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Rarl V. in lVittenberg.

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und ihm Gelegenheit boten, Luther's Ruhestätte gegen den Fanatismus
eines Alba oder Perrinot, welche die Ausgrabung und Verbrennung der
Gebeine Luther's verlangt haben sollen, mit dem berühmten kaiserlichen
Machtspruch zu schützen: „Jch führe Krieg mit den Lebendigen, nicht mit
den Todten." Es wird ferner berichtet, die Spanier seien in der Schloß-
kirche auf Luther's Grab gesprungen, sie hätten sich aber daran nicht ferner
vergreifen und den Körper ausgraben dürfen. ^ Es kvnnte dies nur von
dem unmittelbaren kaiserlichen Gefolge geschehen sein, da man sich vom
Kaiser erbeten hatte, daß außerdem kein Spanier die Stadt betreten sollte;
denn als am 28. Mai der gefangene Churfürst mit erhaltener Erlaubniß
des Kaisers nach Wittenberg kam, um die Pfingstwoche im dortigen Schlosse
bei seiner Gemahlin und seinen beiden jungen Söhnen zuzubringen und
dann von ihnen auf lange Jahre Abschied zu nehmen, mußte er über eine
Stunde vor dem Thore warten, weil sich eine Menge Spanier herzu-
drängte, die man aber durchaus nicht in die Stadt einlassen wollte, und
von welchen einige in ihrem Eifer, wie Bugenhagen erzählt, unversehens
von den Wällen in den Graben fielen und zum großen Gelüchter der
Herren und der Bürger naß wurden wie die Katzen. Trotzdem mögen bei
solchen Gelegenheiten mancherlei unberufene Eindringlinge mit durchgeschlüpft
sein und srei von der hemmenden Hand des Kaisers in der überwundenen
Ketzerstadt manche Handlnng roher Schwürmerei verübt haben. Wird doch
erzählt, daß ein Spanier in der Stadtkirche, die dem Kaiser verschlossen
geblieben war, das Cranach'sche Gemälde am Altar ausmerksam betrachtet
und als er auf Befragen vernommen, daß der auf der Kanzel stehende
Prediger in diesem Bilde Luther sei, sein Schwert gezogen und mit den
Worten: „iAlmoo destin aäüne nrortun saovit" das Bild durchstochen haben?
Das trefsliche, moderne Bild von Teichs, welches in der Wittenberger
Kapelle zum heiligen Leichname Christi sich befindet und jenes traditionelle
Ereigniß in der Schloßkirche darstellt, wie Karl, von strengen Prülaten

^ ä. Lleiäaiins: Oo stMu i-sliAiorlis 6t i'6ipot»Ii6L6 Iroii. Oarolo V. Vid.
XIX; 8LAittLi'iii8: Vita. Noli. IXiäoi'iei, xnA. 44; chiinoüor: Vitg. N. I^ritliori,
S. 219; Müller's Armalen, S. 108; Glasey's Kern rc., S. 227; I. Meisner:
„Wittenbergisches Jubelfest" (1667), S. 142; Weichselfelder a. a. O. S. 619 u. a. in.

^ I. Merkel in seineni Berichte von der Belagerung Magdeburgs in Hort-
leder, Vom. II. lüb. IV, 6ux. XIX.

^ Nach anderen geschah dies von einem Spanier, der nach dem Besuche des Kaisers
in die Schloßkirche eintrat, wo sich ehedem ebenfalls ein Cranach'sches Bild befand,
das Lulher predigend auf der Kanzel darstellte, wie er mit der Rechten auf den Ge-
kreuzigten. mit der Linken aus den Papst zeigte, der mit seinen Cardinälen in die Hölle
fährt. S. oben S. 353.
 
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