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Lranach's Lchlzschnittwerke (bis (506).

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in Anspruch nehmen, nennen als den Erfinder dieser Manier ihren Lands--
mann Hugo da Carpi, der mehrere Chiaroscuros nach Rasaelischen Zeich-
nungen ausführte. Aber weder von ihm, noch von irgend einem anderen
italienischen Formschneider sind derartige Blätter aufzuweisen, welche weiter
als bis zum Jahre 1515 zurückgehen, während in Deutschland Chiaros-
curo-Holzschnitte, wie erwähnt, schon 1506 und besonders 1509 von
Cranach und 1510 von Hans Baldung Grien und 15t2 von Hans Burgk-
mair vorkommen. Wenn nun von einigen deutschen Schriftstellern eines
Chiaroscuro-Blattes gedacht wird, das, die Krippe oder die Geburt des
Herrn darstellend, die Jahreszahl 1499 und den Namen „Mair" trägtst
andererseits ein Johann Ulrich Pilgrim genannt wird, der als alter deutscher
Meister lange vor Hugo da Carpi die Kunst der Chiaroscuros in Deutsch-
land ausgeübt haben oder selbige sogar erfunden haben soll, so ist in
Bezug auf das Blatt von Mair zu erwähnen, daß dasselbe nicht durch
Abdrücke von zwei oder mehreren Platten entstanden ist, sondern Schatten
und Tinten durch Pinselnachhilfe erhalten hatff während die Chiaroscuro-
Blätter jenes Pilgrimm wohl ein Monogramm 4. V. mit zwei dazwischen
befindlichen gekreuzten Pilgerstäben — woraus man den Namen dieses
sonst völlig unbekannten Meisters geschaffen zu haben scheint —, außerdem
aber keine Jahreszahl tragen, aus welcher sich nachweisen ließe, daß sie
vor der Zeit Albrecht Düreüs oder Cranach's entstanden sein könnten?
Lucas Cranach hat demnach wohl das Recht, als derjenige bezeichnet zu
werden, der diese Entwickelung und Vervollkommnung der Holzschneide-
kunst zuerst und zwar schon 1506 zur Anwendung brachte, wenn er auch
darin Hugo da Carpi nicht erreichte, der diese Kunst wesentlich entwickelte
und auf diesem Gebiete des Holzschnittes nicht nnr seinen deutschen Vvr-
gänger oder Zeitgenossen übertraf, sondern auch bis auf die neueste Zeit
unerreicht geblieben ist.

Von den übrigen Holzschnitten, welche das Cranachffche Zeichen und
die Jahreszahl 1506 tragen, sind besonders erwähnenswerth: Versuchung
des heiligen Antonius, der von allerlei Teufelsgestalten umgeben ist, die
Marter des heiligen Erasmus mit zwei Henkern, die ihm die Eingeweide
herausreißen, der Erzengel Michael mit Schwert und Waage, die heilige
Maria Magdalena, von Engeln getragen, Sk. Georg mit zwei dienenden

1 Vgl. Bartsch: ^siutrs Zrg,v6ur, VI, S, 364.

2 Vgl. Jackson: VreMiso, S. 280. Es kommen von dem aus Landshut ge-
bürtigen Maler „Mair", der um 1500 lebte, hübsche Marienbilder vor.

b Heinecken: Iä66 Adudrnlo, S. 289. Christ: Künstlermonogramme rc. nennt
die Pilgerstäbe „Scepter".
 
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