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mit Pfeilern vermischt.) Doch ist diese Anlage durch
spätere Erweiterungen und Einbauten mannigfach ver-
ändert. Der Chor ist zur Zeit des gothischcn Stylcs be-
trächtlich vergrößert worden, das südliche Seitenschiff ist
in derselben Periode verdoppelt, und auf der Westseite der
Kirche eine große Kapelle, durch eine Treppe von dem
Hauptraume der Kirche gesondert, vorgebaut worden.
Später hat man zwei Querwände quer durch die Kirche
gezogen, so daß dieselbe gegenwärtig in drei Haupträume
zerfällt. Der Grundriß unterscheidet die verschiedenen
Perioden dieser Vauanlagcn.

Die byzantinischen Theile der Kirche erscheinen nach
den vorliegenden Abbildungen sehr einfach; namentlich
die Würfelkapitelle der Säulen des Hauptschiffes entbeh-
ren alles plastischen Schmuckes. So dürfte kein Grund
vorhanden scpn, um cs zu bezweifeln, daß dies Theile
jener Kirche seyen, welche Bischof Otto von Bamberg, der
das Kloster gründete, erbauen und im I. ttöN einweihen
ließ. Zugleich aber dürfte die Einfachheit einer so bedeuten-
den Kirche—einer Kirche, die von einem so lebhaften Freunde
der Architektur, wie Bischof Otto bekanntlich war, erbaut
wurde — in gewissem Maße als charakteristisch für
den Kunstgeschmack ihrer Entstehungszcit betrachtet werden,
und als eine Warnung gegen die, noch immer beliebten,
willkürlich frühen Altersbestimmungen unserer mittelalter-
lichen Architektur gelten können. Etwas reicheres byzan-
tinisches Detail gewahrt man an der, dem südlichen Kreuz-
flügcl angefügten Heidecker Kapelle, nämlich an der
Bekrönung ihrer Altarnische, welche lczterc — höchst ci-
genthümlich — wie ein Erker über das Fundament der
Kapelle heraustritt und durch einen kolossalen Kragstein
getragen wird. Eine in den Tert eingedruckte Radirung
gibt ein näheres Bild dieses interessanten Architektur-
stückcs. vielleicht ist schon diese Kapelle ein in der spä-
teren Zeit deö zwölften Jahrhunderts hinzugefügtcr Anbau.
Die gothischcn Theile der Kirche erscheinen, wenigstens
im Aeußercn, ebenfalls wiederum einfach, und nur das
zierlich durchbrochene Thürmchcn über dem Chore gibt
ein Beispiel von der reicheren Entfaltung dieses Stylcs.
(Ans früherer Reise-Erinnerung ist dem Unterzeichneten
auch von dem, >m gothischcn Style erweiterten südlichen
Seitenschiff der Eindruck reicherer Architekturformen ge-
blieben.)

Das Glasgcmälde, welches auf dem lczten Blatte des
vorliegenden Heftes, sauber kolortrt und sehr charakteri-
stisch im Style der Zeichnung, vorgcführt wird, enthält
in drei Abtheilungen eine Darstellung des gekreuzigten
Heilandes, und die Bildnisse des im 1.1297 verstorbenen
Burggrafen Friedrich von Nürnberg und seiner beiden
Gemahlinnen, nebst Inschriften, Wappen und reichem
Ornament. Doch ist diese große Darstellung nicht rein
erhalten; ein großer Theil des Ornamentes ist als will-

kürliche Füllung, selbst ohne Formcnsinn, cingcsezt wor-
den, und aus der ganzen Anordnung ersieht man, daß
die Glasgcmälde ursprünglich für ein älteres Fenster,
wahrscheinlich der spätesten Entwickelungszeit des byzan-
tinischen Stylcs angehvrig, gefertigt waren. Doch lassen
die Figuren mit Entschiedenheit den Styl der deutschen
Kunst, welcher sich hier im dreizehnten Jahrhundert zu
entwickeln begann, erkennen. — Die übrigen, in der
Münsterkirche vorhandenen Denkmale (zum Theil auch
von namhafter kunstgeschichtlicher Wichtigkeit) werden nur
summarisch in den Tertblättern aufgezählt.

Der Eindruck, den die eben besprochenen Mittheiluu-
gcn auf den Sinn und Geist des Beschauers hervorbriu-
gen, ist der einer, mit großer Liebe unternommenen,
mit Treue und Sorgfalt durchgcführtcn Arbeit. Wir
können im Interesse der Kunst wie in dem der Geschichte
nur wünschen, daß der Herausgeber durch Nichts in seinem
schönen Unternehmen gestört werden, und daß er sein
Werk, dem freilich ein reiches Material vvrliegcn dürste,
in gleicher Weise bis zum Schluffe vollenden möge.

ff. Kuglet'.

Nachrichten vom Mai.

Akademien und Vereine.

München, l. Mai. Heute fand die vierte diesjährige
Monatssiyuttg des historische» Vereins für Oberbayer» hier-
selbst statt. Staatsrath von Stichancr legte die Beschrei-
bung und Abbildung eines römischen Denksteines mit der
Fignr eines Delphins vor, der in der uralte» Kirche zu
Frcitsmoos im Landgerichte Tittmaning mit zur Grundlage
des Hochaltars verwendet worden ist. Auch lud er zur Aus-
grabung eines alten Grabhügels bei Schleis-Heim ein. Doktor
Marggraff legte das so eben erschienene ,stc Heft der vom
Freiherr» von Stillfried herausgegebencn Altcrthümer
und Kuitstdenkmäler des Geschlechts der Hohenzollcr» zur
Ansicht und zugleich als Muster der von demselben schon
früher in Anregung gebrachten Herausgabe bayerischer Kunst-
denkmäler vor.

Den 28. Mai. Seit vorgestern ist das wegen verschie-
dener Reparaturen längere Zeit geschlossen gewesene Lokal des
Kunstvcreins wieder eröffnet, und bietet, namentlich im
Fache der Landschaftsmalerei, viel Schönes dar. Unter de»
Bilder» dieser Art zeichnet sich die von Gleim durch eigcn-
thümlich ernste Naturauffassung und schönen Sinn für Farbe
und Ausführung au«. Engel hat es sich zur Aufgabe ge-
macht, dem Beschauer durchaus heitere Gegenstände vorzu-
führcn, und seine lachenden Mädchen sind unablässig umringt.
Monte» hat vom Lustlagcr zu Augsburg eine Reihe Erin-
ncrungSblättcr ausgestellt, welche wahrscheinlich durch die
Lithographie vervielfältigt werde».

Dtksdcn, Mai. Unser Kunstvercin hat bereits in
seinem Lokale wieder mehrere zur Verloosung bestimmte
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