Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
326

Dritter Abschnitt. Oiertes Aapitel.

jene ihm eigene Selbständigkeit des Handelns zeigte, womit er wenige Jahre
später sein politisches Ziel zu erstreben begann? Es war die Zeit, wo der
scharfsichtige Luther, um sein Urtheil über den jugendlichen Fürsten befragt,
den Chnrfürsten gewarnt haben soll, sich an ihm nicht einen jnngen Löwen
zu erziehen. Es ist dies erwähnenswerth, weil Cranach jedenfalls um diese
Zeit, wie zur Zeit seiner alten churfürstlichen Herren so oft, eine Jagd
„abconterfeit" hatte, welche der Churfürst mit seinem jugendlichen Gaste in
der Lochauer Heide abgehalten. Jm Jahre 1543, also einige Zeit nach
der scheinbaren Aussöhnnng wegen der ersten, gleich zu erwähnenden
Streitigkeiten zwischen dem Chursürsten und dem inzwischen selbstündig
gewordenen Herzog, bedankt sich der letztere für die von Meister Lucas
gemalte Jagd, die er vordem mit dem Churfürsten gehalten und die ihm
dieser in demselben Jahre zum Weihnachtsgeschenk gemacht hatte. Bei der
alsbald nach seinem Regierungsantritt zwischen Moritz und dem Churfürsten
sichtbar gewordenen Erkaltung dürfte in dem Jahre, wo dieser Brieswechsel
stattfand, kaum eine solche gemeinschaftliche Jagd stattgefunden haben, und
da sonst nirgend in Dresden ein solches Jagdbild Cranach's existirte, so
dürsen wir das Jagdbild im Schlosse zu Moritzburg, das mit dem Cranach'-
schen Mvnogramm und der Jahreszahl 1540 versehen ist, wohl unzweifelhaft
als dasjenige bezeichnen, von welchem hier die Rede ist. Es zeigt über
40 sorgfältig in Miniatur gemalte Portraitfiguren, darunter auch Churfürst
Johann Friedrich selber, und war vielleicht das erste passende Kunstwerk,
womit Herzog Moritz das 1542 von ihm auf dem Radelande erbaute
Jagdschloß schmücken konnteS

Auffüllig arm an Kunstleistnngen scheint das folgende Jahr 1541
gewesen zu sein? Ein sich uns öffnender Blick in das Haus des Meisters
erlüntert uns diese Lücke, wenn wir nicht annehmen wollen, daß die un-
ermüdliche schaffende Kraft überhaupt allmählich zu ermüden begann und
mehr und mehr nur noch wie Abendroth in den fortdauernd zahlreichen
Leistungen seines Studios und seiner Schüler sich wiederspiegelte. Der
blüthenreiche Baum seines Lebens fing an, sich zu entlauben, und schon
der Morgenhimmel des ereignißschweren neuen Jahrzehends warf auch in
Cranach's Haus jene düsteren Schatten, die uns mahnen, auf den Sturm
des Abends gerüstet zu sein. Jm Anfange des Jahres scheint Cranach

^ S. von Langenn: Kurfürst Moritz, I, S. 71 ff.; von Weber': Archiv für die
Geschichte Sachsens, VI, S. 1 ff.

^Schuchardt hält es ohne Grund für ein Werk des füngeren Cranach.
b „Jn diesem Jahre hat vr. Luther zum crsten mal seinen Catechismus in Druck
ausgehen lassen."
 
Annotationen