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2V 32.

Kunst

Ü t t

Donnerstag, den 18. April 1839.

Kupferstiche deutscher Künstler neuerer Zeit.

Deutschland kann sich jezt wieder rühmen, eigene
Kupferstecher zu besitzen, welche mit den vorzüglichsten
Meistern des Auslandes ehrenvoll concurriren. Wesent-
lichen Einfluß auf die rasche Entwickelung diews Kunst-
zweigs haben die deutschen Kunstvcreine durch ihre Be-
stcllungen geübt, und die meisten Hauptblätter in ihren
Besitz bekommen.

Caspar in Berlin, ein Schüler Longhi's und
Anderloni's zu Mailand, stach sein erstes Blatt für den
Verein der Kunstfreunde zu Berlin, nach Rassael's „Ma-
donna del Palazzo Colonna," mit noch ungeübter Technik,
trat aber schon mit seiner zweiten Platte: „Tizian's Toch-
ter," gleichfalls im königlichen Museo zu Berlin, als
tüchtiger Meister auf. Das Blatt gibt die Wärme, den
Reiz und die Elasticität des Tizian'schen Fleisches vortreff-
lich wieder, zugleich alle Nebendinge in angemessenem
harmonischem Verhältnisse.

Eichcns' Stich nach Stcinbrück's „Madonna mit
dem Kinde» (im Besitz des Königs von Preußen) ist in
allen Abdrücken, welche Ref. gesehen, weit dunkler und
trüber, als das sehr hell und klar gehaltene Gemälde.
In der Behandlung selbst ist Freiheit und Sicherheit
und lobenswerthes Streben nach großartiger Einfachheit.
Eichens arbeitet jezt an einer größern Platte für den
Verein der Kunstfreunde.

E. Mandel, unverkennbar ein Schüler von G. Ga-
rava glia, hat in dem Stiche: „derKrieger mit dem Kinde,»
nach Hildebrandt, Zeichnung und Charakter dieses herr-
lichen Gemäldes wahr und schön, Gewänder, Panzer und
alle Nebendinge höchst meisterhaft und elegant, den Oieij
der Carnation aber nicht so glücklich wiedergegeben. Das
Knäbchen ist noch am besten, die Hände des Kriegers
hingegen scheinen zu dunkel und unklar. In Mandel's
neuesten Blättern zeigt sich die Eleganz seines Stpls
noch ausgebildeter.

Von S te i n la in Dresden, der sich unter Morghen's
und Longhi's Leitung in Italien gebildet hat, kennen
wir unter andern zwei schöne Blätter, die „Madonna di
Lucca,» nach Fra Bartvlommeo, und den Stich »ach Raf-
fael's Zeichnung: „der Kindermord.» In seinen Arbeiten
ist ein rühmliches Streben nach Treue vorwaltend, seine
Ausführung schön und weich. Aehnliches läßt sich von
Lu tz's Stiche nach Correggio sagen.

Durch ungewöhnliche Klarheit, Eleganz und geist-
reiche Behandlung zeichnet sich Jacob Felsing's
für den rheinisch-westphälischen Kunstverein ausgeführte
Platte: E. Bcndemann's „Mädchen am Brunnen," aus.
Den hohen Liebreiz des Köpfchens der Hauptfigur würde
Niemand vollendeter wiederzugeben im Stande seyn. Ein-
zelne etwas trocken gehaltene Stellen im Sammetkleide
abgerechnet, sind die Gewänder schön und von eigenthüm-
licher Verschiedenheit, auch das Landschaftliche mit großer
Meisterschaft behandelt. Die zweite Figur, besonders
deren Kopf, befriedigt nicht ganz; dies ist aber zum
Theil auf Rechnung des Malers zu setzen. Die Abdrücke
sind mit den Nummern der Serien, oben mit römischen
Ziffern bezeichnet, und werden in besonders guten Ab-
drücken mir 6—8 Thlrn., in Abdrücken vor der Schrift
gern mit io—12 Thlrn. bezahlt.

Engen Schäffer hat in neuester Zeit „Romeo und
Julia» nach Cornelius und die „Genofeva" nach Stein-
brück, crstere für den Münchner, leztere für den Düssel-
dorfer Kunstverein gestochen, und Cornelius' Zeichnung
weit besser wiedergegeben als Stcinbrück's tief und zart-
gefühltes und weichgehaltenes Meisterbild. Die Zeichnung
in dem Stiche ist viel zu stark, die Farbenabstufungen
sind zn schneidend, und so läßt der Stich bei allem Fleiße
und sonst großer technischer Vollendung doch kalt.

Von Hoffman» in Düsseldorf hat Ref. noch kein
völlig ausgeführtes Blatt gesehen; seine Radirung nach
C. F. Lesfing's »Entführung« gibt den Geist der schönen
Originalzeichnung vortrefflich wieder, so auch seine etwas
ausgeführtcren Blätter nach Schadow's Altarbilde zu
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Dr. Fr. Lucanus: Kupferstiche deutscher Künstler neuerer Zeit
 
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