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2tz 105

Kunst

n t t.

Dienstag, den 31. December 1839.

Vrientalifche Kunstwerke -es herzoglichen
Museums zu Gotha.

(Schluß.)

Landschaftliche Darstellungen-
Für Werke der Bildncrci wurde in China der Stoff
auch im Bereiche der Gartenkunst ausgesucht, die bekannt-
lich dort die Mannichfaltigkeit der nachgeahmten Natur
ans kleinem Raum zusammenzudrängen sucht. Angebautes
Land und unfruchtbaren Boden zusammcnstcllend, pflegen
die Chinesen den uneben gemachten Boden mit künstlichen
Felsen zu besetzen, in diese Höhlen zu graben oder mit
Fußpfaden sie zu durchbrechen, endlich halbzerstörte Pa-
villons auf Abhänge zu setzen. Nicht minder wird der
Laus des Wassers künstlich geleitet und zu Wasserfällen '
(tchion-i) angewendet, bis es zulezt in Teichen sich sam- j
Hielt, deren Barken das Vergnügen des Fischfanges ge- j
währen. Fast alles dieses wird auch durch die Bildwerke i
.uns vor Augen geführt, deren drei erste aus fleischrothem i
Vildstcine bestehen. Während bei der Grotte, den Bäu- '
men und Gebäuden des einen menschliche Figuren mit
Sonnenschirmen verweilen, ist die ähnliche Natur des
zweiten mit Bergabtragenden belebt. Im dritten wird
von dem unten fließenden Wasser ein Fahrzeug getragen.
Der obere Thcil enthält wiederum Bäume, zwei Reiter .
und Tragende. Ueberhaupt sind Felsen und Felsengrotten, !
ein ans dem Felsen fließendes Wässerchen mit einer Brücke \
oder ein zwischen zwei Felsen hindurch gehender Weg ge- !
wohnlich in dieser Gattung von Kunstwerken. So finden |
wir in Nr. 528 wiederum Felsen, Brücke und Bergtreppe,
nur daß noch rechts ein Thurm hinzugefüget ist. Felsen,
Bäume, ein Haus und ein Paar menschliche Figuren
sind in einem bildstcinernen Kunstwerke des Vorzimmers
des Naturalienkabinets vereinigt.

Erwägt man, daß die Höhle des Felsens von Quang-
Yin als Tempel und Aufenthaltsort von Fopriestern dient,
und daß der Tempel kik-lok-tsay-kay hinsichtlich seiner

Felsen, Höhlen und hinsichtlich des krummen und engen
Weges mit unregelmäßigen Stufen, der zu dem weiblichen
Götzenbildc emvorführt, eine den beschriebenen Bildwerken
sehr analoge Einrichtung hat, so wird man wahrscheinlich
finden, daß umgekehrt auch diese für religiöse Zwecke an-
gesertigct wurden.

Laubwerk.

Auf den Zweigen eines Baumes, die einen durch-
brochenen Lichtschirm bilden, sind ein Storch, neun mensch-
liche Figuren und in der Höhe auch ein Haus angebracht.
Das Ganze besteht aus röthlichem Bildsteine. Eben so
durchbrochen wurden die gewundenen fruchttragenden Ran-
ken des ans weißem Bildstcinc bestehenden Lichtschirmes.

Ein für sich bestehendes Ganze ist endlich die lie-
gende Weintraube aus Bildstein.

Durch fleißige Arbeit empfiehlt sich ein regelmäßig
gewundenes Laubwerk aus weißem Reißste ine. (Nr. m.)
Das Material dieses z'/r Zoll hohen Werkes, so wie der
fünf viereckigen und zehn runden Theetassen ist ein Kunst-
produkt aus Kieselerde, Alaunerde und Bleiorpd. Diese
Masse wird zum Verglasen gebracht.

Nicht allein als Nebenwerk in der Darstellung von
Theilcn chinesischer Gärten erscheinen Wasserfahr-
zeuge, sondern auch als für sich bestehende Ganze. So
ist aus Bildstein eine Gondel verfertigt, die unten vier
Räder hat. Der Fährmann sizt am Steuerruder, ein
anderer Fischer hält Fächer und Kanne. Die nur vier
Personen zählende Reisegesellschaft sizt im Innern der
Gondel Damespielend um einen Tisch.

Widerlich dem gereinigten Schönheitssinne des Abend-
landes sind die größeren Bildsäulen ans Porzellan,
die als Räuchcrapparate dienten, dergestalt, daß der
Rauch aus Mund und Nase herauszog. Lebensgroße
Figuren von Porzellan sollen auf dem Altäre des Tem-
pels zu Tong-tchcu stehen. Bronzefarbe hat eine im Ka-
binet befindliche Figur eines sitzenden Mannes. Aus
Porzellan bestehen Frauenzimmer, die von löwenartigen
Register
Georg Rathgeber: Orientalische Kunstwerke des herzoglichen Museums zu Gotha (Beschl.)
 
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