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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 55.1919/​1920 (Oktober-März)

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Nr. 19 (6. Oktober 1920)
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Bode, Wilhelm von: Marcus Kappel und sein Vermächtnis ans Kaiser-Friedrich-Museum
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Glaser, Curt: Kunst und Politik
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https://doi.org/10.11588/diglit.29588#0419

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Marcus Kappel und fein Vermäditnis ans Kaifer-Friedrich-Mufeum

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als drei kleine Bildnifle des franzöflfdien Holbein, Corneille de Lyon, ein
anmutiges Madonnenbild vom »Meifter des Todes Mariä« und vor allem
ein költlidies Profilbildnis der »Simonetta« von Sandro Botticelli — wie
B. Berenfon behauptet von feinem Amico di Sandro —, ein Bild von heller,
harmonifdier Farbenftimmung und von großer Zartheit der Empfindung.

Seine Vorliebe für Rembrandt führte Herrn Kappel auch zum Sammeln
von Zeichnungen des Meifiers, von denen er etwa zwanzig zweifellos edtte
Stüdte der verfdiiedenlten Art in einem Vorraum der Galerie zwifchen feinen
Zeidinungen, Skizzen und Aquarellen von Adolph Menzel aufgeltellt hatte.
Diefe MenzeLSammlung, wohl die größte außerhalb der Nationalgalerie, hat er
ganz allmählidi zufammengebradit; fein Rahmenhändler beforgte fie ihm aus einer
Herrn Kappel felblt unbekannten Quelle, offenbar von einem alten Bekannten
Menzels, der fich gezwungen fah, fich nach und nadt feines Schatzes zu entledigen.

Die Sammlung der alten Gemälde wird aller Wahrlcheinlidikeit nach in
ihrem Hauptteile dem Kaifer=Friedrich=Mufeum zufallen, um dort als Ganzes
in einem befonderen Raume, ähnlidi wie die Sammlung James Simon, zur
Auffiellung zu kommen. Beide Sammlungen bilden im wefentlichen ein ge-
fchloflienes Ganzes, fo daß fie die hiltorifche Anordnung unferer Galerie durch
diefe Sonderaufftellung kaum Itören werden. Wie diefe auch durch die hohe
Qualität gerechtfertigt erfcheint, fo hat fie noch die befondere Bedeutung,
daß diefe Kabinette die fchönften Denkmäler eines allgemeinen Aufftiegs
unferer Mufeen und des großen werktätigen Interefles der Berliner Kunft-
freunde an unferen Sammlungen darifellen.

KUNST UND POLITIK
VON CURT GLASER

UNTER dem alten Regime war es die (tändige Klage, der Kaifer hemme
durch fein perfönliches Eingreifen die freie Bntfaltung der Kunlt. Die
Sezeffionen wurden in eine Gegenfatzftellung zu den »ftaatserhaltenden« Par-
teien gedrängt, die für manchen auch in feiner politifchen Stellungnahme maß-
gebend wurde. Man verwechfelte — nicht nur bei uns — die revo!utio-
näre Haltung in der Kunft mit der politifch revolutionären Gefinnung und
es ergab fich eine Verquidcung zweier in ihrem Wefen vollkommen ver-
fchiedenartiger Elemente, die nur dadurch möglich werden konnte, daß die
Künftler vielfach in politifcher Hinficht Kinder, die Politiker aber im Hinblidc
auf die Kunft blutige Laien find. Aus der unerhörten Verfchärfung des
politifchen Kampfes und der Umordnung der Maditverhältniflfe der Parteien
haben fich nun auch für die Kunft Zuftände ergeben, die bedrohlich zu werden
beginnen, da fie den ruhigen Fortgang der Entwicklung gefährden.

Nr. 19. 6. II. 20
 
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