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gestellt ist, sondern im Keller der Galerie auf
bessere Tage wartet. Aber auch die Fresken
der Zoologischen Station in Neapel, das einzige
Werk, in dem Marees seine Monumentalgesin-
nung einmal wirklich an Wänden, so wie er es
begehrte, betätigen konnte, haben keine ver-
heißungsvolle Zukunft. Nicht nur schädigt der
Zweck des Raumes, für den die Bilder geschaffen
wurden, die gelehrte Bibliothek mit ihrer Staub-
ansammlung, die Bildflächen. Vor allem ist dieser
vulkanische Boden keinesfalls sicher genug, um
solch Hauptwerk deutscher Monumentalmalerei
vor dem allmählichen Abbröckeln, wenn nicht
vor einem schnelleren Ende zu bewahren. Was
die preußische Regierung als würdige Hüterin
des künstlerischen Erbes der Nation seinerzeit
für die nazarenischen Fresken in der Casa Bart-
holdy tat, deren bleibender Bedeutung sich doch
woh] die Kunst Marees’ vergleichen darf, das-
selbe, die Rettung in ihre nordische Heimat,
müßte auch dem Neapler Werke zu teil weiden.
Aus diesen drei Quellen und aus dem Besitz
weniger Privathände ließe sich leicht ein so gut
wie vollständiges Marees-Museum gründen. Meier-
Graefe denkt dabei an München, obwohl, nach-
dem Tschudi die Augen geschlossen hat, nun
dort der tatkräftigste Förderer dieses Planes fehlt.
— Dieser Nachricht, die wir einem Dresdner
Blatt entnehmen, geben wir Raum mit der Be-
merkung, daß neulich sich auch in Dresden
Stimmen für ein Marees-Museum in Dresden er-
hoben haben. Die Schwierigkeiten sind aber
so große und viele, daß wir nicht an eine Ver-
wirklichung des Marees-Museum in Berlin oder
Dresden glauben.
Vermischtes.
Wie man in Paris berühmt wird. Mit einem
„Schlage“ berühmt geworden ist der junge
Bildhauer Cellier. Der Künstler hatte sich
um den Rompreis für Bildhauer beworben, fiel
jedoch durch. Als er hörte, daß sein Werk
nicht prämiiert werden konnte, entschloß er sich,
es zu vernichten. Durch diese Tat hat er auf
einmal das Ansehen erlangt, nach dem er so
lange vergeblich gestrebt hat. Alle Pariser
Zeitungen interessieren sich nun für ihn, bringen
sein Porträt ünd weisen auf seine Schöpfungen hin.
Das Monumentalwerk über die Friedrichs-
Ausstellung der Berliner Akademie soll nun
Ende dieses Monats erscheinen. Der Dirigent
der Kunstsammlungen der kgl. Schlösser und
Direktor des Hohenzollem-Museums, Prof. Paul
Seidel, hat die Werke der Kunst des 18. Jahr-
hunderts behandelt, der erste ständige Sekretär
der Akademie selbst, Prof. Amersdorffer, die
modernen Arbeiten. Die Photographische Ge-

sellschaft hat die Herstellung des Abbildungs-
materials übernommen, das alle wichtigeren Werke
der Ausstellung wiedergibt.
Sammlerpech. In den Pariser Malerateliers
amüsiert man sich über eine Geschichte, die
kürzlich einem bekannten französischen Sammler
passiert ist. Dieser Herr hatte eine Reise nach
Italien unternommen, um verborgene Meister-
werke aufzustöbem. Bei einem Antiquar ent-
deckte er eine „Kreuzesabnahme“, die er Tizian
zuschreiben zu dürfen glaubte. Der Händler er-
klärte nur, für ihn sei es das Werk eines Unbe-
kannten von großem Talent. Der Kauf wurde
perfekt. Um nun der Strenge der Zollbehörde,
die für ausgeführte alte italienische Bilder drako-
nische Sätze erhebt, zu entgehen, ließ unser
Sammler das Bild von irgend einem Farbenklexer
leicht mit einem modernen Porträt übermalen.
In Paris sollte dann eine einfache Abwaschung
das ursprüngliche Meisterwerk wieder ans Licht
bringen. In der Tat, das Bild wurde für neu
gehalten und passierte die Grenze ohne Schwie-
rigkeit. Als der Amateur, der einige Freunde zu
dieser Feier eingeladen hatte, zu Hause jedoch
sein Bild „wusch“, da ging mit dem modernen
Porträt gleichzeitig der „Tizian“ zum Teufel, und
darunter erschien ein imposantes Bildnis des
Königs Viktor Emanuel, der ein mächtiges Streit-
roß tummelt.
Die Porträtstatuette. Die Erfindungsgabe der
amerikanischen fashionablen Damenwelt hat eine
Neuheit ersonnen, der Kulturpsychologen auch
in der alten Welt einen großen Erfolg prophe-
zeien möchten: die Porträtstatuette, die bestimmt
scheint, in den Kreisen der amerikanischen
„Vierhundert“ die Photographie bis auf weiteres
zu verdrängen. An Stelle der Photographie, die
die eleganten Damen bisher ihren Freundinnen
und Bewunderern schenkten, ist eine kleine
grazile Statuette getreten, die in naturgetreuer
Nachahmung die Züge und Formen der schönen
Spenderin zeigt. Je nach dem Geschmack und
der Laune dieser Damen wird diese Statuette
aus Marmor oder Bronze hergestellt, ja einige
für diese neue Mode besonders begeisterte Damen
wählen sogar kostbare Edelmetalle, wie Frau
Ogden Mill, die einigen Intimen ihres Hauses
ihre Statuette in Gold verehrt hat. Natürlich
muß das erste Modell, nach dem dann die Re-
pliken dutzendweise hergestellt werden können,
von einem anerkannten Bildhauer geschaffen
werden, der für diese Kleinarbeit sehr gut honoriert
wird. Die Kostspieligkeit dieser „plastischen
Photographien“ gewährleistet selbst im Land des
Dollars eine gewisse Exklusivität der neuen Mode
und wird gerade dadurch zu einem Verteidiger
der Dauer dieser Laune.

Alle Zuschriften sind zu richten an den Verlag Weise & Co., Berlin W. 62

Druck: Krey und Sommeriad, Niedersedlitz - Dresden.
 
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