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Giacomo Pacchiarotti.

393

Neuntes Kapitel.
Die Sienesen.

Dass die Kunst Siena’s in ihrer Blüthe ausschliesslich an’s Mittel-
alter geknüpft war, sahen wir schon im vorigen Abschnitt. Mit dem
Absterben jener Epoche siechte vor allem die Malerei dahin, und wäh-
rend des ganzen 15. Jahrhunderts, obwohl auch hier Architektur und
Plastik dem Antrieb der Renaissance mit freiem Zuge folgten, ver-
mochte die Malerei sich nicht zu neuer Bedeutung aufzuschwingen. Als
nun mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts sowohl von Florenz wie von
Rom aus die Erscheinungen einer neuen grossen Kunst die Welt mit
Staunen und Bewunderung erfüllten, drangen einzelne Strahlen dieses
Glanzes auch nach Siena und regten die dortigen Künstler zu edlem
Wetteifer an. Allein die Mehrzahl unter ihnen vermochte sich nicht
ganz aus den alterthümlichen Anschauungen zu befreien, und so ent-
stand ein Gemisch verschiedener stilistischer Einwirkungen und ein-
heimischer Traditionen, welches eine grosse Kunstentwicklung aus einem
Guss verhinderte. Nur Peruzzi erhob sich zu einem freien edlen Stile,
hauptsächlich weil es ihm vergönnt war, die Weltbühne Roms aufzu-
suchen und dort im Wetteifer mit den grössten Meistern zu wirken.
In Siena selbst wurde das Bedeutendste auch jetzt wieder von einem
fremden Künstler ausgeführt, und was in der vorigen Epoche der
Umbrier Pinturicchio für die Stadt gewesen war, das wurde jetzt der
Lombarde Sodoma, nur mit dem Unterschiede, dass er durch längeres
N erweilen und feste Ansiedlung in Siena das Gepräge der dortigen
Kunst ganz anders bedingte als jener ehemals vermocht. Daher weisen
wir ihm in unserer Betrachtung seine Stelle unter den Sienesen an.
Unter den Künstlern, welche überwiegend noch alterthümliche
Anklänge zeigen, ist zunächst Giacomo Pacchiärotti*) zu nennen, der
schon deshalb genauer in’s Auge gefasst werden muss, weil ihm lange
Zeit durch Verwechselung mit dem viel bedeutenderen Girolamo del
*) G. Milanesi, documenti per la storia dell’ arte Senese, Siena 1854. Tom.
II. u. III. — Crowe und Cavalcaselle, III, 373 ff., in Jordan’s Ausgabe IV, 395 ff.
 
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