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so.

2tz-

Attnst-Dlatt.

Donnerstag, den 20. Juni 1839.

Skulptur.

Ludwig Schwanthaler's Werke. 1. Abchei-
lung: Mythen der Aphrodite. Düsseldorf, Ver-
lag von Julius Buddeus. 1809.

Der Neichthum an künstlerischen Werken, welcher
die Königsstadt an der Isar durch die großartigen Unter-
nehmungen ihres Beherrschers schmückt, hat in Deutsch-
land und den Nachbarländern jezt noch eine fast mythi-
sche Bedeutung. Man weiß davon, gefeierte Namen
tönen klangvoll zu Aller Ohren, Reisende pilgern zu der
geweihten Stätte so rüstiger und erfreulicher Thütigkeit,
und ihre rühmenden Berichte werden von aufmerksamen
Hörern begierig vernommen. Aber wie Vielen ist diese
Wanderschaft versagt, und wie Wenige können den Auf-
enthalt lange genug ausdehnen, um sich an der großen
Zahl vollendeter und entstehender Werke bis zur Sätti-
gung zu erfreuen. Wie im Frühling, wenn Alles keimt
und blüht, die Kraft nicht auSreicht, jedes Einzelne ge-
nügend zu genießen, wie jeder Tag dem Boden neue
Schätze entlockt, so vermag auch hier das Auge nichtAllcs
völlig zu würdigen oder aufzunehmen, und jedes Jahr
bringt Neues, das dem Besucher des vorigen fremd ist.
Da wird es denn immer mehr Bcdürfniß, durch würdige
und treue Nachbildungen denen, welche die Originale
sahen, Erinnerungen, den Andern vorläufige Anschauun-
gen zu gewähren.

Noch mehr vielleicht, als bei den Gemälden, gilt
dies von den plastischen Werken, die häufig durch ihre
höhere, entferntere'Aufstellung dem Auge sich mehr ent-
ziehen. Ueberdies ist nicht zu leugnen, daß der Geist der
Malerei uns Neuere mehr bewegt und in Anspruch nimmt,
als der mehr antike der Plastik, und daß daher, besonders
bei kurz abgemessener Zeit des Besuches für diese nicht
die ruhige Stimmung übrig bleibt.

Schwanthaler's Name ist mit verdientem Ruhme
bekannt; wie Cornelius die großen Unternehmungen der

Malerei, und noch ausschließlicher leitet er die plastischen
Arbeiten, mit welchen König Ludwig Kirchen, Museen
und Paläste schmückt. Sein erfinderischer Geist entspricht
in schneller Fruchtbarkeit den immer erweiterten Planen
seines hoben Gebieters, und in einer kurzen Reihe von
Jahren sind schon schwer zu zählende Meisterwerke aus
seiner Werkstatt hervorgegangen. Dennoch ist (ganz Ver-
einzeltes abgerechnet) noch nichts davon in größerm Kreise
bekannt gemacht, und eine Sammlung seiner Werke, von
welchen der Anfang vor uns liegt, erscheint daher als
ein wünschenswerthes Unternehmen.

Der Fries, welchen wir hier nachgebildct sehen, be-
findet sich im ober» Stockwerke des Königsbaues, in
einem der an den Ballsaal anstoßenden Konversationssale.
In solchen Räumen wird ja noch immer der Dienst der
Göttin von Paphos laut oder leise gefeiert, und höchst
passend war es daher, hier ihre Mythen zu verherrlichen.

Dreizehn Blätter enthalten die Darstellungen, welche
! sich in einem Friese von 4 Fuß 8 Zoll Höhe und etwa
140 Fuß Länge an den vier Wänden des Saales umher-
ziehen. Auf dem ersten sehen wir die Göttin dem Meere
entsteigen, kräftige Tritonen, centaurenartig gebildet,
auf Muschelhörneru blasend, begleiten reizende Nereiden,
tragen die jungfräuliche Göttin in einer Muschel an's
Land, der kleine Liebesgott, mit seiner Fackel, auf dem
Haupte eines Delphins, hat sich dem User schon genähert.
Auf der zweiten Tafel empfangen die Sterblichen die An-
; kommende. Einer Priesterin würdige Gestalt gießt die
Opferschaale in die Flammen deö Altars, an dem ein
bräutliches Paar knieend seinen Dank darbringt, und ein
zweites folgt, die Jungfrau schamhaft an den kühn vor-
schreitenden Jüngling gelehnt, dessen dichterische Leier, an
einem nahen Baumstämme hängend, jezt ruht, da die
Wirklichkeit mit ihrer Person ihn fordert. Zwischen beiden
Paaren festlich geschmückte Nymphen von einem kleinen
Faun begleitet. Reihentanze der Nymphen folgen auf
dem nächsten Blatte. Allein sofort werden wir auch ge-
wahr, wie „Liebe leicht zu Leide« führt. Im Waldesdnnkel,

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