Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
A 3«.

s t - P t a t t.

Donnerstag, Len II. April 1839.

Me als Vereinsgefchcnke von bcn Knnstvcreinen
ansgegcbencn Aupfcrstichc, Hadirnngen und
Lithographien.

SEBcuu nt an Pie Blätter, welche i?»1 Kuuilvereine als
fogeuannte Vereinsgeschenke ihren Mitgliedern zutheilen,
einer aufmerksamen Würdigung unterwirft, so muß man
glauben, daß nicht sowohl ein freier, höherer Gesichts-
punkt, als vielmehr specielle Rücksichten bei der Wahl
der Gegenstände und der Nachbildner obgewaltet haben.

Das Ausgeben dieser Blätter ist allerdings von
diplomatischer Wichtigkeit; das Interesse der Actionäre
Wirb dadurch wärmer erhalten, Mancher zum Beitritt
veranlaßt. Auch sind diese Nachbildungen nicht selten
für diejenigen, welche nicht in den Orten wohnen, in
welchen die Ausstellungen siattfinden, und die nicht von
der Glückegöttin durch Gewinne begünstigt werden, das
Einzige, was sie für ihren Geldbeitrag haben, und was
sic an den Verein bindet.

Dann haben ja alle Iweige der bildenden Künste,
glich das Kupferstechen und Lithographiren, Anspruch auf
die Aufmerksamkeit und Unterstützung der Kunstvereine,
lind wer möchte wohl ableugnen, daß diese mit ihren
gemeinsamen Kräften auch hierin entschieden fördernd
gewirkt haben!

Auffallend sind aber die vielen, oft ziemlich schlechten
Nachbildungen von langweiligen Genrebildern, ja sogar
von Thier- und Viehstücken, die weder für die Mappe
Interesse haben, noch Glas und Rahme, wie des Auf-
hängens werth sind. Dergleichen kann auch nicht durch
Rücksichten gegen einen im Ort wohnhaften oder gebornen
Künstler cniscbuldigt werden. In der Wahl der uach-
zubildeuden Gegenstände sollte nur ein höherer Gesichts-
punkt obwalten. Die Vereine, als Organe deü Volks,
sollen durch ihre Thätigkeit die Kunst zu allgemeinem
Nutzen fördern und durch dieselbe auf Veredlung des j
Geschmacks, auf Fortschritte» zu höherer Bildung vor- !
theilhaft einwirken. Dieses ist aber nur durch wahrhaft !

Schönes und Großartiges, cs sey ernst oder heiter, mög-
lich. Durch eine offenbar verfehlte Auswahl können sich
sogar diejenigen, welche an der Spitze von Kunstvereinen
stehen, in den Verdacht bringen, als befänden sie sich
selbst noch gar nicht auf einem ihrer Stellung würdigen
Standpunkte! Leicht auch können sich die gebildeten
Vereinemitglieder zu gering geachtet finden, wenn man
ihnen zutraut, an U nbedeut end ein Freude und Genuß
haben zu können.

Bei einigen Vereinen soll der Gebrauch stattfinden,
bei der Wahl zunächst den Meister zu bestimmen, von
dessen Werken Eines durch Stich:c. vervielfältigt werden
soll. — C a u l b a ch's »Egmont und Clärchen" und
Cornelius's »Tod Romeo's und Iulia's" z. B.
scheinen durch diese Marime für Nachbildungen gewählt
zu seyn. Keine dieser Darstellungen in den ausgegebenen
Nachbildungen ist aber im Stande, auch nur eine Idee
von der hohen Kunstweihe und reichen Phantasie dieser
beiden großen Meister zu geben, sondern nur geeignet,
falsche Urtheile zu veranlassen.

Weit angemessenere und erfreuliche Vereinsblätter
sind die vom Münchner Verein ertheilten Lithographien
und die geistreichen Nadirungen von C. Neureuther. Auf
die gewöhnlichen Umrisse wird fast gar kein Werth gelegt,
denn sie gehen in öffentlichen Versteigerungen um Spott-
preise weg.

Bei der Wahl der Gegenstände ist es weder
nothwendig, noch gut, sich auf religiöse oder historische
Darstellungen zu beschränken, denn unsere Zeit gibt Cha-
rakterbilder und romantische Scene» wohl noch glücklicher.

Der Verein der Kunstfreunde in Preußen hat früher
die Madonna de Cvlonna von Caspar und Stcin-
brück's Madonna mit dem Kinde von Lichens ver-
theilt, und jezt Luderitz's Slich nach C. F. Lessing's
„Trauerndem Kenigspaar« gegeben. Der Knnstverein
für die Rheinlande und Wcstphalcn lieferte schon 1831
und 1834 die schönen Lithographien nach Lessing's „Leo-
nore" und Köhler's «Findung Moses," einen trefflichen
Index
Dr. Fr. Lucanus: Die als Vereinsgeschenke von den Kunstvereinen ausgegebenen Kupferstiche, Radirungen und Lithographien
 
Annotationen