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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,1.1910

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1910)
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Avenarius, Ferdinand: Bunte Bühne
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9031#0133
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aus Nummern zusammengestellt, die ihre Möglichkeit dadurch be--
wiesen haben, daß sie so oder in ähnlicher Weise sind. Aber das
Wahlgebiet dehnt sich weit übers nur Asthetische hinaus. Ins Poli-
tische: vielleicht kommen wir Deutschen doch einmal dahinter, welche
befreiende (auch von schlechten Stimmungen befreiends, sicherheit--
ventilmäßige) Wirkung eine srisch-fröhliche Zeitglossierung durch
Volkssänger und ähnliche Leute hat. Ins Wissenschaftliche: der Komet
zum Beispiel, der uns heuer angsführt hat, hätte zu Bild und Wort
schönste Gelegenheit gegeben, die Röntgenstrahlen hätten auch auf
die Bunte Bühne gehört oder jetzt Montenegro, das frischest ge-
backene der Königreiche. Vorträge, welche die verschiedenen Arten der
Flugzeuge an Lichtbildern „starreitt und bewegten Systems erläuterten,
wären auf der Bunten Bühne doch wirklich ihres Publikums sicher.
Ieder Monat bringt neue Erfindungen, neue Entdeckungen, neue Mit-
telpunkte des Interesses. Nnd neue Techniken sorgen dafür, daß sie
immer schöner dargestellt werden können.

Geht's aber mit der Gewöhnung des großen Publikums an bessere
Darbietungen in den vorhandenen Barietss zu langsam — wer wagt's,
in Berlin, Wien, München oder Dresden die erste Bunte Bühne für
Leute von Geschmack zu gründen? Ach, sagen die Herren vom Äberbrettl,
das haben wir ja versucht! MitVerlaub: ihr wart zu literarisch dabei
und zu sehr auf die Nur-Asthetischen aus. Breiter greifen muß man
in zweierlei Richtung: was das Publikum betrifft, an das nran sich
wendet, und was die Gebiete belangt, aus denen man Stoff nimmt.
Zudem: es sind seit jenen sehr dankenswerten Versuchen Iahre der
Entwicklung vergangen. Kein besseres Kabarett müßte die neue Bunte
Bühne sein, sondern ein besseres Variets, dann würde sie zum min-
desten in den Kulturzentren jetzt aller Wahrscheinlichkeit nach die
fördernde Presse und die nötigen Besucher finden.

Wir bitten unsre Leser, uns auf wirklich wertvolle Darbietungen
der Varietös aufmerksam zu machen. Vielleicht kann auch der Dürer-
bund in den verschiedenen Städten hier nützen. A

Lose Blätter

Aus „Ebba Hüfing" von Willrath Dreesen

sDie arme Heimatkunst, die unter diesem Namen noch gar nicht lange
geht, hat seit Iahren schon viel harte, höhnische Worte hören mnssen. Aber
sie beweisen nichts gegen die Heimatknnst selbst. Sie treffen nur das
übertriebene Wesen, das die paar Iahre zuvor mit ihr, in ihr angestellt
worden war. Solche Abertreibungen jedoch können auch einfach als
ein Beweis dafür gelten, daß an der Sache „etwas sein muß", ein ge°
sunder Kern nämlich.

Die landschastliche, realistisch-lhrische Dichtung, die man als Heimat--
kunst anspricht, hat freilich nicht zu allen Zeiten im großen nationalen
Schrifttnm eine Rolle gespielt. Oft blühte sie halb (oder ganz) im Ver--
borgenen, innerhalb eines einzelnen Bolksstammes, rm Bereich einer Mund-
art, einer Landschaft. Dagewesen aber ist sie ganz gewiß immer und wird

2. Oktoberhsft WO lOl^s
 
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