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dritten Vater verlangen, der das Mittel zwischen diesen
zwey Personen hielte/ und zeigte/ worin« sie beyde fehlten.,,
Nicht ich l Ich verwirre mir ibn sehr, diesen dritten
Vater; es sey in dem nemlichen Stücke / oder auch allein.
Welcher Vater glaubt nicht zu wissen, wie ein Vater seyn
soll ? Ans dem rechten Wege dünken wir uns alle: wir
verlangen nur, dann rind wann vor den Abwegen zu bey-
den Seiten gewarnet zu werden.
Diderot hat Recht: es ist besser, wenn die Karaktere
blos verschieden, als wenn sie kontrastirt sind. Kontra-
stirte Karaktere sind minder natürlich und vermehren den
romantischen Anstrich , an dem cs den dramatischen Be-
gebenheiten so schon selten fehlt. Für eine Gesellschaft,
im gemeinen Leven, wo sich der Kontrast der Karaktere so
abstechcnd zeigt, als ihn der konusche Dichter verlangt,
werden sich immer tausend finden, wo sie weiter nichts als
verschieden sind. Sehr richtig! Aber ist em Karakter,
der sich immer genau m dem graben Gleiße hält, das ihm
Vernunft und Tugend vorschrerben, nicht eine noch sel-
tenere Erscheinung? Von zwanzig Gesellschaften im ge-
meinen Leben, werben eher zehn seyn, in welchen man
Vater findet, die bey Erziehung ihrer Kinder völlig ent-
gegengesetzte Wege einschlagen, als eine, die den wahren
Vater aufweisen könnte. Und dieser wahre Vater ist noch
dazu immer der nemliche, ist nnreineinziger, daderAb-
weichungen von ihm unendlich sind. Folglich werden die
Stücke, die den wahren Vater ms Spiel bringen, nicht
allein jedes vor sich unnatürlicher, sondern auch unter
einander einförmiger seyn, als cs dw seyn können, welche
Vater von verschiednen Grundsätzen einführen. Auch ist
es gewiß, daß die Karaktere, welche in ruhigen Gesell-
schaften blos verschieden scheinen, sich von selbst kontrasti-
ven, sobald ein streitendes Interesse sie in Bewegung setzt.
 
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