KUNSTNACHRICHTEN
BEIBLATT DER KUNSTWELT
Die »Kunstnachrichten« werden an
die Mitglieder der ange^ wr o f i’ c
schlossenen Kunstvereine o 1 a L 1 ö
abgegeben. Sonst jährlich 3 M., durch den
Buchhandel oder durch die Post bezogen.
ERSCHEINT VIERZEHNTÄGIG
Redaktion und Expedition:
BERLIN W. 62 ■ Kurfürstenstraße 131
Anzeigen = V erwaltung:
WEISE Ab CO. - BERLIN W. 62.
LJAHRG. No. 3/4
15. Dezember 1911
Aufgaben und Ziele der Deutschen Kunstvereine
in.
IZ'eimkräftige Ansätze zu einer Reorganisation
v der deutschen Kunstvereine sind überall
vorhanden. Sie bedürfen nur vorsorglicher Pflege
und dauernder Anregung, um sich gedeihlich zu
entwickeln. Vor allem sind die lokalen Verhält-
nisse in Rechnung zu ziehen. Wo Verlosung;
o ö
und Nietenblatt für das Zusammenhalten der
Mitglieder als unentbehrlich erscheinen, mögen
sie als notwendiges Übel erhalten bleiben. Jeden-
falls aber darf sich die Tätigkeit des Vereins
nicht in ihnen erschöpfen. Auch der Zusammen-
hang mit einer etwa vorhandenen örtlich produ-
zierenden Künstlerschaft ist zu pflegen, nur darf
diese Pflege nicht in eine Kirchturms-Kunstpolitik
ausarten. Wir haben an einem Isar-, einem
Spree-, einem Elb-, Pleiße-, Weichsel- usw. Athen
reichlich genug. Verbreitung des Kunstverständ-
nisses, wie sie doch wohl das Hauptziel der
Kunstvereine sein sollte, bedarf breiterer Zufluß-
kanäle, als sie lokale Quellen und Quellchen zu
bieten vermögen. Die Mittel der kleineren Kunst-
vereine — etwa bis zu 500 Mitgliedern mit
einem Jahresbudget von 5000—10000 M. —
reichen natürlich für eine intensive Kunstpflege
bei weitem nicht aus. Hier ist die Unterstützung
der Kommunalbehörden anzurufen. Auch in der
kleinsten Stadt gibt es einen Rathaussaal oder
sonstige nicht zu allen Zeiten benutzte Räume,
die ihren Beruf sicher nicht verfehlen, wenn sie
für die Veranstaltung von Ausstellungen und Vor-
trägen hergegeben werden, während allerdings
ein ständiges Vereinslokal überall auf das eifrigste
erstrebt werden sollte. Der Kunstverein hat
mannigfache Gelegenheit, sich für eine solche
Unterstützung dankbar zu erweisen. Im Zusam-
menhänge mit dem fast in jedem Städtchen vor-
handenen Verschön er ungsverein, im Anschluß an
ebenfalls fast überall bestehenden kunstgewerb-
lichen Gesellschaften, kann er seine Kräfte nach
Ausmaß seiner Mittel für Gestaltung des Straßen-
bildes, für Schmuck- und bescheidene Brunnen-
anlagen in Bewegung setzen. Im Zusammen-
wirken mit den städtischen Körperschaften wird
sich so bald eine rege Wechselbeziehung der
Kräfte entwickeln, die den Verein nicht nur aus
seiner Passivität aufrüttelt, sondern ihm auch
neue aktive Mitglieder zuführt. Auch ein Land-
städtchen kann eine Kunstkommission vertragen,
auf die der Verein naturgemäß nachdrücklichen
Einfluß auszuüben hat. Es ist dafür zu sorgen,
daß die Stadtbibliothek, soweit sie der Bürger-
schaft zugänglich ist, auch populäre Kunstbücher
und sonstiges Anschauungsmaterial aufzuweisen
hat, und wer, wenn auch nur in bescheidenem
Maße auf irgend einem Gebiete sammelt, muß
dafür gewonnen werden, seine vermeintlichen oder
wirklichen Schätze nicht allzu ängstlich zu hüten.
Sind doch städtische Museen oft aus den klein-
sten Anfängen erwachsen.
Ähnlicher lokaler Aufgaben, an denen kleine
Kunstvereine ihre Kräfte erproben können, läßt
sich eine ganze Reihe aufzählen. Schwierigkeiten
bieten sich auf dem Gebiet der Ausstellungen
und der systematisch veranstalteten Vorträge.
Hier ist ein engerer Anschluß an die größeren
Kunstzentren, in letzter Linie eine wohlgegliederte,,
BEIBLATT DER KUNSTWELT
Die »Kunstnachrichten« werden an
die Mitglieder der ange^ wr o f i’ c
schlossenen Kunstvereine o 1 a L 1 ö
abgegeben. Sonst jährlich 3 M., durch den
Buchhandel oder durch die Post bezogen.
ERSCHEINT VIERZEHNTÄGIG
Redaktion und Expedition:
BERLIN W. 62 ■ Kurfürstenstraße 131
Anzeigen = V erwaltung:
WEISE Ab CO. - BERLIN W. 62.
LJAHRG. No. 3/4
15. Dezember 1911
Aufgaben und Ziele der Deutschen Kunstvereine
in.
IZ'eimkräftige Ansätze zu einer Reorganisation
v der deutschen Kunstvereine sind überall
vorhanden. Sie bedürfen nur vorsorglicher Pflege
und dauernder Anregung, um sich gedeihlich zu
entwickeln. Vor allem sind die lokalen Verhält-
nisse in Rechnung zu ziehen. Wo Verlosung;
o ö
und Nietenblatt für das Zusammenhalten der
Mitglieder als unentbehrlich erscheinen, mögen
sie als notwendiges Übel erhalten bleiben. Jeden-
falls aber darf sich die Tätigkeit des Vereins
nicht in ihnen erschöpfen. Auch der Zusammen-
hang mit einer etwa vorhandenen örtlich produ-
zierenden Künstlerschaft ist zu pflegen, nur darf
diese Pflege nicht in eine Kirchturms-Kunstpolitik
ausarten. Wir haben an einem Isar-, einem
Spree-, einem Elb-, Pleiße-, Weichsel- usw. Athen
reichlich genug. Verbreitung des Kunstverständ-
nisses, wie sie doch wohl das Hauptziel der
Kunstvereine sein sollte, bedarf breiterer Zufluß-
kanäle, als sie lokale Quellen und Quellchen zu
bieten vermögen. Die Mittel der kleineren Kunst-
vereine — etwa bis zu 500 Mitgliedern mit
einem Jahresbudget von 5000—10000 M. —
reichen natürlich für eine intensive Kunstpflege
bei weitem nicht aus. Hier ist die Unterstützung
der Kommunalbehörden anzurufen. Auch in der
kleinsten Stadt gibt es einen Rathaussaal oder
sonstige nicht zu allen Zeiten benutzte Räume,
die ihren Beruf sicher nicht verfehlen, wenn sie
für die Veranstaltung von Ausstellungen und Vor-
trägen hergegeben werden, während allerdings
ein ständiges Vereinslokal überall auf das eifrigste
erstrebt werden sollte. Der Kunstverein hat
mannigfache Gelegenheit, sich für eine solche
Unterstützung dankbar zu erweisen. Im Zusam-
menhänge mit dem fast in jedem Städtchen vor-
handenen Verschön er ungsverein, im Anschluß an
ebenfalls fast überall bestehenden kunstgewerb-
lichen Gesellschaften, kann er seine Kräfte nach
Ausmaß seiner Mittel für Gestaltung des Straßen-
bildes, für Schmuck- und bescheidene Brunnen-
anlagen in Bewegung setzen. Im Zusammen-
wirken mit den städtischen Körperschaften wird
sich so bald eine rege Wechselbeziehung der
Kräfte entwickeln, die den Verein nicht nur aus
seiner Passivität aufrüttelt, sondern ihm auch
neue aktive Mitglieder zuführt. Auch ein Land-
städtchen kann eine Kunstkommission vertragen,
auf die der Verein naturgemäß nachdrücklichen
Einfluß auszuüben hat. Es ist dafür zu sorgen,
daß die Stadtbibliothek, soweit sie der Bürger-
schaft zugänglich ist, auch populäre Kunstbücher
und sonstiges Anschauungsmaterial aufzuweisen
hat, und wer, wenn auch nur in bescheidenem
Maße auf irgend einem Gebiete sammelt, muß
dafür gewonnen werden, seine vermeintlichen oder
wirklichen Schätze nicht allzu ängstlich zu hüten.
Sind doch städtische Museen oft aus den klein-
sten Anfängen erwachsen.
Ähnlicher lokaler Aufgaben, an denen kleine
Kunstvereine ihre Kräfte erproben können, läßt
sich eine ganze Reihe aufzählen. Schwierigkeiten
bieten sich auf dem Gebiet der Ausstellungen
und der systematisch veranstalteten Vorträge.
Hier ist ein engerer Anschluß an die größeren
Kunstzentren, in letzter Linie eine wohlgegliederte,,