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Dritter Abschnitt. Siebentes Aaxitel.

umgeben, das Ansinnen des finsteren Alba mit den oben angeführten Worten
zurückweist, gewinnt natürlich wesentlich an Jnteresse, je mehr der Gegen-
stand der Darstellung aus dem Bereiche der bloßen Tradition in das Licht
einer historischen Thatsache treten dars, und wird zugleich anch eine trefsende
Jllustration zu Cranackßs Lebensgeschichte, da der Maler nicht versüumt
hat, unter den Wittenberger Geistlichen und Bürgern, die mit banger
Ahnung, als trauernde und doch anch mahnende Wächter, an dem theuren
von arger Entweihung bedrohten Grabe sich versammelt haben, in charak-
teristischer Weise auch die Gestalt des greisen Meisters hervortreten zu lassen.

Als der gefangene Churfürst, wie oben erwähnt, am 28. Mai in die
Stadt kam, liefen ihm, wie erzählt wird, seine ihm entrissenen Unterthanen
entgegen, „Schmerz und Kummer leuchtete ihnen aus den Augen und ein
Strom von Thrünen unterbrach noch das Jammergeschrei, welches ihnen
der Verlust ihres Landesvaters auspreßte. Ja wenn man ihn in's Grab
versenkt hätte, würden sie nicht mehr Traurigkeit von sich haben blicken
lassen können. Jhm selbst rollten bittere Thrünen über die Wangen, als
er sich dem Schlosse nüherte, woselbst ihm seine angstvolle Gemahlin und
die vaterlosen Waisen mit bebenden Tritten entgegen eilten." Nur seine
zwei jüngeren Söhne, Johann Wilhelm und Johann Friedrich der Jüngere,
waren noch in Wittenberg bei der Mutter, der ülteste, Johann Friedrich
der Mittlere, hatte sich bereits vor der Ankunst des Kaisers vor Wittenberg
mit Hans von Ponikan und Heinrich von Schönberg auf den Grimmen-
stein nach Gotha begeben. Auch auf dem Schlosse empfing der Churfürst
noch einmal vielfache Zeichen reiner Anhünglichkeit, indem sich alle seine
Diener, und darunter gewiß auch Cranach in erster Linie, herbeidrängten,
um von ihm Abschied zu nehmen. Auch Doctor Pommer (Bugenhagen)
ließ sich, wie Ratzeberger erzählt, bei ihm anmelden, nnd da der Churfürst
verhoffte, er werde von ihm, als einer geistlichen mitleidenden Person einen
Trostspruch hören, ließ er ihn alsbald vor sich, „da aber der Churfürst
sein Antragen hörete, war dasselbige nichts anders, denn daß er umb seine
hinterstellige Besoldung anhielte, damit ihm dieselbige gegeben werden möchte;
da nun der Churfürst sonsten kein ander Antragen, als dieses vernahm,
befahl er, daß ihm sein Rest gezahlet würde." — Der Rath der Stadt
suchte dagegen seine Theilnahme durch eine nicht unansehnliche Geldspende
zu bethätigen, denn in der Kümmereirechnung dieses Jahres heißt es:
„350 ß. vor dem alten gefangnen Herrn gegebenü" Der Churfürst ver-
weilte in Wittenberg bis zum 3. Juni. Der Abschied von den Seinigen

^ Vergl. Förstemann: Nene Mittheilungen, Bd. 3, S. 110.
 
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