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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0124

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223 Sammlungen — Forschungen — Funde — Vereine — Vermischtes — Literatur 224

SAMMLUNGEN
Neuerwerbungen der Berliner Nationalgalerie.

Mit erfreulichem Eifer erweitert die Nationalgalerie ihren
Besitz an zeitgenössischer Kunst. Von Dora Hitz ist eine
»Kirschenernte« der Sammlung als Geschenk zugefallen.
Von Konrad von Kardorff wurde eines seiner besten Bild-
nisse, das seines Vaters, des Abgeordneten Wilhelm von
Kardorff erworben, von Leo von König das »Bohemecafe«.
Von dem durch den Krieg dahingerafften Waldemar Rösler
wurde eine sehr charakteristische Landschaft und von Max
Sievogt ein »Trabrennen« und eine »Vogesenlandschaft«
angekauft. An Bildhauerwerken erwarb die Nationalgalerie
zwei lebensgroße Bronzen von Professor August Kraus
und von Professor Louis Tuaillon die Umarbeitungen der
Standbilder auf der Kölner Rheinbrücke, der Reiterfiguren
Kaiser Friedrichs III. und Kaiser Wilhelms II.

Die Vereinigung Züricher Kunstfreunde hat Böcklins
»VenusOenetrix« erworben unddasOemäldedemZüricher
Kunsthause zur Ausstellung überwiesen.

FORSCHUNGEN
Die »Venus mit dem Orgelspieler« von Tizian im

Kaiser-Friedrich-Museum. Im Februarheft der Amtlichen
Berichte aus den königlichen Kunstsammlungen erstattet
W. von Bode nunmehr Bericht über die neue Tizian-
erwerbung. In einer einleitenden Besprechung legt er mit
größter Wahrscheinlichkeit dar, daß das Uffizienbild, die
Venus ohne den Orgelspieler, wohl das 1548 an Kaiser
Karl V. nach Augsburg gesandte Gemälde gewesen sein
muß. Aus der Umgebung des Kaisers ist dann der Wunsch
laut geworden, von dem Bilde eine Wiederholung zu be-
sitzen, und auf diese Weise sind dann die verschiedenen
Varianten mit dem Orgelspieler — den wenig glücklichen
Gedanken mit dem Orgelspieler führt Bode auf den Wunsch
der Besteller zurück — entstanden.

Die Vergangenheit des neuen Berliner Bildes ist leider
noch in Dunkel gehüllt. Eine stilistische Vergleichung mit
den beiden Madrider Bildern und der Uffizien-Venus fällt
nicht zu Ungunsten der Berliner Venus aus. Ganz besondere
sogar muß die glücklichere Lösung der Situation und der
größere Reichtum der Farben und der landschaftlichen
Schönheit hervorgehoben werden. Aus diesen Gründen
kommt W. von Bode zu dem Ergebnis, daß wir es mit
dieser neuen Erwerbung mit einem eigenhändigen Werk
Tizians zuiStün haben.

FUNDE

In der Sitzung des Vereins von Altertumsfreunden im
Rheinlande vom 17. Februar machte Geheimrat Marx in
Bonn von einem'neuen und wichtigen Fund Mitteilung.
Der Vortragende erklärte ein in der Gegend der Mündung
der Mosel gefundenes Bildwerk aus Marmor, das die große
Göttin von Pessinus aus dem Lande der keltischen Galater
darstellt, von ihrem Löwen begleitet. Die Rückseite zeigt
das bärtige Haupt ^vermutlich eines besiegten Germanen,
unter dem sich die keltische Weihe-Inschrift des keltischen
Siegers in griechischen Buchstaben, etwa des ersten Jahr-
hunderts n. Chr.,'befindet. Die Inschrift wurde^gedeutet:
»Kasios des Ansankatnos Sohn, der Oberst, der Großen
Göttin.« Das Bildwerk ist deshalb von besonderer Bedeu-
tung, weil es die erste keltische Inschrift enthält, die bis
jetzt in dem Lande der Mosel gefunden ist.

VEREINE

Der Badische Kunstverein zu Karlsruhe, einer
der ältesten seiner Art, begeht im Februar 1918 die Jahr-
hundertfeier seines Bestehens. Geheimrat Dr. Obser hat
dem Jahrhundertkind in der »Pyramide« einen äußerst
lesenswerten Geburtsführungsschein für die Zeit seiner
ersten 25 Lebensjahre geschrieben. Zuerst nur ein Pflege-
kind eines künstlerisch gerichteten Zweiges der gesell-
schaftlich und literarisch orientierten Müseumsgesellschaft,
hatte der »Verein für bildende Künste« von Anfang an
der Schutzherrschaft des Großh. Hauses sich zu erfreuen,
die ihm bis heute erhalten blieb. Eine Reihe von badischen
Künstlern, deren Namen und Werke verzeichnet werden,
gehörten dem jungen Vereine an, der sich 1821 in einen
Badischen Kunst- und Industrieverein umwandelte, aber
schon 1832 sich wieder zum Badischen Kunstverein läuterte,
als welcher er heute noch im eigenen zu Anfang unseres
Jahrhunderls von Großherzog Friedrich I. gestiftetem Heim
besteht. b,

VERMISCHTES

Der gesamte handschriftliche Nachlaß Jakob Burck-
hardts, der 110 Bände umfaßt, ist jetzt vom Staatsarchiv
in Basel erworben worden.

LITERATUR

Fritz Burger, Cezanne und Hodler. Einführung in die
Probleme der Malerei der Gegenwart. Mit 195 Abbildungen,
2. Auflage. 1918, Delphin-Verlag, München.

Die neue Auflage des Burgerschen Werkes übermoderne
Kunst unterscheidet sich vorteilhaft von der ersten durch
eine Klärung und Vereinfachung des Textes, die der Heraus-
geber W. Dexel, ein Schüler des gefallenen Autors, besorgt
hat. Fast hätte man gewünscht, daß das Buch in eine
gedrängtere Form gebracht worden wäre, das heißt, daß man
von der Würdigung kleinerer moderner Künstler abgesehen
hätte. Denn ganz zu schweigen von dem Problematischen
in der Besprechung dieser Künstler, wo das Wesentliche
häufig gar nicht gesagt ist, gibt es schmerzhafte Ver-
gleiche und Zusammenstellungen, wie etwa die Gegen-
überstellung von Millet und Genin. Man hat sich jedoch
wohl schon aus Pietät vor dem verstorbenen Autor gescheut,
solch einschneidende Veränderungen vorzunehmen. Ver-
besserungen und Ergänzungen sind in dankenswerter Weise
in dem Abbildungsband durchgeführt worden. a. l. m.

Honore" Daumier, Holzschnitte. 1833—1870. Heraus-
gegeben von Eduard Fuchs. Mit 522 Illustrationen.
Verlag Albert Langen.
Eduard Fuchs unternimmt es hier, die weitaus größere
Hälfte der Daumierschen Holzschnitte in einem Band ver-
einigt vorzuführen. Da der Verlag jedmögliche Sorgfalt
auf eine gute Wiedergabe verwendet hat, Fuchs als aus-
gezeichneter Kenner eine einwandfreie Auswahl getroffen
und dem Ganzen ein sehr lesenswertes Vorwort über
Daumiers Kunst und die Bedingungen, aus der sie erwuchs,
vorangestellt hat, ist etwas sehr Gutes zustande gekommen,
und man möchte wünschen, daß die in Aussicht gestellten
drei weiteren Bände mit einer Auswahl des lithographischen
Lebenswerkes bald nachfolgen. a. l. m.

Inhalt: Oustav Klimt t- Von Hans Tietze. — Dr. Hermann Board f; Franz Simm f. — Personalien. — Ein neues Kunstausstellungsgebäude in
München. Geplante Ausstellung in Berlin. — Neuerwerbungen der Berliner Nationalgalerie. Böcklins »Venus Oenetrix«. — Die »Venus
I mit dem Orgelspieler« von Tizian. — Ein neuer wichtiger Fund. — Der Badische Kunstverein zu Karlsruhe. — Der handschriftliche Nach-
laß Jakob Burckhardts. — Fritz Burger, Cezanne und Hodler. Honore Daumier, Holzschnitte.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., G.m.b.H., Leipzig
 
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