Er spannt just auf solliche Kauzen als ihr seid, da möchtet ihr euer Lateiu
und sinnige Betrachtung wohl vertreten.
Uud er gluckset wieder iu sich, als hab er eiue legende Henn verschluckt.
Da schoß mir das gähe Blut auf und ich meinet, daß es wohl mehr
Kauzeu gäb als uns zwei und daß ein wenig Erfahrenheit in deuen
freien Künsten des Lesens, Schreibens und also auch des hochedlen Lateins
einem ehrsamen Handwerk nur zu statten käm.
Der Örten-Gesell sahe mich großmächtig an, schlug sich auf seine Knochen,
daß es schallet.
„Potz Wunder und Geschrei! Sollt's einer glanben! Iust allso geht
des Schmierwutke ewige Litanei! Er hat's auch schon etlich Mal dem
Altmeister und dem Beirat in langmächtigem Sermone fürgesungen: er
schamet sich, indem manniche Meister nit einmal ihren Namen fertigen
kunnten geschweige lesen; ist ihm aber vor übel genommen worn, sintemalen
er sich durch sein Schmier-Privileg ehe die Gunst der Meister verscherzet.
Und ist durchdrnngen, daß man ihm als Bescheid gegeben, er solle sich
nur schamen, aber vor sich alleine, und es seie nit umsunst das Wort
in aller Mund vom Schuster und seim Leisten. Zum Beschluß aber,
lieber Bruder, will ich dich wohlgeneigt vermahnen, daß so ein Inng-
gesell als du, deme erst der Flanm sprießet, sich nit vor eim Altgesellen
mit großem Maule ohnziemlich anfspieln soll, es seie auf Latein oder in
gemeiner Sprach."
Ich antwort' ihm: „Mit Gunst, lieber Bruder und Altgesell, die
Kauzen schreien nit anderst, so du aber wohlgeneigt wärst uns anzuzeigen,
was vor ein Bewandtnns es mit dem Schmier-Privileg habe, so wölleten
wir's danken."
Der Srten aber kehret uns den Nucken zu und brummet: „Das wird
er euch schon selbsten verraten."
II
Die Meisterin rief ihr zu: „Ehristin, richt den Tisch!"
Da sprang der Struppe auf und der Tobias, als brennete ihnen die
Sitzgelegenheit, sie zogen den Schragen unter den Kürbis, daß die Iungfer
nur zu wischen brauchet, der Tobias schleppet sich einen Stuhl zum Herd
und klettert hinanf, mit seinen ohnmenschlich langen Armen die Teller
vom Sims zu holen, der Struppe aber half beim Aufsetzen. Und er
tänzlet und scherwänzelt und flustert ihr halblaut zu, daß sie hell auf-
lachet und mir das letzt Restlein Hunger verging.
Er saß auch neben ihr — ich aber ihr entgegen. Hütet mich wohl,
mein schnelles Herz mit Blicken zu verraten, nur ihre putzigen Finger-
lein begaffet ich heimlich. Der Struppe war ein munterer Kompani,
wir mußten all über ihn lachen, ich auch. Und deine liebe Großmutter
verstand ihre Kunst; wir sahen, daß wir nit übel gefahren seien.
Der Meister hielt mich auch hie im Aug. Ich saß gar bescheiden und
führet Gabel und Messer, als wie sie ein liavalisr führen mocht, hoffet
so in aller Still und Fürnehmheit eine Schanz bei ihr zu gewinnen,
allein sie höret nur auf den Struppe.
Da fraget mich der Meister nach meiner Herkunft. Sie schwiegen und
auch die Iungfer Christin richtet ihre zween hellen Stern auf mich, daß
mir's Herz aufgumpet. Doch fasset ich mich und erzählet von der Wolfs-
hufen und meinem Herrn Vater. Dabei kützlet mich die Hoffart nit
2. Novemberheft 2H5
und sinnige Betrachtung wohl vertreten.
Uud er gluckset wieder iu sich, als hab er eiue legende Henn verschluckt.
Da schoß mir das gähe Blut auf und ich meinet, daß es wohl mehr
Kauzeu gäb als uns zwei und daß ein wenig Erfahrenheit in deuen
freien Künsten des Lesens, Schreibens und also auch des hochedlen Lateins
einem ehrsamen Handwerk nur zu statten käm.
Der Örten-Gesell sahe mich großmächtig an, schlug sich auf seine Knochen,
daß es schallet.
„Potz Wunder und Geschrei! Sollt's einer glanben! Iust allso geht
des Schmierwutke ewige Litanei! Er hat's auch schon etlich Mal dem
Altmeister und dem Beirat in langmächtigem Sermone fürgesungen: er
schamet sich, indem manniche Meister nit einmal ihren Namen fertigen
kunnten geschweige lesen; ist ihm aber vor übel genommen worn, sintemalen
er sich durch sein Schmier-Privileg ehe die Gunst der Meister verscherzet.
Und ist durchdrnngen, daß man ihm als Bescheid gegeben, er solle sich
nur schamen, aber vor sich alleine, und es seie nit umsunst das Wort
in aller Mund vom Schuster und seim Leisten. Zum Beschluß aber,
lieber Bruder, will ich dich wohlgeneigt vermahnen, daß so ein Inng-
gesell als du, deme erst der Flanm sprießet, sich nit vor eim Altgesellen
mit großem Maule ohnziemlich anfspieln soll, es seie auf Latein oder in
gemeiner Sprach."
Ich antwort' ihm: „Mit Gunst, lieber Bruder und Altgesell, die
Kauzen schreien nit anderst, so du aber wohlgeneigt wärst uns anzuzeigen,
was vor ein Bewandtnns es mit dem Schmier-Privileg habe, so wölleten
wir's danken."
Der Srten aber kehret uns den Nucken zu und brummet: „Das wird
er euch schon selbsten verraten."
II
Die Meisterin rief ihr zu: „Ehristin, richt den Tisch!"
Da sprang der Struppe auf und der Tobias, als brennete ihnen die
Sitzgelegenheit, sie zogen den Schragen unter den Kürbis, daß die Iungfer
nur zu wischen brauchet, der Tobias schleppet sich einen Stuhl zum Herd
und klettert hinanf, mit seinen ohnmenschlich langen Armen die Teller
vom Sims zu holen, der Struppe aber half beim Aufsetzen. Und er
tänzlet und scherwänzelt und flustert ihr halblaut zu, daß sie hell auf-
lachet und mir das letzt Restlein Hunger verging.
Er saß auch neben ihr — ich aber ihr entgegen. Hütet mich wohl,
mein schnelles Herz mit Blicken zu verraten, nur ihre putzigen Finger-
lein begaffet ich heimlich. Der Struppe war ein munterer Kompani,
wir mußten all über ihn lachen, ich auch. Und deine liebe Großmutter
verstand ihre Kunst; wir sahen, daß wir nit übel gefahren seien.
Der Meister hielt mich auch hie im Aug. Ich saß gar bescheiden und
führet Gabel und Messer, als wie sie ein liavalisr führen mocht, hoffet
so in aller Still und Fürnehmheit eine Schanz bei ihr zu gewinnen,
allein sie höret nur auf den Struppe.
Da fraget mich der Meister nach meiner Herkunft. Sie schwiegen und
auch die Iungfer Christin richtet ihre zween hellen Stern auf mich, daß
mir's Herz aufgumpet. Doch fasset ich mich und erzählet von der Wolfs-
hufen und meinem Herrn Vater. Dabei kützlet mich die Hoffart nit
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