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Zweirer Abschnitt. Fünftes Rapitel.

hinwiesen, daß aus der Art des begonnenen Reformationswerkes, so gerecht-
fertigt dasselbe an sich auch sein möchte, unendlich mehr Böses als Gutes
hervorgehen wnrde. Nur Luther selber konnte hier helfen und er war rechtzeitig
bei der Hand, um die von ihm wachgernfene mächtige Bewegung der
Geister in das Bett zurückzudrüngen, das er selbst gebaut und das nur er
mit seinem Heldenglauben an Gott und mit seinem Reichthum an Zuver-
sicht beherrschen und beschützen konnte. Schon lange vorher hatte er
Spalatin mitgetheilt, daß er sich bei irgend einem dringenden Anlaß weder
von seinen Freunden noch von seinem Churfürsten länger in dem unrühm-
lichen Versteck würde halten lassen, in welchem man ihn vor den Feinden
verborgen hielt, die er verachtete. Am 3. März (1522) brach er von der Wart-
bnrg aus und am 5. März schrieb er von Borna aus jenen denkwürdigen
Brief an den Churfürsten, in welchem er seinen Aufbrnch von der Wart-
burg gegen den Willen des Fürsten zu rechtfertigen sucht, und dnrchdrungen
von der Göttlichkeit seiner Sache sich von dem Schutze seines Landes-
herrn wie überhaupt von jedem Menschenschutze lossagte: „Jch komme gen
Wittenberg," heißt es in diesem Schreiben, „in gar viel einem höheren
Schutz denn des Churfürsten. Jch habs auch nicht im Sinn von Euer
churfürstl. Gnaden Schutz zu begehren; ja ich halte, ich wolle Eure fürstl.
Gnaden mehr schützen, denn sie mich schützen könne. Dazu wenn ich wüßte,
daß mich E. Ch. G. könnte und wollte schützen, wollte ich nicht kommen.
Dieser Sache soll noch kann kein Schwert rathen oder helfen: Gott muß hier
allein schaffen ohne alles menschliche Sorgen nnd Zuthun. Darum wer am
meisten glaubt, der wird hier am meisten schützen. Dieweil ich dann nun spühre,
daß E. Ch. Gn. noch gar schwach ist im Glauben, kann ich in keinerlei
Weise E. f. G. für den Mann ansehen, der mich schützen nnd retten könnte." —
Jnteressant und charakteristisch ist der Bericht, den uns Ratzeberger in seiner
erwähnten handschriftlichen Geschichte von Luther's heimlicher und kühner
Reise nach Wittenberg giebt, und derchier um so mehr eingeschaltet zu werden
verdient, da er nns schließlich auch zu unserem Cranach zurückführt und
uns einen neuen Einblick in dessen intimes Verhültniß zu Luther gewährt.
„Damit dem Luther aber unterwegs nichts widerfahre," heißt es in diesem
Berichte, „so war ihm nunmehr im Gefüngniß der Bart gewachsen, da-
durch er zum Theil unkenntlich geworden; so hatte er auch das Haar durch
einen Balbier, der ihm den Bart gestutzt, lassen abnehmen, itmn er hatte
einen Reitrock und ein Schwert angegürtet, so hatte ihm sein Hauptmann,
der ihn verwartet, eine güldene Kette angehangen und einen einspännigen
Knecht zugegeben, daß man ihn für einen Junker ansehe. So nannte ihn
auch der Knecht Junker Georg und unterrichtete ihn, wie er sich in den
 
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