Die Wiener Gobelins^Sammlung
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die niederländifdien Teppidientwerfer ausgeübt haben, war ein ungeheurer.
Von diefen Jahren an datiert in den füdlidien Niederlanden ein neuer Stil
der Biidwirkerei. — In Teppidientwürfen haben die niederländifdien Roma^
nilten aus dem dritten bis fünften Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts weitaus ihr
Beltes geleiftet. Das Bild ihrer Kunlt ifi ein fchiefes und ungeredites, folange
man nidit die nach ihren Kartonen hergeftellten Wandteppiche in weiteftem
Maße beriickfichtigt. Die Kartone find in den feltenften Fällen erhalten, von
den Tapilferien aber exiftieren meift mehrere in der Qualität fehr verfthiedene
Ausführungen, die bis weit ins 17. Jahrhundert hineinreichen und oft zahU
reiche Abweichungen aufweifen. Der führende Künftler war zweifelsohne
Barend van Orley, von dem Friedländers> eine ganze Reihe von Vor-
zeichnungen und nach, feinen Kartonen ausgeführten Bildwebereien nachweifen
konnte. Die zehn Tapilferien umfalfende Serie II mit Darftellungen aus dem
Leben des Patriarchen Abraham, von der Friedländer fieben Teppiche in
Madrid*) und acht in Hamptoncourt kennt, ift in Wien volfttändig vorhanden
In die Darftellungen ift das von einem Kardinalshut gekrönte lothringifche
Wappen fpäter eingefetzt worden,- das beweift, daß die Wiener Serie in der
zweiten Hälfte des Jahrhunderts fidi im Befitze des Herzogs Karl von Lo-
thringen=Vaudemont <1561 —1587) befunden hat. Eine Ichwächere Aus-
führung derfelben Folge ift Serie LXI, bei der nur Nr. 4, der Abfchied
der Hagar, eine abweichende Kompofition aufweift. Den Stil Orleys glaube
ich ferner erkennen zu können in den acht Szenen aus dem Buche Tobias
<Serie IV>, ausgezeichneten Brülfeler Tapilferien, die wie die Abrahamferie
ohne Verwendung von Metallfäden gewebt find,- ferner in adht Kompo^
fitionen aus dem Leben des Patriarchen Jakob, die in zwei Exemplaren
vorhanden find, in der fchwächeren <aus der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts ftammenden> Serie LXXV und der feineren <im 17. Jahrhundert
von Jakob van Zeunen gewebten> Serie XLIV. Trotz der barodcen, tief in
die Bildkompofitionen einfchneidenden Umrahmung überliefert die letztgenannte
Folge den Stil des Entwerfers bedeutend getreuer. — Von einem Orley nahe-
ftehenden Romaniften rühren wohl die Entwürfe zu der technifdi vollendeten,
von Frans Guebels gewebten Serie XVII der Sieben Tugenden her.6> —
Die drei Teppichfolgen, die Friedländer7> für Pieter Coedce van Aloft
in Anlpruch nahm, befmden fich fämtlich in der Wiener Gobelinsfammlung.
3> Jahrbudi der preußifchen Kunßfammlungen XXX <1909), 155 ff.
4> Abgebildet: Tapices de la corona de Espana II, pl. 75 — 81.
5> Reproduziert im Wiener Jahrbudi III.
6> Reproduziert im Wiener Jahrbuch I. Eine fchwädi re Wiederholung in der Kathe-
drale von Burgos.
7> Jahrbuch der preußifchen Kunftfammlungen XXXVIII <1917>, 87 ff.
Nr. 21. 20. II. 20
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die niederländifdien Teppidientwerfer ausgeübt haben, war ein ungeheurer.
Von diefen Jahren an datiert in den füdlidien Niederlanden ein neuer Stil
der Biidwirkerei. — In Teppidientwürfen haben die niederländifdien Roma^
nilten aus dem dritten bis fünften Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts weitaus ihr
Beltes geleiftet. Das Bild ihrer Kunlt ifi ein fchiefes und ungeredites, folange
man nidit die nach ihren Kartonen hergeftellten Wandteppiche in weiteftem
Maße beriickfichtigt. Die Kartone find in den feltenften Fällen erhalten, von
den Tapilferien aber exiftieren meift mehrere in der Qualität fehr verfthiedene
Ausführungen, die bis weit ins 17. Jahrhundert hineinreichen und oft zahU
reiche Abweichungen aufweifen. Der führende Künftler war zweifelsohne
Barend van Orley, von dem Friedländers> eine ganze Reihe von Vor-
zeichnungen und nach, feinen Kartonen ausgeführten Bildwebereien nachweifen
konnte. Die zehn Tapilferien umfalfende Serie II mit Darftellungen aus dem
Leben des Patriarchen Abraham, von der Friedländer fieben Teppiche in
Madrid*) und acht in Hamptoncourt kennt, ift in Wien volfttändig vorhanden
In die Darftellungen ift das von einem Kardinalshut gekrönte lothringifche
Wappen fpäter eingefetzt worden,- das beweift, daß die Wiener Serie in der
zweiten Hälfte des Jahrhunderts fidi im Befitze des Herzogs Karl von Lo-
thringen=Vaudemont <1561 —1587) befunden hat. Eine Ichwächere Aus-
führung derfelben Folge ift Serie LXI, bei der nur Nr. 4, der Abfchied
der Hagar, eine abweichende Kompofition aufweift. Den Stil Orleys glaube
ich ferner erkennen zu können in den acht Szenen aus dem Buche Tobias
<Serie IV>, ausgezeichneten Brülfeler Tapilferien, die wie die Abrahamferie
ohne Verwendung von Metallfäden gewebt find,- ferner in adht Kompo^
fitionen aus dem Leben des Patriarchen Jakob, die in zwei Exemplaren
vorhanden find, in der fchwächeren <aus der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts ftammenden> Serie LXXV und der feineren <im 17. Jahrhundert
von Jakob van Zeunen gewebten> Serie XLIV. Trotz der barodcen, tief in
die Bildkompofitionen einfchneidenden Umrahmung überliefert die letztgenannte
Folge den Stil des Entwerfers bedeutend getreuer. — Von einem Orley nahe-
ftehenden Romaniften rühren wohl die Entwürfe zu der technifdi vollendeten,
von Frans Guebels gewebten Serie XVII der Sieben Tugenden her.6> —
Die drei Teppichfolgen, die Friedländer7> für Pieter Coedce van Aloft
in Anlpruch nahm, befmden fich fämtlich in der Wiener Gobelinsfammlung.
3> Jahrbudi der preußifchen Kunßfammlungen XXX <1909), 155 ff.
4> Abgebildet: Tapices de la corona de Espana II, pl. 75 — 81.
5> Reproduziert im Wiener Jahrbudi III.
6> Reproduziert im Wiener Jahrbuch I. Eine fchwädi re Wiederholung in der Kathe-
drale von Burgos.
7> Jahrbuch der preußifchen Kunftfammlungen XXXVIII <1917>, 87 ff.
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