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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Hampe, Theodor: Die deutschen Medailleure des XVI. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0071

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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXIX. Jahrgang 1917/1918 Nr. 12. 21. Dezember 1917

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche um Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 10 Mark
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei cer Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Oewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A Seemann, Leipzig, Hospitalstr IIa.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei.. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

Die nächste Nummer erscheint am 4. Januar 1918

DIE DEUTSCHEN MEDAILLE
Zu Beginn dieses Jahrzehnts wurde der Direktor des
Kgl. Münzkabinetts in München, dem wir bereits die wert-
vollsten Einzeluntersuchungen zur Geschichte der deutschen
Renaissancemedaille verdanken, vom Deutschen Vereine
für Kunstwissenschaft mit der Herausgabe eines Korpus
der deutschen Schaumünzen des 16 Jahrhunderts beauftragt.
Leider verhindert? der Ausbruch des großen Krieges den
Abschluß der sofort auf das tatkräftigste begonnenen und
geförderten Arbeiten zu solchem Werk, und wenn diese
auch mit Eifer fortbeirieben werden, so ist doch die end-
gültige Gestaltung, Fertigstellung, Drucklegung des Korpus
vorerst in eine hoffentlich nicht allzu weite Ferne gerückt.1)
Da war es nun in der Tat ein vortrefflicher Gedanke so-
wohl des Leiters dieser Arbeiten, Georg Habichs, selbst
wie auch der Firma A. Riechmann 8t Co. in Halle, als eine
Art Provisorium die Ergebnisse der bisherigen Forschung
in bescheidenerer Aufmachung niederzulegen, damit darauf
weitergebaut werden könne und auch in Kritik und Gegen-
kritik das eigentliche Hauptwerk reife. Die vorläufige Zu-
sammenfassung liegt nun seit etwa Jahresfrist in dem oben
genannten Buche vor, und schon die ziffernmäßige Gegen-
überstellung des »Werks« vieler hier behandelten Medail-
leure mit der Summe ihres Schaffens, wie sie bei Erman,
Domanig und anderen Vorgängern erscheint, würde auf
das deutlichste lehren, welch gewaltigen Fortschritt die
Wissenschaft von der deutschen Medaille des 16. Jahr-
hunderts den gründlichen Forschungen und weiten Studien-
reisen Habichs bereits zu verdanken hat. So ist beispiels-
weise Hans Schwarz, von dem Erman 53 Medaillen
zusammengestellt hatte, bei Habich mit 135 Nummern
vertieten, ist das Werk Friedrich Hagenauers, dem ebenso
wie Hans Schwarz der Verfasser schon früher eingehende
Forschungen gewidmet hatte, in dem neuen Buche von 61
(bei Lrman) oder 171 (bei Habich 1907) auf 233 Stück
gebracht worden, figurieren die »unbekannten Augsburger
Holzschnitzer« (bei Erman), als deren fruchtbarster und be-
deutendster Christoph Weiditz in die Erscheinung getreten
ist, anstatt mit einigen 40 nunmehr mit etwa 100, der
Nürnberger Meister von 1525, 1526 und 1527, dem Erman
34 zugeschrieben hatte, bei Habich mit 54, Mathes Gebel,
dessen Werk durch die bisherige Forschung auf etwas
über 100 Nummern gebracht worden war, mit 273, der
Meister H. B. (Hans Bolsterer) mit 40 (Erman 16), Joachim
Deschler mit 93 (Ermä*n 27), H. W. (Hans Wild) mit 16
(Erman 3), M. S. mit 18 (Erman 12), der Monogrammist
S. B., von Habich nachgewiesen als identisch mit Domanigs
»Meister mit dem H«, mit 43 (bisherige Forschung: 11),
Valentin Maler mit etwa 190 (bisherige Forschung: etwa 60),
Matthäus Carl mit rund 50 (Erman 33), Tobias Wolf mit
120—130, bei Erman noch mit 52 Medaillen u. s. f. Manche

1) Die deutschen Medailleure des XVI. Jahrhunderts.

Von Georg Habich. Mit 12 Tafeln in Lichtdruck und
18 Textabbildungen. Halle a. d. Saale, Verlag der Miinz-
handlung A. Riechmann & Co. 1916.

RE DES XVI. JAHRHUNDERTS

Künstlerpersönlichkeiten sind entweder durch Habichs tief-
schürfende Arbeit erst wieder entdeckt oder durch die Zu-
sammenstellung ihres Werkes in ein neues oder helleres
Licht gerückt worden, so der »Meister der Beltzinger«, der
aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Ulmer Maler Martin
Schaffner identisch ist, so Hans Gellher, Konrad Schreck,
Balduin Drentwett und andere. Und überall ist das auf
gründlichster Beherrschung des Stoffes aufgebaute Buch
reich an scharfen Beobachtungen und wertvollen und feinen
Hinweisen.

Allerdings ist es namentlich bei jenen Mehrungen des
Werkes mancher Medailleure nicht ohne starke Eingriffe
in den bisher anderen Meistern zuerkannten Bestand ab-
gegangen. Vor allem ist Peter Flotners reicher Besitz,
wie ihn insbesondere Domanig diesem Künstler vindiziert
hatte, seit die vortreffliche Medaille auf Christoph und Katha-
rina Scheurl von 1533 urkundlich als eine Arbeit Mathes (Je-
bels nachgewiesen werden konnte, immer mehr abgebröckelt
und schließlich fast ganz in sich zusammengefallen. Seinen
ehemaligen Hauptbestand hat er wohl endgültig eben an
»Meister Mathes« abgeben müssen, der seit den zwanziger
Jahren des lö.Jahrhunderts der meistbeschäfligte Medailleur
in Nürnberg war. Ihm hat Habich wesentlich auf Grund
genauer Sulvergleichung auch manche Stücke zuschreiben
zu sollen geglaubt, die man bis dahin eher dem Meister
von 1525—1526, der wohl mit Ludwig Krug identifiziert
wurde, zu geben geneigt war. Ja der Verfasser geht noch
weiter und hält »die Möglichkeit für gegeben, daß die
ganze Gruppe von 1525/26 (und 1527) dem Gebel ange-
hört, daß wir in diesen guten Arbeilen lediglich eine Vor-
stufe, nämlich.das Frühwerk des Künstlers zu.erblicken
haben« (vgl. S. 76). Für Ludwig Krug möchte er lediglich
die meisterhafte Medaille auf Marquart Rosenberger vun
1525 sowie einige wenige sonstige Stücke (Maitin Luther
1524, Wilhelm Markgraf von Brandenburg 1525, Hans
Schenck 1525) in Anspruch nehmen.

Ich muß gestehen, daß mir diese Umgruppierung in
solchem Umfange zunächst starke Bedenken erregte. Die
Stilunterschiede innerhalb des Habichschen Gebelwerkes
schienen mir doch gar zu tiefgreifend, um dahinter nur
eine einzige Künstlerpersönhchkeit zu vermuten. Groß
sind insbesondere die Verschiedenheiten in Qualität und
Geschmack der Wappen- und emblemaiischen Darstellungen
(»Liberei«, mhd. hberie, nannte diese das frühe 16. Jahr-
hundert) auf den Rückseiten der meisten Bildnismedaillen
der ganzen Gruppe. Während die Wappen auf den späteren,
signierten Arbeiten Gebeis, z. B. auf den Medaillen des
Florian Griespeck oder des Johann van der Aa — beide
von 1543 — recht schematisch und schwunglos erscheinen,
ist die Heraldik auf den Medaillen des Clemens Volekamer
(1526;, Ulrich Stark (1527), Albrecht Scheurl (1527) u. a.
von wundervollster, rassiger Wirkung. Sehr wohl aber
könnten jene unbedeutenden und matten Wappendarstel-
lungen von den gleichfalls bereits den Geschmack der
Hochrenaissance verratenden auf den Medaillen auf Bern-
 
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