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2V-

Kunst-Platt.

Donnerstag, Len 3. Oktober 1839.

Stuttgart.

(Fortsetzung.)

So trifft cs sich im Leben zuweilen günstig, daß die
Lunst, zu der wir nicht gelangen können, zu uns kömmt.
— Dahin zählen wir mit Recht auch das zeitenweise
Eintreffen von Kunsthändlern, die sich nie ohne we-
nigstens einige recht gute Bilder einfinden, was die Lieb-
haber erfreut und belehrt, und meistens auch zu dem
oder jenem erwünschten Besitze bringt, der ihre Samm-
lungen neu belebt. Sie machen so nebenbei ihre Schule
mit oder ohne Lehrgeld.

Was den Tauschhandel betrifft, so versteht sich, daß
der Kunsthändler nicht gleichauf im Werthe der Bilder
troquiren kann, weil er leben und gewinnen will. — Hier
hilft denn knpplerisch die Leidenschaft der Liebhaber für
Neues, für hohe Namen, wofür sie in der ersten blinden
Aebesbrunst oft gern einen altern Schah gewohnheitssatt
mit erklecklichem Aufgeld hingeben.

Aus unbekannter Quelle, denn die genannte schien
Pseudonym, kam nach und nach eine Zahl guter alter
Bilder hieher. Wir schauten Niederländer und Italiener,
manche unbezweifelte Originale der angesagten Meister,
manche bestrauchelt. Das Meiste wurde festgehalten.
Später fand sich Herr v. Metzler von Frankfurt, der
, in Baden ein stehendes Kabinct hat, mit vielen zum
Thcil kostbaren Bildern hier ein, wovon Manche von
hoben und andern Kunstliebhabern erworben wurden. Es
war wirklich ein Genuß, diese Sammlung wiederholt zu
schauen, sich der großen historischen Tableaur von Titian,
Annibnl Carracei, Guido :c., einiger trefflicher Altdeut-
schen, schöner Landschaften, Genrebilder:c. zu erfreuen.
Spater hatte der Porträtmaler, Herr Waagen aus
München, beiläufig gesagt ein Bruder des königlichen
Galeriedircktors Waagen in Berlin und Gatte der be-
rühmten Sängerin Schechüer, eine Sammlung von Bil-
dern im Redoutcusaasi ausgestellt, welche wir die bedeu-

tendste, die je hier gewesen, nennen dürfen, weßhalb sie
auch bei den hiesigen Liebhabern und Künstlern das leb-
hafteste Interesse erregte. Es waren Werke verschiedener
Zeiten, Schulen und Knnstarten, darunter Tableaur
von hoher Meisterschaft, treffliche Italiener und Nieder-
länder, die nach sorgfältiger, schonender Reinigung den
einladendsten Anblick gewährten.

Ganz ausgezeichnet und in jeder Beziehung hoch-
gehalten war ein „Seesturm" von Wilhelm van der Velde,
ein Bild, in welchem sich eine lebenslange Naturbeob-
achtung beurkundete. Die Betrachtung eines solchen
Werkes stärkt unser Gcmüth augenblicklich; wir fühlen
die Sicherheit eines ernsten Strebens und was die auf
Eines gerichtete Gottesgabe im Leben vermag.

Sehr trefflich >var ein »verlorner Sohn" von Gner-
cino, und dies sowohl in Beziehung auf Komposition und
Ausdruck, als auf Frische des Kolorits und Kraft des
Helldunkels. — Zwei Porträts von Vincenzo Catcna,
einem Mitschüler von Titian, gewannen sich viele Ver-
ehrer. Besonders hielt das männliche die Kunstfreunde
fest. Sie sind neuerdings im Lokal des Kuustvercins
ausgestellt. Die fast stofflose Klarheit dieses Inkarnats
ist wirklich geheimnißvvll. — Zweier Molenaers von sel-
tener Größe, Bauernscenen voll Laune, und eines Mond-
scheins bei Genua von Schönberger wollen wir auch noch
gedenken.

Wie früher die v, Mctzler'sche, so genoß auch die
Waagen'sche Sammlung die seltene Auszeichnung, daß
Se. königliche Majestät sie einer genauen Besichtigung
würdigten und nicht unbedeutende Ankäufe daraus anord-
netcn. — Die allgemeine Anerkennung hatte nur zu
bedauern, daß noch kein Kunstfonds bereite Mittel zu
Erwerbungen hat, und daß die Zahl der bemittelten Lieb-
j Haber eine sehr klcincfist, so daß man also nach kurzer
; Augenweide manches liebwerthe Bild wieder von hinnen
j ziehen lassen muß. Ein Gewinn bleibt uns immer; —
j die Uebung, die Stärkung, die richtige Lenkung des Blicks,

> die genauere Interpunktion des Kunstmaßstabs. Es ist
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