Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Er fährt drei Tage, fährt drci Nächte,

Wird mißgestinunt, wird mnd und matt,
Der Magen knurrt ihm auch uichr schlechtc^
Und endlich, endlich hält das Züglein
Jn feiuem licben HeimatSart,

Im Winde weht eiu wcihes Tüchlein,
Die heißersehnte Braut fteht dort.

Die Väter, Mütter, Schwestern, Brüder,
Betrachten stolz das liebe Pacir,

Tie Minna küßt ihn immcr wieder,
Johannes tropft dcr Schweiß vom Haar.
Schnell anf die Post, fort die Paketchen,
Dan'i wirft er fich ins Hochzeitskleid,
Nmarmt diverse Nlal fein Mädchen,

Nun ist zn Allem er bercit.

Ne Stunde für das Standesamt,

Ne Stunde für den HochzeitSschmaus,
Zehn Stunden für fo allerhand,
Schon sind die Flittcrwochen ans.

Es ist nicht lcicht, so in zchn Stunden
Die Arbeit tun, für die im Friedcn
Dem jungen Panr, das sich gefunden,
Diverfe Jahre sind beschieden.

Jn Eile vackt er feine Sachen,

Die Zcit ist kurz, der Bahnhos wett.

Wat wird fein Minnaken wohl lachen!
Fast wie im Flug verftreicht die Zeit.

Vom Unteroffizier und Kameraden —

Er hat ja nur für Minna Sinn —

Wird mit Paketen er beladen.

Nun aber schnell zuin Bahnhof hin.

Man rät ihm noch, er soll sich fputen,

Uud keuchend unter schwerer Last,

Hat in dcr letzten der Minuten
Er wirklich noch den Zug gcfaßt.

Mn kühneni Hechtsprüng durch das Fenster,
Sturmangriff hat cr ja gelcrnt! —

Der Bahnmann glanbt, er ficht Eespenster.
Schon hat der Zug sich schnell entfernt.

Acht Tage für 'ne junge Ehe
Jst viel zu kurz, besonders dann,

Wenn man so garnicht in der Nähe
Tie liebe Braut erreichen kann.

Ter Zug hat auch noch seine Tücken,

Ter Anschluß wird oft nicht erreicht.
Johannes kann das nicht entzücken,

Jhm kommt es vor, als wenn er fchleicht.

Jhr Nofen, Tulpen und Narzissen,

Das ganze Leben ist ein Traum,

So kaum vereint und fchon
zerrissen,

Das Elück entslieht, man merkt
es kaum.

Tie Absahrt naht, drum fchnell
zur Bahn,

Sein liebes Weib begleitet ihn,

Ta — an dcr Sperre fteht ein
Mann,

Wo zeigt denndcssenFingerhin?

Ein Schild — Nachurlaub vier-
zehn Tage,

Johanncs wird auf einmal
Maun,

Fort mit den Tränen, mit der
Klage,

Hurrastvir fang'n von vorne an:

Ter kleine Llmor lächelt leise.

Die beiden zieh'N sich schnell
zurück

Und siug'n im Kämmerlein die
Weise

Voni Liebestraum und Liebes-
glück!

7
 
Annotationen