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§uther's tfeimkehr nach wiltenberg

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Herbergen uff Adelich mit Geberden, Bartstreichen nnd Vorsehung der
Wehr halten sollte. Doch konnte Luther seine Gewohnheit nicht lasserg
daß wo er zuweilen ein Buch im Fenster liegen sah, da grisf er nach und
wollte es besehen; dieses strafte der Einspännige an ihm und sagte ihm,
daß er von diesem Brauche abstünde, denn es würe nicht adelig und
reimete sich die Reuterei und Schreiberei gar übel zusammen. Unterwegs
kehrte er zu Erfurt „zur hohen Lilien" ein nnd da er Mahlzeit hielp kam
man wührend des Essens auf Luther zu reden, nnter anderen sing auch
ein Psaff an, den Luther heftig zu schmähen, worauf ihn Luther bat, er
möchte ihm doch einen Bericht von Luther's Lehre geben; er sei ein armer
Edelmann und käme zuweilen zu Leuten, welche von Lnthern redeten, und
er möchte doch gern wissen, was dessen Thun und Wesen würe. Der Pfaff
sagte, er wolle einem wohl hundert Jrrthümer in Luthers Büchern nach-
weisen; Luther begehrte, der Pfaff möchte ihm deren einige herzählen und
hielt so lange an, daß er ihm von den hunderten nur zwei oder eineu
nennen möchte, denn ob er wohl der Reuterei zugethan sei, hätte er doch
in seiner Jugend schreiben und lesen gelernt, hätte auch etzliche von Luthers
Schriften gelesen, befinde aber allenthalben in seinen Büchern, daß er sich
auf die heilige Schrift bezöge und besonders Paulum ost anziehen thäte.
Da nun der Paff hierauf keiue Antwort zu geben wußte und diese Dis-
putation nicht zu weit einreißen möchte, machte der Einspännige seine Rosse
sertig und Hielt bei seinem Junker an, daß er sich auf den Weg machte,
denn es sei hohe Zeit, wenn sie bei Tage ihre Nachtherberge erreichen
wolltenZ und bringet ihn also in dieser ungewöhnlichen Gestalt nach
Wittenberg und kehrte bei vr. Jonas ein. Da ward er von seinen beßten
Freunden nicht erkannt, bis er sich ihnen an seiner Rede zu erkennen gab,
denn es schickte Jonas zu dem Goldschmied Christian, er solle einem
fremden Junker, seiner Schwäger einem, eine goldene Kette machen, da
nun Lnther gefragt ward, von was für Gold, und Luther nun redete,
erkannte ihn der Goldschmied an seiner Rede und Sprache. Also ließ
auch Jouas Meister Lucas Malern holen, einen fremden Junker abzu-
malen. Meister Lucas fragte ihn, ob er das Conterfei von Oel- oder
Wasserfarben zurichten sollte, und da Jnnker Georg antworten mußte, ward
er in dieser unkenntlichen Gestalt an der Rede von Meister Lucas auch
erkannt. Legte hieraus seinen lmbituur oguestreur ab und verrichtete sein
Amt, dadurch er des Carlstedts Unruhe stillte und diejenigen, die dieser
irre gemacht hatte, wiederum zu recht brachte." — Jn der Urknnde eines

i Ueber Luther's Nacht-Aufenthalt in Jena vgl. Ukert: Luther's Leben, I, S. 166.
 
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