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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Auktionsgesetze
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0225

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Auktionsgesetze

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Ein anderer Einwand aber, der gegen die Kunst-
versteigerungen derKunsthändler erhoben werden könnte,
ist durchaus nicht abzusehen, wenn man nicht etwa
der Ansicht ist, daß Sachverständnis eine Gefahr be-
deutet, und daß man das unverständige Publikum gegen
die Möglichkeit der Übervorteilung durch Leute, die
ihr Geschäft verstehen, schützen muß. Aber ein klarer
Gedankengang lag wohl überhaupt den geplanten Ver-
ordnungen nicht zugrunde, sondern vermutlich nicht
mehr als eine vage Vorstellung von dem mit vielen
Sicherungsvorschriften umgebenen und staatlich ge-
regelten Auktionswesen in Frankreich. Aber abgesehen
davon, daß alle diese Gesetzesparagraphen auch in
PariserVersteigerungen keineswegs alle dunklen Machen-
schaften fernzuhalten imstande sind und am aller-
wenigsten die angeblich übertriebene Preisbildung zu
beeinflussen imstande wären, über die sich die Öffent-
lichkeit mit Recht oder Unrecht erregte, ist das Auk-
tionswesen in Berlin lange nicht umfangreich genug,
um einen so komplizierten Apparat von Menschen und
Kapital, der zu ihm gehört, zu rechtfertigen und auf
die Dauer erhalten zu können. Die natürliche Ent-
wicklung der Dinge hat nun einmal in Deutschland
einen anderen Verlauf genommen. Seit vielen Jahren
hat eine Reihe der ältesten und angesehensten Fir-
men des Kunsthandels in ziemlich weiten Zeitabständen
sich gelegentlich mit Versteigerungen befaßt, ohne daß
jemals Grund zu irgendeiner Klage gewesen wäre.
Im Gegenteil, diese Versteigerungen waren von Mu-
seumsleuten, Sammlern und Händlern immer gern be-
sucht und waren die hervorragendsten Kaufgelegen-
heiten. Wir erinnern nur an die Auktionen von Gute-
kunst in Stuttgart, Prestel in Frankfurt a. M., Boerner
in Leipzig, Amsler und Ruthardt oder Henrici in Berlin,
Emil Hirsch in München. Auch Helbing, der die großen
Versteigerungen in München leitete, ist zugleich Inhaber
einer Kunsthandlung. Soll wirklich allen diesen und
manchen anderen noch durch einen einzigen Federstrich
das Handwerk gelegt werden? Und warum?

Man kennt den letzten Grund dieses Treibens,
das aus den erregten Diskussionen der Presse über
die großen Versteigerungen von Paul Cassirer und
Helbing in Berlin hervorgegangen zu sein scheint.
Gewiß sind manche unerfreuliche Erscheinungen in
dem Kunsthandel der letzten Jahre zu verzeichnen.
Aber sie stehen in Zusammenhang mit den allge-
meinen Verhältnissen der Kriegszeit überhaupt, und
sie werden nicht durch Verordnungen aus der Welt
geschafft. Am wenigsten durch Verordnungen, die nicht
einmal den Versuch machen, das Übel an der Wurzel
zu treffen, sondern mit blinden Verboten wirtschaften.

Ob die Sammlung Kaufmann bei Cassirer oder bei
Lepke versteigert wurde, hätte für das Ergebnis keinen
Unterschied bedeutet. Die Bilder der Sammlung Oppen-
heim wurden ja nicht niedriger bewertet. Für den Käufer
ist also auf diesem Wege eine Änderung seiner Lage
nicht zu erwarten. Deshalb erheben wir Protest gegen
eine Gesetzmacherei, die den Anschein gibt, als wären
dadurch die wirklich bestehenden Schäden beseitigt; die
aber schließlich nur wenig nützt und viel schadet.

Die von der preußischen Regierung geplanten
und von ihr auch den anderen Bundesstaaten vorge-
schlagenen Bestimmungen lauten:

1. Versteigerer von Kunstgegenständen und Anti-
quitäten dürfen sich an dem Vertrieb von Kunst-
gegenständen und Antiquitäten weder als Kaufmann
noch als Gesellschafter oder Aktionär beteiligen,
auch Kunstausstellungen weder leiten noch ein-
richten. Ist der Versteigerer eine Handelsgesell-
schaft oder eine G. m. b. H., so gilt dieses Verbot
für jeden Gesellschafter.

2. Der Versteigerer darf Personen, von denen er weiß
oder den Umständen nach wissen muß, daß sie
gewerbsmäßig im Auftrag Dritter Gegenstände er-
steigern, Vergütungen oder andere Vorteile weder
versprechen noch gewähren.

3. Der Versteigerer darf die Kaufgelder nur mit aus-
drücklicher Ermächtigung des Auftraggebers stunden.
Er darf auf die Kaufgelder dem Auftraggeber keine
Vorschüsse gewähren, die Kaufgelderforderung nicht
durch Abtretung an sich bringen, auch keine Ge-
währ für das Ergebnis der Versteigerung oder für
den Eingang der Kaufgelder übernehmen und sich
überhaupt nicht an den Geschäften beteiligen.

4. Die Polizeibehörden und ihre Organe können von
dem Geschäftsbetriebe der Versteigerer Kenntnis
nehmen, zu diesem Zwecke die für den Gewerbe-
betrieb bestimmten Räume jederzeit betreten und
dort die Geschäftsbücher, das Sammelheft und die
Niederschrift über die Versteigerung einsehen. Sie
können auch verlangen, daß diese Bücher und
Schriftstücke im Dienstraume der Polizeibehörde
vorgelegt werden und daß ihnen über den Ge-
schäftsbetrieb und den Eigentümer der zu ver-
steigernden Gegenstände wahrheitsgemäße Auskunft
erteilt wird.

5. Verschleierte oder auf die Täuschung des Publikums
berechnete Angaben sind verboten.

6. a) Die Versteigerung ist nur mit Genehmigung

der Dienststelle für Versteigerungen (in Preußen
beim Polizeipräsidenten von Berlin) gestattet.
Wird die Genehmigung verweigert, so sind die
Gründe anzugeben. Die Entscheidung der
Dienststelle ist endgültig.

b) Der Antrag auf Genehmigung ist bei der Orts-
polizeibehörde zu stellen; diese hat ihn an die
Dienststelle weiterzugeben. Dem Antrag ist ein
vom Versteigerer unterschriebenes Verzeichnis
der für die Versteigerung bestimmten Gegen-
stände beizufügen; in diesem sind die Gegen-
stände unter fortlaufenden Zahlen aufzuführen.

Für jede Versteigerung ist ein Katalog an-
zufertigen; dieser darf Abweichungen von dem
genehmigten Verzeichnis nur mit Zustimmung
der Dienststelle enthalten. Auf der Vorderseite
des Katalogs ist die Genehmigung zu vermerken.

c) Die Bekanntmachung darf erst nach Erteilung
der Genehmigung bewirkt werden.
 
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