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dem menschlichen Sinne schön, malerisch. Der Maler
weiß aber wohl, -aß der Herbst viel malerischer ist, als
der Frühling, daß verbreitetes Grün eintönig, kalt ist,
daß die Blüthenbäume von Ferne schmutziggrau aussehen,
in großer Nähe aber monotone kalte weiße Blüthenballcn
ohne Abwechslung darstcllcn, daß Blumen nicht in großer
Anzahl gemalt werden dürfen, daß Gelbgrün eine
schreiende, vergängliche Farbe ist, daß die nothwendige
Lichtspannung, die dunkle.straft des Vorgrundes nicht zu
erzielen ist und noch viele andere Momente. — Dennoch
ist cs dem Meister gelungen, ein Bild zu schaffen, das
ganz den bezweckten Eindruck hervorbringt. ES ist wirklich
der heiterste Frühling über dasselbe ausgcbreitet, und man
tritt mit dem genesenen Alten, begleitet von der Familie,
überrascht heraus in diese heitere Pracht des Maien.
Der Maler wußte so anzuordnen, so hauszuhalten, zu
geben und zu nehmen, daß in dieser Fülle kein lieber-
drang, in diesem Reichthum keine Wiederholung bemerkbar
und störend wird. Doch wollen wir Eines bemerken:
Was nach den früher» Prinzipien der Landschaftmalerei
nicht thunlich gewesen wäre, was kein Italiener und
Niederländer wagen wollte, das ist nach der neuern Be-
tonung der Landschaften möglich; die Kunst ist aus der
mysteriösen Nacht, dem geheimen Zauber des Helldunkels
nun herausgeschritten zum vollen Licht der Tageshelle.
Man trete in Gedanken aus einer alten italienischen
Kirche in einen modernen Fürstenbau, und man wird
Lbiges begreifen.

Die Landschaft des Sohnes von Pr. Steinkopf, Julius,
sah ich nicht; wir dürfen aber die väterliche Schule darin
voraussetzen.

Die Aquarellzcichnungen von Emmingcr;
zwei aus Italien, eine von der Isar, so wie die kleinen
Alxengcgcnden mit niedlichen Figürchcn von Heinz-
mann sind dem Kunstverein längst sehr wcrthc Bilder.
Die Bistrezeichnungen des Hofknpferstechers Scpffer
sind stets sehr genaue und ausgeführte Narurstudien, und
haben darum nicht immer die beliebte Totalität und Hei-
terkeit der Tableaur zum Aufhängen.

(Beschluß folgt.)

In einer bekannten reizenden Gegend Schwabens,
vhnweit eines vielbesuchten BadortS steht eine kleine Dvrf-
kirche auf dem Vorsprung eines Hügels, die sich von
überall her als eine integrirende Masse der Land-
schaft bemerkbar macht. Wird sie weggedacht, so verliert
das Landjchaftsbild ungemein, ja es wird ein ganz anderes.

Daraus kann man sich Manches entnehmen. — Die
Kirche ist eine Zufälligkeit in diesem schönen Thal. Sie

könnte etwa auch unten im Dorfe stehen, oder das Filial
ganz ohne Kirche seyn. Man würde die Gegend dennoch
anmuthig finden; aber mit künstlerischen Augen betrachtet
ist das Kirchlein so wesentlich, als irgend einer der schö-
nen Rebhügcl oder Waldberge des Tbales.

Der sinnige Naturfreund mag sich also beim Genuß
der Schönheit einer Gegend auch der einzelnen pittoresken
Partien bewußt werden. Wie er das Kunstwerk um seine
Natur fragt, so mag er die Natur um ihre Kunstschön-
heit fragen.

Der ausübende Künstler wird noch weiter gehen.
Er wird eine wirkliche Natur in allen ihren Thcilcn ab-
wägen und mit ihr verfahren, als könnte das Gewordene,
Unveränderliche ein Gegenstand seiner Komposition wer-
den. Er wird dazu oder davon thun.

Wo er aber wirklich komponirt, kombinirt, da wird
er in Erinnerung, daß fast in jeder Gegend, wie in der
genannten, die eine oder andere zufällige Masse zum Reiz,
zum Malerischen derselbe» wesentlich beiträgt, aus seinem
Vildervorrathe das Passendste herauswählen und zweck-
mäßig auwenden.

Das Sammeln eines solchen Schatzes malerischer
Massen ist aber ein eigenes Geschäft des Künstlers —
und was dieser in seine Mappe bringt, kann der Kunst-
freund, der doch hoffentlich auch der sinnigste Freund der
erscheinenden, schaubaren Natur ist, in sein Gedächtniß
aufnehmen.

Jener wird cs jedoch methodisch'betreiben; er wird
auf Spaziergängen und Reisen nicht nur im Allgemeinen
die pittoresken Thcile der Gegenden wahrnehmen, sondern
oft vom Weg ab malerische Massen und die günstigsten
Standpunkte ihrer Darstellung aussuchen.

Ueberdies wird er alle landschaftlichen Gemälde,
Kupfer ic., Zeichnungen :c. besonders auch aus diesem
Gesichtspunkte betrachten und das »Warum« erwägen,
im Gebildeten den Sinn des bildenden Künstlers walten
sehen.

* * *

Wer cs recht anzugehen weiß, kann uns mit Klecksen
entzücken, wer nicht — mit dem mühevollsten Werk
kalt lassen. Es gibt eine geistreiche, dynamische Natur-
auffassung, die noch im flüchtigsten, derbsten Vortrage
sich offenbart, bei dem man mit unserer Imagination
ein Aeußerstes wagen darf. Hinwieder sehen wir noch
viel öfter einen geistlosen Fleiß in endloser Atomistik sich
abmühen, ohne daß uns ein Leben daraus ansprechen
will. So wird aus einem (Konglomerat niemals ein
gediegener Fels.
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