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«ndcre Methode wird darum doch immer Geltung behal-
ten, wenn auch in einem beschränkteren Kreise rein typo-
graphischer Ornamente.

Die Fortschritte, welche der Fvrmschnitt in der zu-
lezt angedeutetcn Weise neuerlich gemacht hat, sind un-
glaublich. Wie cs aber oft der Fall ist, das Bestreben,
die technische Vollendung auf die höchste Stufe zu bringen,
hat manche sonst tüchtige Künstler verleitet, der Feinheit
und Nettigkeit der mechanischen Ausführung zu viel Wich-
tigkeit cinzuräumcn, und darüber den Charakter der
Zeichnung, wie den der Kunstgattung selbst, und die Grenze,
welche dieser gesteckt scheint, aus den Augen zu verlieren.
Weßbalb soll der Formschnitt das Streben vcrratben, an
sogenannter Feinheit z. B. mit einer englischen Almanachs-
Etahlplatte zu wetteifern? Was der Künstler auf diesem,
meiner Ansicht nach durchaus falschen Wege bezweckt, wird
er, selbst bei der größten Virtuosität, nicht erreichen. Ohne
es zu wollen, nähert er sich der längst verlassenen Bc-
handlungsweise, die in sorgfältig geraden Linien und
regelmäßigen Schraffirungen ihr Heil suchte. Die cigcn-
thümlichen Vorzüge des Holzschnitts sind aber, auf der
andern Seite, von der Art, daß sie weder durch Kupfer-,
noch durch Stahlstich ausgewogen werden können. Gut
verstanden und behandelt, trägt der Holzschnitt cs über
beide, so wie über die Lithographie davon in Erreichung
schlagender Effekte; denn keiner der genannten Gattungen
des Stichs durch Vertiefung ist cs möglich, die Gegen-
sätze zwischen Licht und Schatten so glänzend darzustellcn,
wie dies durch den, auf dem System des Hochdrucks
beruhenden Formfchnilt geschieht, welcher allein eine völlig
schwarze Fläche zu geben im Stande ist. Von der Un-
mittelbarkeit, welche der Holzschnitt vor den übrigen
Stichartcn voraus hat, so wie von seiner Anwendbarkeit
als Druckerstock sprach ich schon. Nur bei ihm ist der
einfache Druck von Tert und Bildern möglich, da für
beide dasselbe Verfahren beobachtet wird. Zudem über-
trifft er selbst noch die Stahlplatte an der Fähigkeit, eine
große Menge guter Abdrücke zu geben. Von erstcrer
pflegt man H —is,ooo Eremplare abzuziehen, die aber,
wie ich mich wiederholt überzeugt habe, selbst beim sorg-
fältigsten Druck weit davon entfernt sind, auch nur größ-
tenthcilS gut zu fepn. Nach der Versicherung eines, mit
dem Technischen dieses KunstzweigS vertrauten englischen
Schriftstellers * sollen Holzblöckc 2 — 500,000 Abdrücke

1 he London and Wcslminsler Review, Nr. LXf.
Slug. i858. In diesem Aufsay ist viel DeherzigcnS-
wcrlbcr über de» Forinschnilt enthalte», und die Ver-
gleichung der englische,, mit den französischen Bestrebungen
sehr unparteiisch. Eine Menge vorzüglicher Holzschnitte
sin al» Proben beigelcgt. Ich mgche namentlich auf-
merkiam auf e.n «eines. dem Vieo.nte de Laborde ge-
hörendes Blättchen des älter» Thompson: The Dinner
Kojal «t \ ersaillci.

auszuhatten vermögen. Ueberdies kann man sie leicht
durch Metallabklatschung (Ciichd) vervielfältigen, obschon
das Cliche nie die Schönheit des ursprünglichen Stocks
hat, wovon man sich durch die Ansicht der vielen, in
Deutschland und Frankreich vermittelst desselben gelieferten
Abdrücke englischer Holzschnitte leicht überzeugen kann.

Die Engländer waren es, bei welchen der Holzschnitt
rasch cmporkam, so wie er einmal seine große Brauchbar-
keit klar bewies. Der Umschwung in der Technik gi>'S
eigentlich von Beivick aus, dennBranston folgte noch
der altern, seit Albrccht Dürer'S Zeiten beibehaltenen
Mechanik. John Thompson, von welchem die vor-
trefflichen kleinen Vignetten in der von C. Whittingham
zu Chiswick gedruckten Ausgabe des Shakespeare (die auch
in Deutschland hinlänglich bekannt sind) unter srühern
Arbeiten zu nennen sind, ist immer der Erste in diesem
Kunstzwcige. Neben ihm steht sein Bruder CharleS
Thompson, der längere Zeit in Frankreich arbeitete.
Zn den altern Künstlern sind noch zu zählen: Harvcy,
Clenncll, Nesbit, John Jackson und E. Lan-
de lls, von welchen beiden Leztern eine große Anzahl
vortrefflicher naturhistorischcr Darstellungen herrührt. Un-
ter den jüngern sind zu nennen: Orrin Smith, nebst
W. H. Powis und Mary Ann Williams, nament-
lich in der Landschaft ausgezeichnet, in welcher sic die
größte Zartheit mit überraschender Wirkung vereinigen;
Andrew, Best, Wright, Folkard, Sladcr, Bon-
ner, Samuel und Thomas Williams, Frere,
Eliza Thompson, Mary und Elizabeth Clint.
Die Franzosen haben sich in neuester Zeit ganz nach den
Engländern gebildet, und sind auf dem besten Wege, diese
in der Technik zu erreichen. Die Engländer gestehen
selbst, daß die französischen Künstler den Vorzug haben,
daß eine Menge ausgezeichneter Maler und Zeichner sich
damit beschäftige, mit der Feder vollendete Zeichnungen
auf Holz zu machen, während die Zahl derselben in Eng-
land lellsic beschränkt ist. Ich muß hiebei bemerken, dasi
cS zwei verschiedene Arten gibt, dem Formschneider vor-
zuarbeiten. Entweder man macht eine ansgeführte Feder-
zeichnung, wobei jede Linie, jede Nuance gegeben ist und
der Formschneider diese Züge nur in Relief z» halten
hat. Oder aber man zeichnet nur die Umrisse hi» und
deutet die Schattcumassen mit Tusche an, indem man
dem Formschneider die Freiheit läßt, die Art der Aus-
führung nach seinem Gutdünken zu wählen. Die crstere
Meihode verdient ohne Zweifel den Vorzug, wenn Ori-
ginalität im Auge behalten werden soll. Es ist aber
dabei ein wesentliches Erfordernis!, daß der Zeichner auf
den Formschneider und die diesem zu Geboic stehenden
Nlitiel Rücksicht nehme. Daojenige z. B., was int
Kupferstich leicht erreicht wird, die gekreuzten Schrafflrun-
gcn, ist beim Holzschnitt mit großer Schwierigkeit verbunden.
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