167
Literatur — Vermischtes — Berichtigung
168
LITERATUR
Wilhelm Ostwald, Die Farbenfibel Leipzig 1917, Verlag
Unesma
Dieses Büchlein brauchte eigentlich erst gar nicht emp-
fohlen zu werden, da es sich von selbst seinen Weg ge-
bahnt hat; denn seit Oktober 19)6, seinem ersten Erscheinen,
sind nicht nur die 1200 Exemplare der ersten Auflage Zug
um Zug verkauft worden, sondern es ist bereits zu Anfang
dieses Jahres eine zweite und dritte Auflage erschienen.
Wir begrüßen diesen Erfolg, da wir wünschten, daß diese
Farbenfibel ihren Platz neben jedem Rechen-und Lesebuche
erhielte. Unsere Farbenlehre ist mit diesem Werke auf eine
so sichere und klare Grundlage gestellt worden, daß wir uns
in allen Fragen, die sich auf die Farbe beziehen, eindeutig
und schnell verständigen können.
Die Ostwaldsche Farbenfibel ist erst die Einführung und
die systematische Begründung der neuen Farbenlehre, der
bereits angekündigte große Farbenatlas aber soll dann das
große Rüstzeug werden, mit dem ein jeder, welche künst-
lerischen oder wissenschaftlichen Beziehungen zur Farbe
er auch immer hat, arbeiten wird. Wir wollen hier nicht
prophezeien oder gar schon die neuen Wege in der Bild-
beschreibung weisen, die die Kunstwissenschaft vielleicht
betreten wird, wenn sie mit diesem neuen Hilfsmittel in
Berührung kommt. Vielmehr sollen nur ein paar Beispiele
aus den Erklärungen und dem Aufbau der Farbenfibel
zeigen, welche Anschauungs- und Darstellungsmöglichkeiten
uns diese neue Lehre bietet.
Die einzelnen Tatsachen an sich waren auch bisher nicht
unbekannt, aber die Ordnung ist es, die Erklärung und
Gruppierung, die uns die Welt der Farbe in einem reineren,
klareren Lichte zeigt, und wasdas Wichtigste ist, in einer Form,
mit der wir praktisch arbeiten können. Es sind neue, feste
Beziehungen zwischen Anschauung und Stoff hergestellt.
Für den Durchschnittsmenschen war früher seine Kenntnis
von der blauen Farbe z. B. damit e.schöpft, daß er ihre
Stellung im Spektrum, im Farbenkreisel und ihre Gegenfarbe
Orange kannte. Die Ostwaldsche Lehre aber bringt uns
nun in ein viel bestimmteres und doch wiederum viel mannig-
faltigeres Verhältnis zur Farbe. Die Farben werden in zwei
Klassen geteilt: in unbunte Farben (weiß, grau, schwarz)
und bunte Farben. Die unbunten Farben bilden eine stetige
eindimensionale Reihe mit den Endpunkten Schwarz und
Weiß. Zwischen beiden lassen sich alle grauen Farben so
einordnen, daß jede einen eindeutig bestimmten Platz zwi-
schen ihren Nachbarn erhält. Ostwald setzt nun diese Grau-
Reihe einer Zahlenreihe von 100 bis 1 gleich, in der 100 das
reinste Weiß und 1 das tiefste Schwarz bedeutet. Das beste
Zinkweiß hat nach seiner Tabelle die Helligkeit 95, während
das tiefste Schwarz eines Farbstoffes den Wert 4 besitzt.
Während man die unbunten Farben nur in einer Weise
verändern kann: man kann sie heller oder dunkler machen,
(eindimensionale Mannigfaltigkeit), läßt sich jede bunte
Farbe auf mehrfache Weise abändern: durch Änderung des
Farbtons, durch Zusetzen von Weiß und durchzusetzen von
Schwarz. Daher kann jede beliebige Farbe als aus reiner
Farbe, Weiß und Schwarz, bestehend angesehen werden;
eine weitere Veränderlichkeit ist nicht vorhanden. Die bunten
Farben bilden also eine dreidimensionale Mannigfaltigkeit.
Ähnlich wie die Grau-Reihe wird die Folge der bunten Farben
durch Zahlen von 00 bis 99 gekennzeichnet, die Ostwald
durch experimentelle Untersuchungen gefunden hat. Er teilt
den Farbenkreis in hundert Teile, deren Unterscheidung,
wenn sie benachbart sind, schon etwas schwierig ist. Darum
begnügt er sich für die Einführungmit einem vierundzwanzig-
teiligen, dessen einzelne Farben mit den zugehörigen Num-
mern man sich einprägen soll. Wenn man erst geübt ist
und überhaupt die Vorstellungsfähigkeit dazu besitzt, so
wird man, wie der Musiker aus den Noten, aus diesen
drei Zahlen 17, 50, 83 einen ganz eindeutig bestimmten
Farbenklang herauslesen können. Die ganz reinen Farben
sind durch eine einfache Kennzahl bestimmt. Da im all-
gemeinen aber die Farben mit Weiß und Schwarz gemischt
vorkommen, so mußte, um auch diese Farben eindeutig
zu bestimmen, die Kennzahl erweitert werden. Um gleich
ein Beispiel zu nennen, so bedeutet 06. 40. 38 eine gelb-
graue Farbe, deren Farbton 06 ist (eadmium hell etwa),
deren Weiß 40°/0 und deren Schwarz 38°/0 beträgt. Mit
Hilfe einer Farbengleichung r -|- w-f- s = 100, wo r den An-
teil an reiner Farbe, w den Anteil an Weiß und s den
an Schwarz bedeutet, läßt sich jede mögliche Auskunft
über die Zusammensetzung der Farbe geben. Auf unser
Beispiel angewandt, ergäbe es: r-f-40 + 38 = 100, also
r = 22, d. h. die Farbe enthält 22 Hundertstel reines Gelb.
In der Fibel selbst sind diese Ausführungen viel
leichter verständlich, da sie durch ausgezeichnete farbige
Beispiele begleitet sind. Es war hier auch nur der Zweck,
einmal die Art zu weisen, wie Ostwald die Dinge angreift
und durchführt. Der in Aussicht gestellte große Farben-
atlas, der die größten Verwendungsmöglichkeiten bieten
soll, wird erst entscheiden, was für uns an nutzbaren
Werten herausspringen wird. Der Anfang indessen, den
der Gelehrte mit der Farbenfibel gemacht hat, berechtigt
zu den größten Hoffnungen. nans wolff.
VERMISCHTES
Von Ludwig Richters »Lebenserinnerungen eines
deutschen Malers« erscheint im Einhorn-Verlag, Dachau
bei München, eine neue, reizvolle Ausgabe, die mit 112 Holz-
schnitten nach Richter geschmückt ist.
Der erste Band der von Wilhelm Stein herausgegebe-
nen Delacroix-Briefe ist soeben bei Benno Schwabe in
Basel erschienen. Er Umfaßt die Jahre 1813—1846.
Die Stadt Charlotten bürg hat 4000 M. zur Unter-
stützung der zum Heeresdienst eingezogenen Charlotten-
burger Künstler an den akademischen Kriegshilfsfonds über-
wiesen.
BERICHTIGUNG
Emil Lugos Sinfonia pastorale«, die auf S. 23 des
Oktoberheftes unserer Zeitschrift für bildende Kunst in dem
Aufsatz des Herrn Dr.J. A. Beringer über den Meister ab-
gebildet war, ist dort irrtümlich als Besitz des Herrn Profes-
sor Swarzenski in Frankfurt a. M. bezeichnet worden; wie
uns dieser mitteilt, hat er niemals dieses Bild besessen,
sondern es war bisher Eigentum von Frau Mössinger, die
es kürzlich dem Städelschen Institut gestiftet hat. Wir bitten
die Leser, die irrtümliche Angabe zu berichtigen.
Inhalt: Ist ein Kunstausfuhrverbot für Deutschland wünschenswert? Von Bode. — Ein neuer Tizian und andere Erwerbungen im Kaiser-Friedrich-
Museum zu Berlin. Von W. Kurth. — Hyazinth Holland t- — Personalien. — Erwerbung für die öffentliche Kunstsammlung in Basel. —
Oroße Berliner Kunstausstellung. — Wilhelm Ostwald, Die Farbenfibel. — Vermischtes. — Berichtigung.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., G.m.b.H., Leipzig
Literatur — Vermischtes — Berichtigung
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LITERATUR
Wilhelm Ostwald, Die Farbenfibel Leipzig 1917, Verlag
Unesma
Dieses Büchlein brauchte eigentlich erst gar nicht emp-
fohlen zu werden, da es sich von selbst seinen Weg ge-
bahnt hat; denn seit Oktober 19)6, seinem ersten Erscheinen,
sind nicht nur die 1200 Exemplare der ersten Auflage Zug
um Zug verkauft worden, sondern es ist bereits zu Anfang
dieses Jahres eine zweite und dritte Auflage erschienen.
Wir begrüßen diesen Erfolg, da wir wünschten, daß diese
Farbenfibel ihren Platz neben jedem Rechen-und Lesebuche
erhielte. Unsere Farbenlehre ist mit diesem Werke auf eine
so sichere und klare Grundlage gestellt worden, daß wir uns
in allen Fragen, die sich auf die Farbe beziehen, eindeutig
und schnell verständigen können.
Die Ostwaldsche Farbenfibel ist erst die Einführung und
die systematische Begründung der neuen Farbenlehre, der
bereits angekündigte große Farbenatlas aber soll dann das
große Rüstzeug werden, mit dem ein jeder, welche künst-
lerischen oder wissenschaftlichen Beziehungen zur Farbe
er auch immer hat, arbeiten wird. Wir wollen hier nicht
prophezeien oder gar schon die neuen Wege in der Bild-
beschreibung weisen, die die Kunstwissenschaft vielleicht
betreten wird, wenn sie mit diesem neuen Hilfsmittel in
Berührung kommt. Vielmehr sollen nur ein paar Beispiele
aus den Erklärungen und dem Aufbau der Farbenfibel
zeigen, welche Anschauungs- und Darstellungsmöglichkeiten
uns diese neue Lehre bietet.
Die einzelnen Tatsachen an sich waren auch bisher nicht
unbekannt, aber die Ordnung ist es, die Erklärung und
Gruppierung, die uns die Welt der Farbe in einem reineren,
klareren Lichte zeigt, und wasdas Wichtigste ist, in einer Form,
mit der wir praktisch arbeiten können. Es sind neue, feste
Beziehungen zwischen Anschauung und Stoff hergestellt.
Für den Durchschnittsmenschen war früher seine Kenntnis
von der blauen Farbe z. B. damit e.schöpft, daß er ihre
Stellung im Spektrum, im Farbenkreisel und ihre Gegenfarbe
Orange kannte. Die Ostwaldsche Lehre aber bringt uns
nun in ein viel bestimmteres und doch wiederum viel mannig-
faltigeres Verhältnis zur Farbe. Die Farben werden in zwei
Klassen geteilt: in unbunte Farben (weiß, grau, schwarz)
und bunte Farben. Die unbunten Farben bilden eine stetige
eindimensionale Reihe mit den Endpunkten Schwarz und
Weiß. Zwischen beiden lassen sich alle grauen Farben so
einordnen, daß jede einen eindeutig bestimmten Platz zwi-
schen ihren Nachbarn erhält. Ostwald setzt nun diese Grau-
Reihe einer Zahlenreihe von 100 bis 1 gleich, in der 100 das
reinste Weiß und 1 das tiefste Schwarz bedeutet. Das beste
Zinkweiß hat nach seiner Tabelle die Helligkeit 95, während
das tiefste Schwarz eines Farbstoffes den Wert 4 besitzt.
Während man die unbunten Farben nur in einer Weise
verändern kann: man kann sie heller oder dunkler machen,
(eindimensionale Mannigfaltigkeit), läßt sich jede bunte
Farbe auf mehrfache Weise abändern: durch Änderung des
Farbtons, durch Zusetzen von Weiß und durchzusetzen von
Schwarz. Daher kann jede beliebige Farbe als aus reiner
Farbe, Weiß und Schwarz, bestehend angesehen werden;
eine weitere Veränderlichkeit ist nicht vorhanden. Die bunten
Farben bilden also eine dreidimensionale Mannigfaltigkeit.
Ähnlich wie die Grau-Reihe wird die Folge der bunten Farben
durch Zahlen von 00 bis 99 gekennzeichnet, die Ostwald
durch experimentelle Untersuchungen gefunden hat. Er teilt
den Farbenkreis in hundert Teile, deren Unterscheidung,
wenn sie benachbart sind, schon etwas schwierig ist. Darum
begnügt er sich für die Einführungmit einem vierundzwanzig-
teiligen, dessen einzelne Farben mit den zugehörigen Num-
mern man sich einprägen soll. Wenn man erst geübt ist
und überhaupt die Vorstellungsfähigkeit dazu besitzt, so
wird man, wie der Musiker aus den Noten, aus diesen
drei Zahlen 17, 50, 83 einen ganz eindeutig bestimmten
Farbenklang herauslesen können. Die ganz reinen Farben
sind durch eine einfache Kennzahl bestimmt. Da im all-
gemeinen aber die Farben mit Weiß und Schwarz gemischt
vorkommen, so mußte, um auch diese Farben eindeutig
zu bestimmen, die Kennzahl erweitert werden. Um gleich
ein Beispiel zu nennen, so bedeutet 06. 40. 38 eine gelb-
graue Farbe, deren Farbton 06 ist (eadmium hell etwa),
deren Weiß 40°/0 und deren Schwarz 38°/0 beträgt. Mit
Hilfe einer Farbengleichung r -|- w-f- s = 100, wo r den An-
teil an reiner Farbe, w den Anteil an Weiß und s den
an Schwarz bedeutet, läßt sich jede mögliche Auskunft
über die Zusammensetzung der Farbe geben. Auf unser
Beispiel angewandt, ergäbe es: r-f-40 + 38 = 100, also
r = 22, d. h. die Farbe enthält 22 Hundertstel reines Gelb.
In der Fibel selbst sind diese Ausführungen viel
leichter verständlich, da sie durch ausgezeichnete farbige
Beispiele begleitet sind. Es war hier auch nur der Zweck,
einmal die Art zu weisen, wie Ostwald die Dinge angreift
und durchführt. Der in Aussicht gestellte große Farben-
atlas, der die größten Verwendungsmöglichkeiten bieten
soll, wird erst entscheiden, was für uns an nutzbaren
Werten herausspringen wird. Der Anfang indessen, den
der Gelehrte mit der Farbenfibel gemacht hat, berechtigt
zu den größten Hoffnungen. nans wolff.
VERMISCHTES
Von Ludwig Richters »Lebenserinnerungen eines
deutschen Malers« erscheint im Einhorn-Verlag, Dachau
bei München, eine neue, reizvolle Ausgabe, die mit 112 Holz-
schnitten nach Richter geschmückt ist.
Der erste Band der von Wilhelm Stein herausgegebe-
nen Delacroix-Briefe ist soeben bei Benno Schwabe in
Basel erschienen. Er Umfaßt die Jahre 1813—1846.
Die Stadt Charlotten bürg hat 4000 M. zur Unter-
stützung der zum Heeresdienst eingezogenen Charlotten-
burger Künstler an den akademischen Kriegshilfsfonds über-
wiesen.
BERICHTIGUNG
Emil Lugos Sinfonia pastorale«, die auf S. 23 des
Oktoberheftes unserer Zeitschrift für bildende Kunst in dem
Aufsatz des Herrn Dr.J. A. Beringer über den Meister ab-
gebildet war, ist dort irrtümlich als Besitz des Herrn Profes-
sor Swarzenski in Frankfurt a. M. bezeichnet worden; wie
uns dieser mitteilt, hat er niemals dieses Bild besessen,
sondern es war bisher Eigentum von Frau Mössinger, die
es kürzlich dem Städelschen Institut gestiftet hat. Wir bitten
die Leser, die irrtümliche Angabe zu berichtigen.
Inhalt: Ist ein Kunstausfuhrverbot für Deutschland wünschenswert? Von Bode. — Ein neuer Tizian und andere Erwerbungen im Kaiser-Friedrich-
Museum zu Berlin. Von W. Kurth. — Hyazinth Holland t- — Personalien. — Erwerbung für die öffentliche Kunstsammlung in Basel. —
Oroße Berliner Kunstausstellung. — Wilhelm Ostwald, Die Farbenfibel. — Vermischtes. — Berichtigung.
Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., G.m.b.H., Leipzig