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wird: bajj nämlich ihr originelles und vielseitiges Talent, !
verbunden mit dem regsten Eifer und fortwährender !
Strebsamkeit, ein gut Tbeil dazu beitragen kann, die
Holzschneidekunst in Deutschland wieder zu Ehren zu brin-
gen und neues Leben in einem Kunstzweige zu erwecken,
worin unsere alten vaterländischen Meister so groß und
einzig gewesen.

Es ist noch nicht so lange her, daß die moderne Holz-
schneidekunst in Frankreich wieder natioualisirt worden.
Vor zehn Jahren gab es nur einige wenige Formschnei-
der in Paris: jezt zählt man deren sehr viele, welche
alle mit Arbeiten überhäuft sind, seitdem die illusirirtcn
Ausgaben dem neuen Buchhandel eine Quelle eröffnet
haben, welche sobald nicht wieder versiege» zu wollen
scheint. Die tüchtigsten unter den modernen Formschnei-
dern sind die Herren Thomson, Breviere, Andrew,
Leloir, Best, Porret, Quartley :c. rc., welche wir
jedoch naher kennen lernen werden bei der Beurtheilung
der illustrirten Ausgaben, welche in der lezteu Zeit in
Paris erschienen sind. Zunächst Einiges über das Me-
chanische der neueren Formschneideknnst, welche in vielen
Punkten von der älteren Manier abweicht. Die jetzigen
Holzschneider arbeiten nicht mehr auf Kirsch-, Birn-,
Apfel- oder Speierlingsbanmholz, sondern einzig und
allein auf Buchsbaumhvlz, welches ein dichteres Gefüge
hat, als jede andere Holzart. Den beträchtlichsten Vvr-
rath von Buchsbauni bezieht man aus dem Kaukasus,
aus Egypten, Spanien, dem südlichen Frankreich rc. Der
größte Theil davon wird den Drechslern und Kunsttisch-
lern verkauft, und die schönsten Stücke spart man für
die Formschn.eider auf, welche nicht mehr nach der Län-
genfaser, sondern nach dem Querholz schneiden; denn man
arbeitet fast gar nicht mehr in Holz aufs Jahr, son-
dern nur in Hirnholz. Die Oberfläche des Stocks muß
ganz glatt und ohne Knoten seyn. Wenn das Holz noch
grün ist oder verschiedenen Temperaturen ausgesezt wird,
so springt es häufig unter den Händen des Künstlers:
die Stöcke, welche alle erforderlichen Eigenschaften haben,
sind selten und klein, weßhalb man oft mehrere mit
Schrauben aneinandersügen muß, um den gehörigen Um-
fang für die Zeichnung zu erhalten.

Gewöhnlich ist der Formschneider nicht zugleich Zeich-
ner, sondern man bringt ihm den Holzstock mir der Zeich-
nung, welche entweder mit Bleistift, mit dem Pinsel oder
mit der Feder darauf gemacht ist: die Schalten sind ent-
weder darauf gewischt oder getuscht oder schraffirt; man
sieht sich so viel wie möglich vor, die Schraffirnngcn nicht
untereinander zu bringen, um dem Formschneider die
Arbeit zu erleichtern. Der Zeichner kehrt die Gegen-
stände um, daß >ie so auf den Stock zu stehen kommen,
wie wenn man sie in den Spiegel hielte: wenn der Form-
schneider mit seiner mühsamen Arbeit fertig ist, wenn er

mit seinen verschiedenen Instrumenten und Werkzeugen
von der Oberfläche des Holzes alles, außer den gezeich-
neten Strichen, bis auf eine gewisse Tiefe, wcggenowmen
hat, so wird die Form mit Druckerschwärze bestrichen und
darüber ein feuchtes Papier, wie auf gegossene Lettern,
gelegt und leite gepreßt. Die Zeichnung drückt lich aid-
dann auf dem Papier so ab, wie sie der Zeichner entwor-
fen hatte, nur kommen alle Gegenstände verkehrt zum
Vorschein, und also in dem rechten Sinne zu sieben.

Eine Vignette in dem merkwürdigen und seltenen
Buch „Hans Sachsens eigentliche Beschreibung aller Stände
auf Erden, aller Künste und Handwerke« betitelt, welches
1564 in Nürnberg erschienen, stellt eine Fvrmschneider-
Werkstätte vor. Der Formschneider sizt vor einem Tische
und stüzt seine linke Hand auf ein Stück Holz und schnei-
det mit der Rechten. Neben ihm liegt ein Messer, wie
das, welches er in der Hand hat, und eine Art Hohl-
meißel. Das Atelier eines modernen Formschncidcrs ist
hievon nicht sehr verschieden. Auf einem länglichen Tische
bemerken wir ein kleines rundes, mit Sand angesülltes
Ledcrkissen, worauf man den Stock legt und hcrnmdreht
und welches man wohl „die dritte Hand des Formschnei-
ders« zu nennen pflegt, eine Loupe, mehrere Grabstichel
von verschiedener Größe und Form, und endlich eine
kleine Handpresse, um Prvbeabdrücke zu machen. Die
kleinen Messerchen ans Taschenuhrfedern, welche in ein
gespaltenes Heft eingefezt und mit einem darüber gescho-
benen Ringe zusammengehalten wurden, sind ganz ab-
gekvmmen. Papillon in dem zweiten Theil seines schon
oft angezogenen Werkes spricht ebenfalls noch von einer
Menge Instrumente, die man nicht mehr auwendct, wie
das termoir a biseau , fermoir ä »ez rund , fermoir
double nez rond, die gonge plaie, gonge courbe n.s. w.
Heutzutage werden am häufigsten gebraucht: der vier-
eckige Grabflichel und der rautenförmige Grab-
stichel, womit man die viereckigen und rautenförmigen
Zwischenräume von Weiß zwischen den Schrafflrnngen weg-
uimmt; der bmte-avam,, eine Art kleines Bajonett; die
Katzenzunge, welche die vertieftesten Theilc der Form
anühöhlt; die flache Echoppe, womit die kleinen vier-
eckigen Punkte weggenvmmen werden; die runde Echop-
pc, welche die großen weißen Stellen ausschneidct; die
Onglette, deren außerordentlich dünne Spitze kaum
die Fläche des Holzes streift, die feinen Taillen dnrch-
schneidet u. s. w. Die Echoppe ist übrigens schon im
I6tcn Jahrhundert angewandt worden; denn wir finden
sie neben den Monogrammen mehrerer alter Formschnei-
der, ganz in der Gestalt abgebildet, worin sie gegen-
wärtig gebraucht wird.

(Beschluß folgt.)
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