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Vildcr bor Camera oiiscura, die uns eben durch das
Zusammenziehen aller zerstreuten Einzelnheiten in einen
kleinern Raum so sehr ansprechen. Zu den vorzüglichsten
dieser Gemälde gehören die Dürerischen Apostel und ein
Holbeinisches Bildniß von Gr. Adler. Nicht mir Zeich-
nung und Charakter, sondern auch das Cvlvrit stimmt
vollkommen und wahrhast überraschend zn dem Original.
Die Anbetung des Christkindes nach Fr. Francia und zum
Theil die Rubenssche Kindergruppe (die Haare sind nicht
in der Weise des Originals behandelt) von Franz Auer.
Die Gher. Dowsche Spinnerin, die Rembrandtsche Kreuz-
erhvhung Christi von PH. Christ selb. Die spanische
Landschaft des Milet von Carl Hainzmann. Eine
Tcnierssche Kirchweih von C. Lefeubure.

Non den Sculptnven zog vorzüglich wegen der
ausnehmend geschmackvollen Behandlung des Marmors
das Relief mit bacchischen Gestalten von Chr. Rauch
in Berlin, die Aufmerksamkeit ans sich. Was dieses
Meisters kunstreiche Hand so oft geleistet, hat sich auch
hier aufs neue bewährt, die Fähigkeit, dem harten Stein
Leben, ja Athem, so schien's, und eichheit abzugewinnen.
Die durchdringende Kenntniß des menschlichen Körpers
und seines Organismus, seiner Gliederung, die den
Künstler auszeichnet, gibt diesem Relief den Werth der
Natur, und man konnte — von dieser Seite darauf ein-
gehend — an keine Grenze des Wahren und Vollendeten
kommen. Was die Composition betrifft, so scheint eine
neue Weise, eine neue Verbindung von Linien erstrebt
zu se»n, deren charakteristisches Kennzeichen ein kurzes
gleichmäßiges Steigen und Fallen ist. Bacchantinnen
und ein Faun sind liegend und kniend um einen Tiger
und eine Amphore beschäftigt. Offenbar absichtlich wieder-
holt der Künstler die Richlung der unter fast ganz gleichen ;
Winkeln gebogenen Glieder und gruppirt von beiden
äußern Enden nach der Mitte zu abwärts. Hiesigen
Kunstfreunden ist cs nicht gelungen, ganz in seine Inten-
tionen cinzudcingen, und so behielt das so schone Kunst-
werk doch eine für Viele vcrschloßne Stelle.

Peter Schöpf aus München: außer einem Basre-
lief (Sappho) und einer kolossalen Büste in Marmor
eine lebensgroße männliche Gestalt (Gvpsmodell). Oedi-
p us, das Räthsel der Sphinr lösend. Mit halber Kopf-
neigung, den Zeigefinger der rechten Hand am Knie, mit
der Linken Stab und Gewand nachlässig haltend, steht
der Held neben der (mehr angedeuteten, als wirklich dar-
gestcllten) Sphinr, die fragend nach ihm aufsieht. Das
Studium römischer Vorbilder, alter und neuer Kunst
und dortigerNaturen gibt diesem Werk seinen cntschie-
deuen Werth. Die Bedeutung der Gestalt ist vollkommen
klar ausgcsaßt, die Stellung ruhig und sicher; der Cha- i
raktcr, gleich weit entfernt vom Hercules und Antinous;
mehr eine Achillesnatur, wenn auch nicht ganz so fein,

als diese seyn müßte: edel, kräftig, jugendlich voll und
fest. In der Formenausbildung ist cm schönes Maß
beobachtet, das an Thorwaldscns Waise erinnert; ihr
kommt ein gründliches Erkennen der Structur des Körpers
zu statten. Der Gefammteindruck ist durchaus wvhlthuend,
ohne eine mißfällige, ohne eine gezwungene Bewegung
oder Linie. Auch läßt die Figur von allen Seiten ohne
Nachtheil des Eindrucks sich betrachten. Anstoß hat bei
Manchem die Sphinr gefunden, die als ganz kleines
Gebild auf einem Stein an der rechten Seite neben der
Statue steht, und von der allerdings keine Ueberwältigung
ungeschickter Rathsellöser zu erwarten ist. Die Kunst muß
mit den ihr gebotenen Mitteln weise wirthschaften und
ein richtiger Takt hieß im vorliegenden Fall den Künstler
sparen. Die lebensgroße gefährliche Sphinr hätte die
Aufgabe — Oedipus — völlig verrückt; es war keine
Charakterschilderung mehr, sondern eine Scene; keine
Gestalt, sondern eine Gruppe, und für den Gewinn der
Illusion wäre das geistige Leben der Darstellung verlorew
gegangen. Das ist die rechte Weisheit einer jeden Kunst,
daß sie die Aufmerksamkeit des Beschauers unzersplitterk
auf das Wesentliche lenke, und Schöpf verdient auch in
dieser Beziehung vollkommenes Lob, so wie cs zu wün-
schen wäre, daß eine mit so viel Fleiß und Geschick aus-
geführte Arbeit eine Ausführung in Marmor erleben
möchte.

Unter den Zeichnungen dev Architekten gab es
wenig von monumentalen Bauten. Unter diesen waren
zwei Entwürfe zu Basiliken das Bedeutendste. Beide
rühren von Prof. Carl Rösncr aus Wien her und
geben eine Basilica im römischen und eine im spätern
italienischen Styl. Es gehört unbedenklich zu den charak-
teristischen Zeichen unsrer Zeit, daß unsre Architekten
theils in Auftrag, theils aus freiem Willen nach allen
Zeiten und Formen ihrer Kunst greifen, und man möchte
sich die Frage stellen: Wie wird einmal unsre Gegenwart
als Gesammtheit sich ausnehmen, und woran wird sie zu
erkennen seyn? Die Form einer christlichen Basilica, ur-
sprünglich unselbstständig, hat sich, so viel es die sinkenden
Kräfte der Menschheit in den ersten Jahrhunderten un-
serer Zeitrechnung erlaubten, zu einer eigenthümlichen
Gestalt entwickelt, die in S. Paul zu Rom, in S. Apol-
linare zu Ravenna am bestimmtesten hervortritt. Von
dem Zeitpunkt an, daß die byzantinische Baukunst darauf
einwirkt, und ihr erst Kreuzgewölbe, dann Kuppeln zu-
fügt, wird sie unklar, und nur erst in der Baukunst des
Mittelalters schlägt sic in eine neue, wenn auch in der
Wurzel mit ihr zusammenhängende, selbstständige Erschei-
nung um. Wirklichen Werth für architektonische Weiter-
bildung hat nun wohl zunächst bloß die Wahl solcher
Bauformen, in denen ein eigenthümlicher Charakter
noch klar und einfach sich ausspricht, Nachbildung von
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