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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 55.1919/​1920 (Oktober-März)

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Nr. 18 (30. Januar 1920)
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Tietze-Conrat, Erica: Atalante und Hippomenes
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https://doi.org/10.11588/diglit.29588#0404

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Atalante und Hippomenes

läuft nur die eine zwingende Ridhtung durcft — Atalante verfäumt ftdi, Hippo-
menes jagt zum Ende —, der Blidt kehrt nidtt wieder zu feinem Ausgangs-
punkt zuriick. Was die beiden verbindet, i(t nicht die Gegenfätzlidikeit der
Erfdteinung, fondern ein fortgefetzter Rhythmus/ Atalante fetzt den linken
Fuß vor, Hippomenes fdion den rediten, der fdträge Anfiieg ihrer Silhouette
klingt in dem Manteiende und der gefpannten Linie feiner Arme wider.
Was die beiden Figuren verbindet, ift audi das Geiftige, wie bei Kreugas
und Damoxenos die Anekdote. Die zum zugefpitzten Ausdruck fo heikei
aufgebaute formale Erfcheinung, die Erfüliung der gewöhniich fo einfach ge-
haltenen Pendantfiguren mit einem fiterarifchen Thema iäßt die Entftehung
der Figuren erft in die zweite Häifte des 18. Jahrhunderts anfetzen, da man
die herkömmiichen Typen der Skuiptur, die befonders zähe zurüdchielten,
durch eine weitgehendere Benützung der Götter= und Heidenfage, auch durch
neugefdtaffene Allgorien beleben wollte. Von der Wende zum 19. Jahr-
hundert rüdct fie die felbftändige Formengebung ab, die noch frei ift von
jenem gewolit ruhigen Stil der neuklaffifchen Kunft. Wenn eine Datierung
um 1770 wohl ficher angenommen werden kann, fo möchte ich eine genauere
Lokaiifierung nicht wagen,- am eheften iieße fich an eine flämifche oder deutfche
Richtung denken, die ftark unter franzöfifchem Einfluß ftand. Für Frankreich
felbft fdieint mir die Anekdote zu fehr zugefpitzt, die tedhnifche Ausftihrung
zu wenig gepflegt zu fein. Ich laffe darin dem befugten Kenner das ent-
fcheidende Wort-

Aus: Stcinhövels »Hfopus«. Uim, bei Joh. Zainer
 
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