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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 55.1919/​1920 (Oktober-März)

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Nr. 18 (30. Januar 1920)
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Tietze-Conrat, Erica: Atalante und Hippomenes
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https://doi.org/10.11588/diglit.29588#0401

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Ätalante und Hippomenes

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feiner Höhen und Tiefen, feiner Linien und Flädhen die Blidrbewegung aus-
nützt, fo weiß er diefe Lebendigkeit ins Unmeßbare zu fteigern. Das ge-
fcfiieht vor allem durch die klaren Geleife eindringlidier Blidcbahnen, wie es
derKreis,diezurüddtrömende Welle<Aditerbewegung>, dasDreiedt, dasQuadrat,
der Rhombus find,- in ihren Bann (tellt er die Gebärden und Stellungen feiner
Figuren, den Fluß der Falten ihrer Gewänder. Da wird der Blick in den
Zug hineingerilfen und der Betraditer befriedigt fein eigenes Körpergefühl,
indem er in dem Rhythmus der Malfe mitfchwingt. Daß wir uns nicht
hemmungslos im Schwung verlieren, forgt — wie der Rahmen beim Bild —
architektonifche Einfaflung und Sodcel bei der Figur. Bei einer Gruppe hält
die gemeinfame architektonifche Faflung oder der gemeinfame Sodcel den
Rhythmus der Kompofltion — die Blidcbahn des Befdiauers zufammen. Jede
Figur der Gruppe ilt nur ein Glied des Ganzen ohne Eigenwert, ohne Ab-
gefchlollenheit im Raum. Von einem Glied zum andern kreilt der Blidc,
flch immer erneuend, zur Gefamteinheit.

Nun aber wird die Gruppe in ihre Elemente gelölt, jedes einzelne Giied
bekommt feinen ifolierenden Sodcel. Auch die Flügel eines Altarfchreines
werden von felbftändigen Rahmen eingefchloflen. Aber ebenfo wie bei ihnen
der einheitliche, beiden gemeinfame Raumeinblick bis zur gefchmadcvoll an-
gepaßren Raumähnlichkeit beftehen bleibt, fo hält auch die architektonifche
EinFalfung die getrennten Skulpturen in der gedachten Zufammenziehung feft.

Nr. 18. 30. I. 20
 
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