Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
135

gestellt, um einen Säulenschast, welcher die kolossale Duste
des Verstorbenen, so viel ich weiß, ein Werk von Stichl-
mayer, tragen soll. Die modeilirten Figuren der Jahres-
zeiten unterliegen bey manchem Schätzbaren, was >ie' ha-
ben, einem mehrfachen Tadel: dieser Herbst mit dem Füll-
horn, welcher außer dem Gürtel unter der Brust noch
einen um die Hüften hat, kann unmöglich gehen, denn
dieser zweyte Gürtel ist offenbar über die Schenkel herab-
gerathen und schnürt sie zusammen. Dazu ist das kleine
Haupt der Figur außer Verhältnis zu der langen Gestalt.
Dann hat die Höre des Frühlings mit dem Kranze of-
fenbar keine weibliche rechte, ja überhaupt kaum eine rechte
Hüfte. Auch sind die Gewände meist schwer, besonders
in der Caritas: es ist dabep auf große und breite Mas-
sen abgesehen, was in der Sculptur fast unausbleiblich
steife und unförmige Flächen liefern muß, wenn jemand
nicht versteht, sie in langer Folge sich nebeneinander ent-
wickeln zu lassen, wie au der Niobe, oder der Pallas
von Velletri, sondern sie brechen und kreuzen muß. Den-
selben Fehler haben auch andre unsrer jungen Plasten,
und irren wir nicht, so entspringt er aus einer Verwech-
selung dessen, was in der Malere» unter gewissen Vor-
aussetzungen Wirkung thnt, mit dem, was die Sculptur
begehrt, welche vor allen daran denken mag, ihre Dra-
perien nach den besten Mustern zu erweichen und hinter
ihnen die lebendige Gestalt zu zeigen, wenn sie sich vom
Stein zum Leben erheben will. Auch dem Ausdruck der
Gesichter wünschten wir mehr Adel und Würde, zugleich
aber auch, daß dieser talentvolle junge Mann diesen mehr-
fachen Tadel nicht als aus unreinen Beweggründen ent-
sprungen ansehen möge. Gerade weil Schreiber dieses Auf-
satzes in ihm viel Anlage und Mittel wahrnimmt,
wünscht er ihn auf seine Richtung, die ihn, wenn er
sie fortdauernd verfolgt, höchst wahrscheinlich zur Manier
führt, aufmerksam zu machen, und ihn zu den besten
Antiken, die ihn hier wenigstens in Abgüssen, zum
Tbeil auch in der Glvvtothck in den Originalen um-
stehen, hin-und zurückzuweisen. Auch die alten Mei-
ster ahmten die Natur nach, und es kommt darauf
an zu verstehen, wie sie dieselbe verstanden d. h.
auffaßten und darstellten. Hier ist das ganze Geheimniß
der Sculptur. Wem hier das Verständniß aufgegangen
ist, der wird in seinen Werken nicht die älter« wider-
holen, aber ihr Geist wird in ihm lebendig geworden
sevn, und er wird die Natur gemäß denselben und wie
sie auffassen und darstellen.

Das zweyte Werk, an welchem Hr. Bändel jetzo thä-
tig ist, ist das Grabmonument des verstorbenen verdien-
ten Akademie-Direktors Langer, das in dem Garten
desselben zu Haidhausen ausgestellt werden soll. Haupt-
sächlich dieses Werk har mir von dem jungen Künstler -
eine sehr vortheilhafte Meynung beygebracht, indem es j

fast durchaus lobenswürdig angelegt ist. Es ist ein Re-
lief. Prometheus sitzend, als Menschenbildner hat vor sich
die modellirte Figur eines Jünglings stehen, dem er die
linke Hand auf das Haupt legt, während er im Begriff
ist ihn mit dem ätherischen Feuer zu durchströmen, wel-
ches er dem Himmel entwendet hat. Hinter ihm steht
Minerva, nach der sein Gesicht zurückgewandt ist. Sie
hält in der Hand -den Schmetterling als Symbol der
Seele nach dem neugebildeten Menschen hin. Auf der
andern Seite, dieser Gestalt im Rücken, ist die Gruppe
der drey Grazien, und im Hintergründe zeigt eine Säule
in Relief die ephesinische Diana als Symbol der Natur.
Die einzelne Theile der Gruppe sind wie die Zusammen-
ordnung lobenswürdig ; die großartige Gestalt des sitzen-
den Titanen, die schöne und verständige Behandlung der
Minerva und die anmuthige Verschlingung der Grazien
befriedigen in gleicher Weise. Nicht so der Gedanken,
aus dem das Werk hervorgegangen. Wie nämlich und
zu welchem Zwecke hat man alles dieses sammt dem
cphcsinischen Natursymbol hier zusammengebracht? Zweck
kann nur sepn, auf die besondere Art hinznweisen, wie
der Künstler, dessen geachtetes Andenken zu ehren das
Werk bestimmt ist, die Kunst angesehen, ihre Bedeutung
aufgefaßt und ihrer höheren Bestimmung treu zu arbeiten
und zu wirken gemeint bat. Seine Führerin ist die Na-
tur in ihrer ganzen Fülle, darum ist hier die Diana von
Ephesus. Was aber soll denn die Menschenbildung des
Prometheus? Gleich diesem Titanen schafft der Künstler
aus rohem Stoffe die Gestalt und haucht ihr göttlichen
Odem ein. Dadurch^bekommen wir eine Variation des-
selben Gedankens, donnerst die allgemeine Bildnerin, dann
der Menschenbildner ausdrückt. Ferner fragt es sich, nach
der Absicht, in welcher die Göttinnen der Huld ihm dabey
zur Seite sieben. Um alle Gaben, welche sie gewähren,
über sein Werk auszubreiten. Hat er jedoch, wie hier
die Fackel des ätherischen Feuers, aus ihr sprühend den
göttlichen Funken, um die Gestalt damit zu durchglühen,
so ist hier schon mit diesem Symbol göttlicher Natur in
menschlicher Gestalt ein Inbegriff aller höheren Gaben
dieser lezten vorhanden, und wie die Menschenbildnng
im Geiste des Prometheus eine Variation der Menschen-
bildung im Geiste der allschaffenden Natur war, so be-
kommen wir in der Gruppe der Huldgöttinnen als der
Spenderinnen aller höheren Gaben, eine Variation der
ätherischen Flamme, die ihrer Seits auch die menschliche
Natur mit der Fülle der göttlichen durchdrungen bat.
Dazu kommt noch die Minerva mit dem Schinet:erling.
Dieser ist, wie bekannt, Symbol der Seele, nicht des thicri-
schen Lebens, sondern des über die Tbierbeit hinansge-
henden, den Menschen zum Menschen machenden LedenS
in Empfindung und Liebe, aus deren Wärme und Innig-
keit wieder die Kunst und die Weisheit entsprossen: also
Register
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen