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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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175

Personalien — Funde

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PERSONALIEN

Professor Friedrich Kallmorgen hat sein Berliner
Lehramt niedergelegt und beabsichtigt sich in Heidelberg
anzusiedeln. Das Berliner Kunstleben verliert in dem
Künstler eine auf vielen Gebieten mit großem Erfolg
tätige Persönlichkeit. Kallniorgens Kunst ist ja allgemein
bekannt und geschätzt, und es steht zu hoffen, daß der
Ortswechsel kein Fernbleiben von den Berliner Ausstel-
lungen veranlassen wird. Als Lehrer indessen reißt sein
Scheiden eine fühlbare Lücke. Er war beliebt und gesucht,
wovon ein junger, mit keiner Einseitigkeit behafteter Nach-
wuchs das beste Zeugnis ablegt. Ebenso als Vertreter der
Künstlerschaft und als Ausstellungsleiter hat er sich viele
Verdienste erworben, die die Erinnerung an den Menschen
und Künstler wachhalten werden.

Der Architekt und Archäologe Prof. Dr. Wilhelm
Dörpfeld und der Geh. Hofrat Dr. G. Bestelmeyer, Vor-
steher eines Meisterateliers für Architektur an der Berliner
Hochschule, sind zu außerordentlichen Mitgliedern der
Akademie des Bauwesens ernannt worden.

Den Professortitel haben erhalten: Der Berliner Ge-
schichts- und Bildnismaler Wilhelm Pape, die Lehrer an
der Königlichen Kunstschule in Berlin, Architekt Max Arnold
und Maler Ferdinand Morawe.

FUNDE

Auf ein neuentdecktes Bildnis erzgebirgischer
Malerkunst des 16. Jahrhunderts, das in Fachkreisen
die ihm gebührende Beachtung bisher nicht gefunden hat,
sei hier kurz hingewiesen. Während der reiche Altar-
schmuck der Marienkirche zu Neustädtel bei Schneeberg,
von dem man annimmt, daß er auf den Schneeberger
Künstler Johann Kaspar Hahnel zurückgehe (Chr. Meitzer,
Chronik Schneebergs, Ausgabe von 1716, Seite 638), in
R. Steches Beschreibung der Kunstdenktnäler der Amts-
hauptmannschaft Schwarzenberg. Dresden 1887. S. 24—26
ausführlich gewürdigt worden ist, — über Schneeberger
Künstlerarbeiten siehe auch A. Dost in Festschrift zum
Heimatfest Schneeberg 1913, S.9 — fehlt es an Beschreibung
eines in der Sakristei anzutreffenden, in kleinen Dimen-
sionen gehaltenen Gemäldes weit älteren Ursprungs. Es
ist freilich auch erst vor zehn Jahren bei einer Reparatur
der Marienkirche entdeckt worden. 1875 beim allgemeinen
Umbau der Kirche war es übersehen worden, indem es
übertüncht bei den Kirchenständen der Hauptwand des
Altars sich befunden hatte. Es ist die Darstellung einer
biblischen Szene aus Lukas, Kapitel 23, und es wäre zu
vermuten, daß Martin Krodel, der aus Ungarn nach Schnee-
berg gekommene Maler, dem eine größere Anzahl von
Kunstschöpfungen in der Gegend der Nordketten des Erz-
gebirges verdankt wird, und der als Schüler des Lukas
Cranach bezeichnet wird (Meitzer a. a. O., S. 87, 639), es
verfertigt haben kann, doch stehen die näheren Nachweise
aus. Nur ein Anhaltspunkt unmittelbarer Datierung ist
gegeben: der obere Teil des Rahmens, über den Gestalten
der Häscher, die den Inkulpaten vor den in voller Amts-
tracht auf einer Tribüne dasitzenden Richter zerren, ist
überschrieben: Andreas Schiibach. Dieser, einer alten Neu-
städteler Fundgrübnerfamilie angehörig, wird der Inhaber
des Kirchenstands gewesen sein, dem im 16. Jahrhundert
das Bild als Hintergrund diente. Es liegen auch Notizen
genealogischer Art in einer gewissen Anzahl über Andreas
Schiibach vor. Im Kirchenregisler (Traumatrikel, mit 1550
beginnend) zu U. L. F. ist zum Jahre 1570 angemerkt:
»26. Novembris 1570 [aufgeboten] Andres Schilpach, Sibilla,
ein gelasene [d. i. hinterbliebene] Tochter Valten Glasers

gottseligen, nuptiae 10. Decembris 1570.« Kein Zweifel,
daß Schiibach und seine Verwandten — ein Hans Schil-
pach ehelichte schon 1556 zu Neustädtel Barbara Anders,
Tochter des Paul Anders — auch die Kosten für das Ver-
fertigen des Gemäldes getragen haben, und es der Kirche
zur Erinnerung an jene Zeit der Blüte des Bergbaues im
Erzgebirge gestiftet haben. Im übrigen sind die spezielleren
Altertümlichkeiten der Kirche, von denen Steche a. a. O.
S. 24—26 sagt, daß sie auf dem »Kirchboden« aufbewahrt
wurden, und die zum Teil auf die katholische Zeit (vor 1539)
sich beziehen, neuestens dem vor acht Jahren eingerichteten
Neustädteier Heimatmuseum (in der sogenannten Petzold-
scheune, Oartenstraße Nr. 220, Vorstand Herr Kurt Dietz-
mann), einer Gründung des Bergbauvereins »Glück auf«,
überwiesen worden. Hier trifft man auch ein Gemälde
anderer Provenienz aus Neustädtel an, das den jugend-
lichen Luther (etwa zwölfjährig) im Kreis der Seinigen,
der gestrenge Vater in Bergmannstracht im Hintergrund
stellend, — und alles in satten Farben ausgeführt, darstellt.

Die erzgebirgische Bildhauerfamilie Petzoldt.

Anschließend an die Notiz über den Neustädteier Kunstfund
des 16. Jahrh. seien noch einige Daten hier mitgeteilt über
die Schneeberger Familie Petzoldt, deren Angehörige, gleich
dem a. a. O. genannten Johann Kaspar Hahnel1), hervor-
ragend mitgewirkt haben an der künstlerischen Ausschmük-
kung von Kirchen der erzgebirgischen Gegend. Am be-
kanntesten ist Andreas Petzoldt. Geboren in Schneeberg,
wirkte er lange in Ungarn (Meitzer S. 135, 638; Steche
S. 11, 54 57), kehrte dann in sein Vaterland zurück und
ist zu Schneeberg am 13. Februar 1703 gestorben, indem
laut Kirchenregister der Diakonus Magister Ch. A. Bürger
die Leichenpredigt hielt. Steche a. a. O., und ihm folgend
A. Dost2) nennen ihn Betzold, was unzutreffend erscheint.
Schon ein aus dieser Familie 1595 nachweisbarer Schnee-
berger Bergmeister Wolfgang (Meitzer, Ausgabe von 1864,
S. 156) schrieb sich Petzolt, nicht etwa Betzold. Auch der,,,
Großvater des um 1712 als Verfertiger der Bildschnitz-
plastik am kurfürstlichen Stuhl in der Wolfgangskirche zu
Schneeberg, gegenüber dem Altar, hervorgetretenen Johann
(vgl. Meitzer S. 99, 638-639 und Steche S. 50) schrieb
sich Petzolt. Der im Jahre 1650 erfolgte Tod dieses in
dem Kunstfach zuerst zu Ansehen gelangten Angehörigen
der Familie Petzoldt wurde Anlaß zu einer Erbausein-
andersetzung zwischen seinen vier Söhnen über das im
Kirchviertel zu Schneeberg gelegene Wohnhaus. Sie ver-
kauften es samt angrenzender Baustätte und Gärtlein am
25. Januar 1651 für 130 Gulden an einen Verwandten, den
Steiger und Bergmann auf der damals sehr ertragreichen
Quergeschick-Fundgrube des benachbarten Neustädtel,
Christoph Schönfeider. Hans Petzolt wird in der Erb-
einigungsurkunde Bürger und Bildschnitzer genannt. Jo-
hann Petzoldt, als der talentvolle Nachfolger seines Vaters,
hat acht Jahre später dann Veranlassung genommen, eigen-
händig über die damals eingetretene Restzahlung des von
Ch. Schönfelder ausbedungenen Kaufgelds sich, wie folgt,
zu äußern:

»Ich Endes genander bekenne mit dieser meiner Hant-
schrifft, daß ich von meinem Schwager Christoff Schön-
felter wegen des Geltes, welches ich an meines Vaters
seeligen Hauses nach zu fortern gehabt, richtig bezahlt

1) Hahnel war aus Crimmitschau gebürtig und starb
am 16. Mai 1716 zu Schneeberg: Meitzer a. a. O. Seite
91 und 1520.

2) A. Dost in Festschrift zum Heimatfest Schneeberg.
Schneeberg 1913. Seite 9. Vgl. auch F. Blanckmeister,
Sachsenspiegel, ein Volksbuch. 3. Auflage. Dresden 1913.
Seite 60—61.
 
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