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Dülmen: „Christus im Schooße der Maria," und Les-
sing's „Hussitenpredigt."

Keller in Düsseldorf, der Hübner's „Christus er-
scheint den Evangelisten" auch zu völliger Satisfactivn
des Künstlers leicht mit dem Grabstichel ausgeführt hat,
tritt nun auch mit einer ziemlich fleißig vollendeten Platte
in die Reihe der ehrenwerthesten Kupferstecher. Der Gegen-
stand ist Hübner's Bild, im Besitz des Prinzen Friedrich
zu Düsseldorf: „Roland befreit die Prinzessin von Galli-
zien aus der Räuberhöhle.« Der Stich, m und 17 Zoll
rhein. groß, meist in Linienmanier durchgeführt, gibt den
Cbarakier des Originals und die Zeichnung der Figuren,
namentlich der Köpfe, sehr treu wieder. Der Stich des
Haupibildes hat indeß auch schon in den Abdrücken vor
der Schrift etwas Trockenes, Rauhes, was bei den spä-
teren noch zunimmt. Die beiden herrlichen Nebenbilder
aber, Turpin und Ariost mit den Genien der Dichtkunst,
die Hübner so ganz in dem Geiste Raffael's, so einfach
und edel dargestellt hat, wie dessen beste Schüler, hat
auch Keller in ähnlich edler, anspruchsloser Weife höchst
reizend wiedergegeben.

Gustav Lüde ritz in Berlin berechtigte schon durch
sein Blatt: der „Erzengel Michael« nach Raffael, welches
er unter Richomme's Leitung stach, zu großen Hoffnungen,
und er bar diese durch seinen Stich nach „Lessing's trauern-
dem Kvnigspaar" noch übertroffen. Lessing malte dieses
Bild 1850, als Schadvw mit Bcndemann, Hildebrandt,
Hübner und Sohn nach Italien reiste. Es wurde der
Impuls für die Hauptrichtung der Düsseldorfer Schule,
und nichts Großartigeres ist bis jezt aus derselben her-
vorgegangen. Das Original war bereits in Rußland, als
Lüderitz vom Verein der Kunstfreunde den Auftrag zum
Stich bekam. Die in Pistorius' Besitz befindliche Oel-
farbskizze zu diesem Gemälde konnte als Vorbild für den
Stich so wenig ausreichen, als die kleine Zeichnung Les-
sing's in Hildebrandt's Album. Der einzig gute Abdruck
von Jentzen's verunglückter Steinplatte mußte daher zu-
nächst als Vorbild dienen, und Lessing's eigene Mithülfe
bei der Zeichnung in Anspruch genommen werden. Trotz
dieser mannigfachen Schwierigkeiten ist Lüderitz's Platte
ihres Vorbildes durchaus würdig gestochen und in einer
wahrhaft cdcln, großartigen Weife vollendet. Die seelcn-
volle Tiefe und hohe Bedeutenheit des Königs ist meister-
haft und ergreifend wiedergegeben. Die Zeichnung, die
^Umrisse sind weich und schön, die Farben der verschiedenen
Gewänder so treffend charakterisirt, daß man den Mantel als
weis,', das Gewand als bräunlich erkennt, und die weichen,
harmonischen Uebergänge und Absätze bewundert. Die Kö-
nigin befriedigt nicht in demselben Maße: der Leib scheint
im Stiche etwas flach und eintönig. — Die Platte ist
im Lichten 161,, Z. hoch und 11V- Z. rhein. breit, auch
die Abdrücke aus dem zweiten Tausend noch ziemlich rein

und gut. Die Zahl der gezogenen Probedrucke, nur mit
der Bezeichnung des Malers und des Stechers und der
Unterschrift im Umriß: „das trauernde KvnigSpaar," ist
sehr gering; auf den ersten 500 Abdrücken ist „Prötre,"
auf den späteren „Pfeiffer« als Drucker genannt. Für
die bessern Abdrücke wird gern lo Thlr., für die später»
6— 8 Thlr. per Eremplar bezahlt. — C. Sohu's „Ro-
meo und Julia« sticht Lüdcritz in der ncuenglischen
Schabweise.

Referent würde gern noch mehrerer deutscher Kupfer-
stecher gedacht haben, doch mußte er sich wohl auf dieje-
nigen beschränken, deren Werke ihm vorliegen und näher
bekannt sind.

In die Reihe der ersten Künstler wird sicher auch
Knolle in Braunschweig treten, der sich als Schüler
von Anderloni schon in Mailand einen Ruf erworben
hat, und jezt an der Platte nach Hildebrandt's „Kinder
Eduards von England« arbeitet. Unter andern sind
die Köpfe der Knaben bereits vollendet, und den füß-
schlummernden Engeln mit ihrer bezaubernd zarten Car-
nation vortrefflich nachgebildet.

Hasse's zu Berlin müssen wir noch schließlich er-
wähnen, weil er im Behandeln landschaftlicher Partie»
nicht hinter den besten englischen Stechern zurückblcibt.
Die Kpnsburg in Schlesien, nach Schirmer, ist ei»
schönes effektvolles Blatt, Architektur und Wasser darauf
wunderhübsch behandelt.

Halberstadt, im Febr. 1859.

vr. Fv. Lncniins.

Das Formschnittwesen in unsern Tagen.

(Beschluß.)

Bei den beiden noch übrigen Ländern, wo der Form-
schnitt neuerdings in Aufnahme gekommen, kann ich mich
bei Weitem kürzer fassen. Unsere deutschen Pfennig- und
Heller-Magazine, so nützlich sie auch für die, gewöhnlich
nur gar zu unvollständige und fragmentarische Belehrung
des großen Publikums seyn mögen, kommen von Seite»
der Kunst wenig oder gar nicht in Betracht. Doch muß
cs anerkannt werden, daß man sich dabei wenigstens nicht
immer der leidigen Clichss bedient hat. Bei dem hie
und da angewandten litliographische» Hochdruck, welcher
ein Surrogat bilden soll für den Formschnitt, ist auf
keine Weise etwas zu gewinnen. Das Drockhaus'sche po-
puläre Converfativns-Lericon enthält manche recht fleißige
Arbeit, namentlich von Wiener Künstlern, a» denen
indeß der durchaus falsche ältere Styl wahrzunehme» ist-
Die Gubiz'fchen Volkskalender sind mit manchen hübsche»
kleinen Vignetten geziert, worin Gubiz ercellirt. Seine
Register
Alfred Reumont: Das Formschnittwesen in unsern Tagen (Beschl.)
 
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