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Frauenzimmer überhaupt, sagt Rousseau ft) liebt keine ein-
zige Kunst, versteht sich auf keine einzige, und an Genre
fehlt eS rhm ganz und gar. Es kann m kleinen Werken
glücklich seyn, die nichts als leichten Witz, nichts als Ge-
schmack, nichts als Anmuth, höchstens Gründlichkeit und
Philosophie verlangen. ES kann sich Wissenschaft, Ge-
lehrsamkeit und alle Talente erwerben , die sich durch Mü-
he und Arbeit erwerben lassen. Aber jenes himmlische
Feuer, welches die Seele erhitzet und entstammet, jenes
um sich greifende verzehrende Genie, jene brennende Ve-
redrsamkeit, jene erhabene Schwünge, die ihr Entzücken-
des dem Innersten uuserS Herzens mittheilen, werden den
Schriften des Frauenzimmers allezeit fehlen.
Also fehlen sie wohl auch der Cenie? Oder wenn sie ihr
nicht fehlen, so muß Cenie nothwendig das Werk eines
Mannes seyn ? Rousseau selbst würde so nicht schliessen.
Er sagt vielmehr, was er dem Frauenzimmer überhaupt
absprechen zu müssen glaube, wolle er darum keiner Frau
insbesondere streitig machen. (Le well xus ii uns kemme,
inLix MIX femmex grie je relule les Wiens 6es Hommes.")
Und dieses sagt er eben auf Veranlassung der Cenie; eben
da, wo er die Graffigni als' die Verfasserin derselben an-
führt. Dabey merke man wohl, daß Graffigni seine Freun-
din nicht war, daß sie übles von ihm gesprochen hatte, daß
er sich an eben der Stelle über sie beklagt. Demohngeach-
tet erklärt er sie lieber für eine Ausnahme seines Satzes,
als daß er im geringsten auf das Vorgeben des Chevrier
anspiclcn sollte, welches er zu thun, ohne Iweifel, Frey-
müthigkeitgenllg gehabthätte, wenn er nicht von demGe-
gentheile überzeugt gewesen wäre.
Chevrier hat mehr solche verkleinerliche geheime Nach-
richten. Eben dieser Abt, wie Cbevrier wissen will, hat

*) ä ä'H.Iemberc, x. IKZ

**) Ibia. x. 78.
 
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