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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0248

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Ausstellungen — Nekrologe — Personalien

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zeichnet ist, befand sich auch früher im Besitze der Firma
Fred. Muller und wurde von ihr, wie so manches andere
Werk, an den bekannten amerikanischen Sammler Johnson
verkauft; die Abmessungen sind 88X73. Eine glänzende
Probe von Jan Steens sinnen- und farbenfroher Kunst ist
die große, aus 40 Personen bestehende Hochzeitsgesellschaft,
die aus der Sammlung von König Leopold II. von Belgien
stammt. Dieses Werk hat nichts zu tun mit dem im Ant-
werpener Museum bewahrten Hochzeitsfest, wie Hofstede
de Groot in seinem beschreibenden Verzeichnis annimmt
(Nr. 456); es ist ein ganz anderes Bild und zählt über-
dies nur 18 Figuren. Hofstede de Groot gibt auch die
Maße des Bildes aus der Sammlung König Leopolds mit
57x73 unrichtig wieder; es mißt 68x86,5 cm.

Von holländischen Meistern bringt das Album dann
noch eine Folge von 10 Veduten von Jan van der Heyden.
Auch einige nichtholländische Werke hat das Album auf-
zuweisen. M. D. H.

Frankfurt a. M. Im Städelschen Institut findet z. Z.
eine Ausstellung zum Andenken an den Maler Carl Philipp
Fohr statt, dessen Todestag sich am 29. Juni zum hundertsten
Male jährte. Der frühe Tod des Künstlers — er ertrank
beifn Baden im Tiber in Rom — muß als ein wirklich
großer Verlust für die deutsche Kunst betrachtet werden,
da er Eigenschaften in sich verkörperte, die in jener Zeit
sich kaum wieder in dieser Vereinigung fanden. Vor allen
Dingen ist bemerkenswert eine weitgehende Unbefangen-
heit in seinem Schaffen, die wohl darin ihren Hauptgrund
hat, daß der am 26. November 1795 in Heidelberg geborene
und in kleinen Verhältnissen aufgewachsene Künstler durch
keinen eigentlich akademischen Unterricht hindurchgegangen
ist. In Heidelberg von dem Vater Carl Rottmanns in die
ersten Anfangsgründe der Kunst eingeführt, siedelte er
1810 nach Darmstadt über, wo er bald in der Großherzogin
Wilhelmine von Baden-Durlach eine einsichtsvolle Gönnerin
fand, die ihm die weiteren Wege ebnete. Von früh an
ist sein Interesse wesentlich auf die Landschaft gerichtet,
die er mit außerordentlicher Treue, dabei aber mit zartestem
poetischen Sinn auffaßt. Die Umgebung Heidelbergs so-
wohl wie Darmstadts gewährten diesem Trieb ja genügend
Nahrung, und Zeichnungen wie Hirschhorn a. N. oder die
Strahlenburg bei Schriesheim u. a. m. bieten dafür voll-
gültiges Zeugnis. Dem Individuellen in Natur und Menschen-
leben widmet er ein um diese Zeit ungemein seltenes aus-
dauerndes Interesse, mag es eine Burgruine oder eine
charakteristische Baumform sein oder etwa eine Wirtsstube
mit politisierenden Bauern, eine Wachtstubenszene, eine
Prügelei, eine Wachtparade von Spießbürgern usw. Ge-
ringere Neigung dagegen zog ihn zum Porträt, doch hat
er das Aussehen seiner Freunde, deren auch er in schwär-
merischem Freundschaftskultus nicht wenige gehabt hat,
gern in breiter Federzeichnung in Kupferstichmanier fest-
gehalten; u. a. Rückert, Karl Sand, den Mörder Kotzebues,
u. a. m. Interessant sind seine mehrfachen Versuche, die
fröhliche Tafelrunde im Cafe Greco in Zeichnungen fest-
zuhalten, wo wir Cornelius, Veit, Overbeck, J. A. Koch,
Platner, v. Rhoden u. a. m. erkennen.

Nach Rom war er im Herbst 1816 gekommen; ein
Jahr vorher hatte er von München aus schon eine sechs-
wöchentliche Wanderung über die Alpen gemacht, die ihn
bis Verona und Venedig führte. 70 prächtige Aquarelle
waren die künstlerische Ausbeute dieser Wanderung, die

ihn bereits als Meister der Landschaft zeigen. Der Winter-
aufenthalt in München und das Akademiestudium unter
Langer befriedigten ihn nicht. Aber auch Rom übte keinen
grundstürzenden Einfluß auf ihn aus. Die Antike be-
rührte ihn ebensowenig stärker wie es die mittelalterlich-
christliche Malerei der Boisseree-Sammlung in Heidelberg
getan hatte; ebenso blieb er seinem protestantischen Be-
kenntnis treu. Lebhafter dagegen interessierte ihn als Stoff
das profane Mittelalter; romantische Themen verschiedener
Art und vor allem ein großgedachter Triptychon-Entwurf
mit Siegfrieds Tod (Städelsches Institut) geben davon
Zeugnis. An einem Entwurf »Hagen und die Donaunixen«
hat er noch am Tage seines Todes gearbeitet; entwickelter
als der Entwurf des Städelschen Instituts ist eine wohl
wenig bekannte Fassung aus dem Besitz von Frau von
Humboldt in Schloß Tegel.

Wie so viele Künstler seiner Zeit und so viele deutsche
aller Zeiten, hat er in seinen Zeichnungen und Aquarellen
sein Bestes gegeben. Seine Ölgemälde sind nicht zahlreich
gewesen, und nur zwei sind bisher wieder aufgetaucht.
Die eine, aus dem Besitz J. D. Passavants in den des Städel-
schen Instituts übergegangen, stellt die Wasserfälle von Tivoli
dar; größer in der Anschauung ist die für Fohrs Gönnerin
gemalte und vom Großherzog von Hessen zur Ausstellung
hergeliehene »romantische Landschaft« in ihrer reicheren
Gliederung und mannigfaltiger abgestuften Färbung.

Wir wissen von Fohr verhältnismäßig viel dadurch,
daß Freundestreue für sein Andenken über das Grab hinaus
gesorgt hat. 1823 erschien, von seinem väterlichen Freunde
Prof. Dr. Ph. D. Dieffenbach verfaßt, sein Leben (Darmstadt,
J. W. Heyer). Das Büchlein war längst vergriffen und ist
jetzt von Rudolf Schrey, mit einer warmherzigen Einleitung
von P. F. Schmidt versehen, neu herausgegeben (Verlag
von Voigtländer-Tetzner).

NEKROLOGE

Anfang Juni fiel an der Westfront der Frankfurter
Architekt Carl F. W. Leonhardt, einer der fähigsten und
zukunftsreichsten Frankfurter Architekten. Geboren 1882,
wandte er sich ursprünglich der Malerei zu, besuchte dann
aber die Technische Hochschule zu Karlsruhe (seit 1900)
und führte bald darauf schon einige Villenneubauten in
Frankfurt aus, das er nach Abschluß seiner Studien zum
Aufenthaltsort wählte. Von ihm rührt u. a. der Neubau
der Lukaskirche — deren malerische Ausschmückung durch
W. Steinhausen übrigens bald beendigt sein wird — und
der Friedenskirche her. Viel Beachtung fand auch der
sachlich und klar aus der Besonderheit der Aufgabe ent-
wickelte Bau der elektrotechnischen Firma Voigt & Höffner.
Bei der Konkurrenz für den Neubau der Alten Brücke
wurde sein Entwurf preisgekrönt; die Ausführung sollte
in Zusammenarbeit mit den gleichfalls preisgekrönten Archi-
tekten Heberer und von Hoven erfolgen. In diesen letzten
Werken zeigte sich ein starkes Hervortreten strenger Sach-
lichkeit, das auch für die Zukunft noch vieles versprach.

PERSONALIEN

Der Lübeckische Senat hat dem Maler Linde-Walther
den Titel Professor verliehen.

Inhalt: Der Breslauer Menzelkauf. — Neuerwerbungen der Londoner Museen. Von M. D. H. — Neue Ausstellungen der Kestner-Gesellschaft.
Ausstellung bei Fred. Muller & Co. in Amsterdam. Ausstellung in Frankfurt a. M. — Carl F. W~. Leonhardt t- — Personalien.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o.m.b.H., Leipzig
 
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