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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Schumann, Paul: Dreizehnter Tag für Denkmalpflege, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0015

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Dreizehnter Tag für Denkmalpflege

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Aufnahmen der hohlliegende Putz — bei größeren
Stücken — mit dünnem Mörtel hintergossen; kleine
lockere Teile werden abgeschlagen. Dann wird die
abgefallene Stelle nach gründlichem Reinigen und
Nässen des Untergrundes durch neuen Kalkmörtel-
putz ohne jede Beimischung von Zement, Gips usw.
ersetzt. Auf diesem werden die nötigen Ergän-
zungen in Freskotechnik gemalt. Ob die zerstörte
Malerei vollständig herzustellen ist, oder ob man nur
die durch ihre Helligkeit störenden neuen Verputz-
stellen abtönt, hängt von Fall zu Fall von dem künst-
lerischen Wert der alten Malerei ab. Bei rein deko-
rativen Malereien (Bauernhäusern, gemalten Fenster-
und Türumrahmungen) wird man in der Ergänzung
weitergehen dürfen als bei künstlerisch wertvollen
figürlichen Gemälden, die durch das Danebensetzen
neuer Malerei leicht entwertet werden. Bei gleich-
mäßig stark abgewitterter Malerei ist anzunehmen, daß
auch die ergänzten Teile bald wieder abwittern werden,
daß die Ergänzung daher nutzlos ist. Wenn aber
neben abgewitterten Teilen noch größere gut erhal-
tene Teile da sind (Rathaus in Bamberg), so ist eine
Restaurierung zu empfehlen, um die Malerei vor der
Gefahr des Überlünchtwerdens zu schützen. Da auf
altem, hartem Putz nicht in Fresko gemalt werden
kann, so muß eine Ersatztechnik angewendet werden:
Fresco secco, Käsefarben und Mineralfarben. Bei
Fresco secco bringt man an den verwitterten Stellen
(nach gründlicher Reinigung) einen kräftigen Anstrich
von Kalk und Sand an und malt rasch, solange er
noch naß ist, mit Kalk Wasserfarben die Ergänzungen
auf. Die Farben binden dann zugleich mit dem Er-
härten des Anstrichs, wie bei dem echten Fresko.
Hierbei kann naturgemäß nur in kleinen Stücken ge-
arbeitet werden. Diese Technik erfordert große Sicher-
heit und Übung, kommt aber dem echten Fresko am
nächsten. Die Käsefarben haben als Bindemittel Ka-
sein, das man selbst bereitet, indem man zu 20 Teilen
Topfen oder Quark etwa 1 Teil Kalk mengt. Die
honigdicke Flüssigkeit, die dabei entsteht, wird mit
Wasser verdünnt und den Erdfarben zugesetzt Diese
von den Alten vielgebrauchte Technik verdient größte
Beachtung, da sie richtig angewendet, sehr gute Er-
gebnisse hat. Die dritte Ersatztechnik, die Mineral-
farben (Keimsche Mineralfarben und Dülls Freskolith-
farben), beruht auf Wasserglasverbindungen und muß
streng nach den Vorschriften der betreffenden Firmen
gehandhabt werden. Unbedingt zu verwerfen ist jedes
»Einlassen« alter Fassadenmalereien; die Folge ist
immer das Trübwerden. Bei Mauerfraß müssen zu-
nächst die Ursachen der Durchfeuchtung sorgfältig
beseitigt werden (Dach- und Dachrinnendefekte; gegen
Bodenfeuchtigkeit: Lüftungsgräben und horizontale
Isolierung). Eine Härtung des mürbe gewordenen
Verputzes ist unmöglich: er muß also bis auf den
Stein abgeschlagen werden, sodann ist die Behand-
lung dieselbe wie bei der ersten Gruppe. Einen be-
sonderen Fall bilden Wiederherstellung und Kopie-
rung alter nicht mehr zu erhaltender Fassadenmalereien
auf ganz neuem Verputz, um die dekorative Gesamt-
wirkung zu retten. (Beispiele: Weberhaus, Schaur-

haus in Augsburg, Schimmelturm in Lauingen). Als
Schlußmahnung ergibt sich: alle Maßnahmen, die der
Erhaltung alter Fassadenmalerei dienen, sollen aufs
strengste dem Rat und der Aufsicht Fach- und Sach-
kundiger unterstellt werden, die an solchen Aufgaben
herangewachsen sind und sich bewährt haben. Es
wäre zu wünschen, daß unsere Architekten bei Neu-
bauten auf Freskoschmuck bedacht sind, damit der
jüngere Künstlernachwuchs Gelegenheit erhält, die
schöne Technik der Freskomalerei zu erlernen und
zu üben. Davon wird auch die Denkmalpflege Ge-
winn ziehen.

Weiter berichtete Geh. Oberbaurat Dr.-Ing.
Stübben - Berlin über das neue preußische
Wohnungsgesetz, das im preußischen Herrenhause
auf Widerspruch gestoßen ist, so daß auch Verbesse-
rungsvorschläge im Sinne der Denkmalpflege für die
erneute Beratung möglich sind. Es wurde demge-
mäß folgender Antrag Stübbens einstimmig ange-
nommen:

Der Tag für Denkmalpflege ersucht seinen geschäfts-
führenden Ausschuß, bei den preußischen gesetzgeben-
den Körperschaften dahin vorstellig zu werden, daß
in dem zur Verhandlung stehenden Wohnungsgesetz,
worin das Interesse des Denkmal- und Heimatschutzes
bereits in erfreulicher Weise berücksichtigt ist, noch
folgende Wünsche berücksichtigt werden:

a) Bei der Abänderung des § 11 des Fluchtlinien-
gesetzes möge das Recht der Polizeibehörde, die
Erlaubnis zum Um- und Ausbau von Gebäude-
teilen, welche die festgesetzte Fluchtlinie über-
schreiten, zu untersagen oder an Bedingungen
zu knüpfen, nicht beseitigt werden für solche
Gebäude, welche Denkmalwert besitzen.

b) Es möge für baupolizeiliche Anordnungen über
Verputzen, Anstreichen und Ausfugung von Bauten
ausdrücklich die Berücksichtigung des Denk-
mal- und Heimatschutzes vorgeschrieben werden.

c) Es möge der § 2 a im Abschnitt 5 in nachstehen-
der Weise gefaßt werden: »Bei der Aufstellung
und Anwendung der Vorschriften der Wohnungs-
ordnungen und die Ausübung der Wohnungsauf-
sicht ist, soweit nicht ein überwiegendes Interesse
der Gesundheit oder der Sittlichkeit entgegen-
steht, das Interesse des Denkmal- und Heimat-
schutzes zu berücksichtigen. In streitigen
Fällen sind Sachverständige zu hören.«

d) Die in dem Gesetze gegen Verunstaltung festge-
setzten Obliegenheiten und Befugnisse der Ge-
meinden sind aufrecht zu halten.

Schließlich berichtete Konservator Geh. Regierungs-
rat Prof. Dr. Haupt-Preetz über das neue dänische
Gesetz über den Schutz nicht kirchlicher Alter-
tümer. Da in diesem Blatte in Nr. 15 des laufenden Jahr-
gangs ein eigener Aufsatz von Prof. Haupt über dieses
sehr gute, leider noch nicht angenommene Gesetz ver-
öffentlicht worden ist, erübrigt sich ein erneuter Be-
richt darüber.

(Ein zweiter Aufsatz folgt im nächsten Hefte)
 
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