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ehe sie von der Kirche öffentlich untersucht und sanctionirt j
waren, sind im katholischen Cultus überhaupt schwer, ,
über dem Grabe des h. Domenico unmöglich zu denken.
Auch fehlte in der That noch viel daran, daß man dem
Gründer des Predigerordens so früh schon eine Ehre der
Art erwies. Melloni, dem wir nicht nur über das Leben
des h. Domenico, sondern, was uns hier näher angeht,
über den Bau des Grabes die schönsten Notizen verdan-
ken, berichtete schon vor langer Zeit, * daß der Körper
des Heiligen, obwohl im I. t22i in der Kirche S. Nic- !
colo belle Vignc versenkt und sogleich Gegenstand großer !
Verehrung, doch spater beim Bau des Klosters und der i
Kirche wenig beachtet ward, und so in einem Anstande !
vager Vernachlässigung fast elf Jahre verharrte. „Kurz ;
vor der Cauonisation, den 23. Mai 1233,“ so erzählt Fra 1
Leandro Alberti, ** ebenfalls Mönch des Predigerordens, j
„ließ man den Körper von dem Orte, wo er bis dahin '
verblieben, feierlichst an einen andern Platz und in ein
für jene Aeit sehr ehrenvolles, marmornes Grab bringen, j
Und hier," fährt er weiter fort, „ruhte der h. Körper,
bis jenes prächtige Werk von weißem Marmor und von
wunderbarer Arbeit (meravigiioso artificio) errichtet
ward, in dem er jezt eine würdige Stätte gefunden.»
„Ja (w Pio bei Melloni) die Bescheidenheit (umiiw) des
ersten Denkmals, bloß aus einfachem Stein, in roher
Gestalt und viereckig, ward den Vätern Veranlassung,
aus allen Gegenden Europas sich Almosen zu sammeln,
und die Sorge für ein schöneres Monument einem höchst
würdigen Pisaner Bildhauer zu übertragen, der es
aus dem glänzendsten Marmor neu erschuf und mit eini-
gen Wundern des Heiligen verzierte.» Um welche Aeit
dies geschehen, erzählt er selber nicht; Melloni aber theilt
ein Document mit, das mir auch darüber weiter keinen
Zweifel zu lassen scheint. „Bei einem,» so lautet die
Urkunde,*** „zu Bologna abgehaltenen Kapitel ward am

* Vila di 8. Domenice in den Atti e Memor. dcgli Uomini
illustri in sanlita; Bologna 1788.

** Hisl. di Bologn. lib. X. dcll. Dcc. I. Diese Notiz
von Fra Leandro verdient allen Glauben. Der Marchese
Virgilio Davia in Bologna, dem ich für so manche
hieher gehörige Nachweisung verpflichtet bin, beschwich-
tigte mein Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des ge-
nannten Autors durch die Angabe, daß Fra Alberto sich
in Kunstsachen als gut berichtet erwiesen, und z. B.
der Erste gewesen, den bekannten Bildhauer Alfonso
Lombard! als Lncchese» zu bezeichnen.

Tcslimonianza dol B. Fr. Barlolommeo Braganzio dcll
Ord. de Predicalori, Ycscovo di Vicenza interne alle
seconda lraslazionc dcl Corpo di S. Domenico (bei
Melloni p. 213 sqq.). — Cum itaque in generali capi-
tulo^ archicpiscopus Ravennas (anno a. Not. Dili.
MCCLX1H V. Junii) sanclUsimuin corpus — de
tumulo lapideo non coelalo ad mnrmoreum
cl coela tiun cum dcbita revercnlia cl debita dcvolione
Jranslulerit.

5. INNi dcs I. 12 6 7 der allerheiligste Körper des gott-
seligen Vaters Domenicus, des Gründers dieses Ordens,
aus dem steinernen, nicht mit Bildwerken
verzierten Grabe in das marmorne, mit Bild-
werken geschmückte versezt.»

Wie man schon im 1.1233 mit Rom unterhandelte,
und den ersten Wechsel des Orts betrieb, ehe „och die
eigentliche Heiligsprechung erfolgt war, mochte auch dies
große Denkmal schon vollendet seyn, ehe die feierliche
Versetzung des Körpers durch den Erzbischof von Ravenna
vorgenommen werden konnte. Im I. 1267 nämlich ar-
beitete Niccola Pisano in Siena an dem Pulpitum, das
ihm schon 1266 verdungen war. Von 1260 (es Ivard iir
diesem Jahr die Kanzel in Pisa beendigt) bis 1266 ver-
lieren wir ihn ganz aus dem Gesichte; es wird nach dem
Gesagten mehr als wahrscheinlich seyn, daß diese Lücke
durch das Denkmal in Bologna ausgefüllt ward.

Fällt somit der erste, und eigentlich der Hauptgrund-
gegen die Echtheit, so ist der zweite Einwurf seinem Wesen
nach auch damit erledigt. Schärfe und Härte eines Ju-
gendwerks darf mau nun eben so wenig erwarten, als-
eine weiche und glatte Ausführung in so später Zeit be-
fremden kann; andere Eigenthümlichkeiten aber lassen sich
auf folgende Weise begreifen.

Es wäre sehr wünschenswerth gewesen, daß Herr-
Förster uns die Aperpu's «von unbestimmten und weichem
Formen, von etwas verschwommenen Zügen ohne beson-
der» Ausdruck, von lange», ja sehr laugen Verhältnissen,^
au den einzelnen Darstellungen und Figuren etwas naher
nachgewiescn hätte. Die Gegenstände wären uns dann
vielleicht richtiger bezeichnet, und die eigenhändigen Ar-
beiten des Niccola von andern seiner mithelfenden Schüler
unterschieden worden. Die Vorderseite nämlich stellt aller-
dings den Sturz des römischen Jünglings und seine Er-
weckung vom Tode, die Verbrennung der ketzerischen, zu-
gleich aber auch die Erhaltung der vrthvdvren Bücher dar,
auch gibt die linke Seite die bekannte wunderbare Spei-
sung des mit seinen Mönchen zu Tisch sitzenden Heiligen,*
an der rechten aber sehen wir nicht allein, wie Petrus
und Paullis dem vor ihnen knieenden Domcnico Buch
und Stab übergeben, sondern zugleich daneben in einer
andern Abtheilung, wie er selbst, nun gleichsam sanclio-
nirt, die Ordensregel einem andern Bruder überreicht,
der vor ihm steht und sich wie zum Knieen zu beugen
scheint. Jede der zwei Abthcilungen der Rückseite ist
in sich dreifach gegliedert. Zuerst erblicken wir Reginaldo
besinnungslos in den Armen eines ihn stützenden Jüng-
lings; die Madonna in Begleitung von zwei Jungfrauen

* He. Förster: „An der entgegengesezten Seite ist c'"f
gedeckte Tafel, an der Mönche von »»sichtbarer Hand
gespeist werden.»
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