilie und der Nürnbergs! —
Ich nahm ein Stückchen von dem Erz und der
Form, welches mir mit glänzendem Auge von der Frau
und dem Sohne auf meinen Wunsch eingehändigt ward,
mit mir, und sagte: „das reist nach Italien." — Ein
ernster, seltsam schöner Blick aus dem Auge des Mei-
sters folgte mir nach, als ich seine niedrige Schwelle
verließ. —
Eine in Florenz der Kunst lebende Deutsche.
Kunstnuchrichtcn ans Florenz. November 1838.
Samuel Jesi hat den Stich der Madonna di Casa
Tempi *) vollendet, wozu er 1824 die Zeichnung wachte,
als das Bild sich noch hier befand. (Bekanntlich ist cs
gegenwärtig im Besitz des Königs von Baiern.) Das
Gemälde gehört Raffaels zweiter Epoche an, und entstand
während seines zweiten Aufenthalts in Florenz (vor 1508).
Es ist mehrmals gestochen worden, u. A. von Desnoyers
aber Jesi's Arbeit ist die erste des zarten und anmu-
thigcn Originals ganz würdige. Es ist etwas ungemein
Liebliches in der Art und Weise, womit die Madonna
das Kind mit beiden Armen umfangend, es an Brust
und Wange drückt. Wie vortrefflich Jesi zeichnet, ist
bekannt; hier hat auch sein Grabstichel dem Leib des Kin-
des eine Weichheit, Rundung und Harmonie gegeben,
welche um so mehr entzücken, da die Modcllirung vollkom-
men ist. Das Köpfchen ist voll Leben. Der Madonna selbst
muß ein nicht geringeres Lob crtheilt werden, und die
Gewänder sind sehr schön behandelt. Ohne auf den Effect
hingearbeitet zu seyn, was bei diesem Künstler nie der
Fall, macht das Blatt eine bedeutende Wirkung, und in
* Gedruckt bei L. Bardi. In Mannheim bei Artaria und
Fontaine. Preis mit der Schrift: 20 Fr.
dieser Hinsicht möchte ich es andern von derselben Hand
selbst vorziehn. Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht
unterlassen, auf das Fortschreiten von Jesi's großer Arbeit,
dem Stiche nach Raffaels Bildniß Papst Leos X.
aufmerksam zu machen. Sie dürfte in wenig mehr als
einem Jahre vollendet sein. Vielleicht hat kein neuerer
Kupferstecher Schwierigkeiten ähnlicher Art, wie sie ber
dieser Platte sich zeigen, zu überwinden gehabt. Es gibt
größere Blätter, es gibt figurenreichere — das gegen-
wärtige hat deren selbst nur dreie — aber ich wüßte nicht
von einem Bilde, welches so große, für den Grabstichel
so schwer zu behandelnde und zu scheidende Massen dar-
böte, ein so ernstes Studium der Einzeldinge und, ohne
Beeinträchtigung der Harmonie, eine solche Manchfaltig-
keit in der Art und Weise der Ausführung erforderte.
Es ist wahr, die berühmten Kupferstecher der beiden
lezten Jahrhunderte, namentlich die Franzosen, haben
Pvrträtbilder von bedeutendem Umfange meisterhaft ge-
stochen. Aber sie hatten es nicht mit klassischen Werken
zu thun wie hier der Fall. Wenn sie eine gewissermaßen
malerische Wirkung hervorbrachten, in der Nachahmung
von Sammt, Seidenzeug und Spitzen ihre Virtuosität
zeigten, so kam's nicht darauf an, ob sie sich einige Frei-
heit nahmen. Bei einem Gemälde aber, wie das Naffaclische,
! einem Meisterwerke in welchem mit der größten künstle-
rischen Gelehrsamkeit der vollendetste Geschmack, mit den
lebenvollsten Charakteristik das genaueste Studium des
Details verbunden ist wie in keinem andern; bei dieser
Perle des historischen Porträtstpls ist es ganz anders.
Es kommt hier aus jede Linie an, denn Alleö ist mit dem
klarsten Bewußtseyn des Erfordernisses gemacht. Der
Kupferstecher ist mit rühmenswerther Gewissenhaftigkeit
zu Werke gegangen, und wahrend er das Original mit
! äußerster Treue wiedergibt, während seine Köpfe Leben
; athmen, sucht er auch in scheinbaren Nebendingen die
Wirklichkeit des Dargestellten in seiner Nachahmung zu
bewahren. So viel sich jezt beurtheilen läßt — schon ist
die Arbeit weit vorgerückt, indem die Figuren der beiden
Cardinäle, ein Theil des Beiwerks und der Hintergrund
ganz vollendet sind, der Kopf des Papstes nur der lezten
Ueberarbcitung bedarf, und sein reiches Gewand ganz
angelegt und großeutheils ausgeführt ist — verspricht dies
Blatt sowohl in Hinsicht der technischen Ausführung, wie
der Wiedergebung des Charakters ein Meisterwerk. Wenn
es vollendet ist, werde ich Gelegenheit finden, auf die
Einzelnheiten in der Ausführung zurückzukommen.
Sonst ist im Fache des Kupferstichs wenig von Be-
deutung erschienen. R. Gambara stach die Madonna
dclla Seggiola in kleinem Format, eine im Ganzen
lobenswerthe Arbeit, wenn auch nicht in allen Theilen
mit der erforderlichen Zartheit ausgeführt. Dasselbe
i läßt sich von einen neuen Stiche nach der sogenannten