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nichts wünschenswerther, als daß uns recht frühe das
Klassische, das erreichbar Höchste vor Augen trete. Doch
gewinnen eigentlich in allen Dingen nur die Bildsame»,
Strebsamen. Bei der Masse zeigt sich die Lust am Ma-
teriellen, Massiven unübernstndlich. Das zeigt sich überall,
wo Kunstwerke zur Schau aufgestellt sind. Denn daß
das Höchste am Ende aller Welt gefällt, beweist nichts
hiegegen, da cs mit allen Mitteln zugleich wirkt.

Eines fremden Künstlers, dessen persönliches Erschei-
nen von Energie und Kunstfeuer zeugt, will ich beim
Hinblick auf die reisende Kunst auch gedenken. Es ist
Herr Ferdinand Schimon aus München, eigentlich
Sänger und Hofschauspieler, als Maler — Dilettant.—
Er hatte in nnserm Kunsiverein das Bildniß einer be-
rühmten dramatischen Künstlerin, lebensgroßes Brustbild
in Oel, anfgestellt. Auffassung und Darstellung, Technik
und Naturtreue überraschten aufs angenehmste und er-
hielten lautes Lob. Ihm wurde der ehrenvolle Auftrag,
zwei junge Damen höchsten Ranges zu malen. Auch
zwei Prinzen v. H. stellte er in lebendiger Individualität
dar. Das Bild des königl. Hofschauspielers Moriz srap-
xirte vielleicht am meisten, weil cS mit den wenigsten
Mitteln wie hingeschrieben und dennoch — oder eben darum
lebend, athmend, sprechend erschien. Die Transparenz
der Haut bis auf Knochen und Muskel, daS Feuer des-
Auges, die Sprachfertigkeit des Mundes:c. sie gaben
das Original lebendig wieder. Das Schönste, was ich
von Bildern dieser Art neucstens gesehen, war unter
einer Reihe weiblicher Schönheiten das Bildniß eines ent-
kleideten Mädchens mit schlichten dunkelm Haar, in dezent-
anmuthiger Wendung des wunderherrlichen Körpers.
Wahreres Inkarnat habe ich nie gesehen. „Hitz" war das
Bild bezeichnet. Ein zweites von Demselben, Brustbild,
angekleidet, zeichnete sich auch vor allen übrigen aus,
und es waren berühmte Namen darunter.

Mit dem Monate Mai trat die jedes dritte
wiederkchrende Kunst-.und Industrie-Ausstellung
ein. Wie der Ausschuß der Gesellschaft für Beförderung
der Gewerbe mit höchster Genehmigung eine Lotterie von
Fabrikaten auch diesmal wieder veranstaltete, so bildete
sich nun andererseits auch ein Verein, der Guldcnloose
zu Ankauf und Ausspielung von Kunstwerken abzusetzen
bemüht war. Dies geschah mit so günstigem Erfolge,
daß netto 2100 fl. eingingen, wofür sofort 26Oelgemälde,
45 Lithographien, 8 Stahl- und Kupferstiche, sämmtliche
Blätter von bedeutenderem Preise angekauft und am
24. Juni urkundlich vcrloost wurden.

Ein unabwendbares Hinderniß ließ mich die Aus-
stellung nur zweimal, und zwar sogleich bei der Eröffnung,
besuchen, wo noch nicht einmal alle Bilder angclangt lind
ausgeirellt waren. Sv müßte ich mich also eigentlich jeder
nähern Aeußerung über diese ganze Erscheinung enthallcn.

träfe cs sich nicht, daß die Mehrzahl der Kunstwerke von
den Räumen des Kunstvcreins her den Kunstfreunden
schon bekannt war, und daß bei näherer Bekanntschaft
mit der vaterländischen Kunst und einiger Uebung des
BlickS die größere oder kleinere Geltung und Gclnngen-
heit eines Bildes rc. schnell gewürdigt werden kann.

Von historischenBildern sind mir geblieben: von
Vruckmann von Heilbronn (inMünchen) »das Mädchen
aus der Fremde," nach Schiller. Trotz einigen Zeichnungs-
mängeln (was man so heißt, sind in der Malerei oft
Mängel in dev sorgfältigen Ausführung) ein reiches,
heiteres Bild; — vonHofmalcrGegenbaner: »Venus
mit dem Parisapfel;" Oelgemälde in enkaustischer Manier;
und ein »Landmädchen" ans der Nähe von Nom. Gc-
genbauer's Meisterschaft ist längst anerkannt. Wenn jenes
Bild die höchste Vergeistigung der Sinnlichkeit in Auf-
fassung, Behandlung, Ausdruck rc. zur Anschauung bringt,
so wirkt dieses, ein Liebling vieler Kenner, rührend durch
das in sich zurück Gedrängte, Sinnige, fast Schwer-
müthige. Mignonartige der jungen südlichen Gestalt, die
nach dem Leben gemalt ist. — Von nnserm verehrten
Landsmanne, Professor Hartmann in Dresden gefielen
ein „schlafender Bacchus" und »Amor" noch mehr, als
ein »Homer vor den Griechen," dessen reiche Kombination
der mannichfaltigstcn Figuren, Stellungen, Jnkarnate ic.
Manchen zu überdrängt scheinen wollte. — Schabet,
derzeit in München, bezeichnet durch seinen »Alpen-
könig" noch das Suchen eines malerischen Vortrages und
Ausdrucks. Solche Bilder heißen uns noch zuwartcn. —
Die «Erscheinung der Engel bei den Hirten" von Schm id
dahier ist ein gutes, grvßentheils gelungenes Effektstück
mit wohlbercchncter Anordnung. Beim Anblick des etwas
schweren Himmels kam mir wieder, was ich schon hun-
dertmal gesunden, daß die altern Meister bei weitem
seiner geriebene, klarere, leuchtendere Farben angewandt,
als die neuern. Eine neuere Retouchc auf einem älteren
Bilde zeigt sich stets durch die frostige Unklarheit der
Farbe. Wer sich mit Reinigung der Gemälde abg>bt<
der nimmt dies auf der kleinsten Stelle und auf den
ersten Blick wahr. Ich möchte einmal einen Van Huysum
oder Hamilton mit unser» gewöhnlichen Farbe» malen
sehen. Schmid'ö Bild dürfte einer Hauskapelle wohl
anstehen. Von seinen Porträts gefallen uns die kleinern
und mittler» besser, als die lebensgroßen, denen er nickt
dw Modellirung und Haltung jener zu geben weiß. —
Von Schöni»ger, derzeit in München, dessen »Tvrolev
ein vielversprechendes, wirksames Bild ist, möchten w>r
wohl seine neuesten Arbeiten sehen. — Der „Liebetrun-
kene" von Strecker dahier, bezeichnet einen un'erer
besten, gewandtesten Künstler. Sein neuester Fortschritt
war ein Sprung, ein Schwung, eine Mctaniorpl'ost' zu
nennen. Gegen den allegorischen Gedanken haben sich
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