Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
9?

I.XX.

Den iten Ianuar 1768.

Wenn in dieser Vergleichung / sage ich, die satyrische
Laune nicht zu sehr vorstäche: so würde man sie für die
beste Schutzschrift des komisch-tragischen, oder tragisch-
komischen Drama, (Mischspiel habe ich es einmal auf ir-
gend einem Titel genannt gefunden) für die gefliessend-
lichste Ausführung des Gedankens beym Lope halten dür-
fen. Aber zugleich würde sie auch die Widerlegung dessel-
ben seyn. Denn sie würde zeigen, daß eben das Veyspiel
der Natur, welches die Verbindung des feyerlichen Ern-
stes mit der possenhaften Luftigkeit rechtfertigen soll, eben
so gut jedes dramatische Ungeheuer, das weder Plan, noch
Verbindung, noch Menschenverstand hat, rechtfertigen
könne. Die Nachahmung der Natur müßte folglich ent-
weder gar kein Grundsatz der Kunst seyn ; oder, wenn sw
eS doch bliebe, würde durch ihn selbst die Kunst, Kunst
zu seyn aufhören; wenigstens keine höhere Kunst seyn, als
etwa die Kunst, die bunten Adern des Marmors in Gyps,
nachzuahmen; ihr Zug und Lauf mag gerathen , wie er
will, der seltsamste kann so seltsam nicht seyn, daß er
nicht natürlich scheinen könnte; blos und alleincher schei-
net es nicht, bey welchem sich zuviel Symmetrie, zu viel
Ebenmaaß und Verhältnis zu viel von dem zeiget, was
in jeder andern Kunst die Kunst ausmacht; der künstlichste
in diesem Verstände ist hier der schlechteste, und der wil-
deste der beste.
Als Kritikus dürfte unser Verfasser ganz anders spre-
chen. Was er hier so sinnreich aufstützen zu wollen schei-
net, würde er, ohne Zweifel als eine Mißgeburt des bar-
G 2
 
Annotationen