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Der Ltudeiitenauflauf wider Lueas Lranach.

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Cranach den Mahler nnno 1520?" Obgleich nun der Jnhalt dieses Acten-
stnckes auf Cranach nur einigemal flüchtig Bezug nimmt und somit die
Voraussetzung, daß es einen interessanten Beitrag zur Lebensgeschichte
nnseres Künstlers enthalten müsse, nicht gerechtfertigt wird, so läßt diese
Ueberschrift doch voraussetzen, daß man von Haus aus den Aufstand,
wenigstens äußerlich, als vorzugsweise gegen Cranach gerichtet oder durch
ihn veranlaßr betrachtete, oder daß aus dem Actenbündel manches ver-
schwunden sei, wodurch diese Ueberschrift wesentlicher gerechtfertigt ward.
Wiederholte Reibungen und Thätlichkeiten zwischen Studenten und Bürger-
schaft hatten ein churfürstliches strenges Verbot des Waffentragens ver-
anlaßt, das von den Stndenten Angesichts anderer Personen, welche sich
den Umständen nach nicht an dieses Verbot gebnnden hielten und nach
wie vor ihre Waffen führten, ganz besonders hart empfunden worden zu
sein scheinst namentlich weil sie sich, soweit sie der widerspenstigen Partei
angehörten, von nun an in ihrem aufrührerischen Geiste gegen die bürger-
liche Gewalt auf den Umweg der Beschwerdeführung verwiesen sahen.
Allem Anschein nach hatten Rath und Bürgerschaft das Recht ans ihrer
Seite, wührend die Stndenten, an deren Spitze einige Fremde, namentlich
adelige Stndenten zu stehen schienen, nicht ganz ohne Unterstützung von
Seiten einiger Professoren, namentlich gewisser Juristen, mit welchen anch
Luther alsbald in Zwiespalt gerieth, gewesen zu sein scheinen. Sie bildeten
eine Opposition gegen die wachsende Macht, welche sich im akademischen
und bürgerlichen Leben mehr und mehr auf die Seite der Theologen, auf
die Seite Luthers und seiner Anhänger neigte, und daß die Barfüßer-
mönche, auf deren Gebiete die aufrührerischen Studenten ihre Zusammen-
rottnngen hielten, ebenfalls die Hände im Spiele hatten, scheint kaum
einem Zweifel zu unterliegen. Wenn sich andrerseits der Geist des Aufruhrs
besonders auch gegen Cranach richtete, so ist dies ein Zeugniß seiner kernig
hervortretenden Stellung als Rathsmitglied und Bürger, und besonders auch
seiner entschiedenen Parteinahme für Lnther, wenn wirklich dem Ausruhr
ein religiöser Charakter nicht abzusprechen ist, denn Cranach's Hans war
der Sammelplatz aller derjenigen, die auf Seiten Lnther's standen. Das
Verbot des Waffentragens war eine Folge vorhergegangener durch die
Studenten verübter Gewaltthätigkeiten und Jnjurien; jetzt mußte es dem
gewaltsamen Auswuchs einer gährenden Stimmung zum Vorwande dienen,
bei welcher viele, die ihr dienten, nicht ahnen mochten, daß sie die Absicht
derjenigen unterstützten, welche die neue Bewegnng der Geister dnrch

^ Vergl. Förstemann, Neue Mittheilungen rc.. III, S. 51 ff.
 
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