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Lüders, Heinrich
Philologica Indica: ausgewählte kleine Schriften von Heinrich Lüders ; Festgabe zum siebzigsten Geburtstage am 25. Juni 1939 dargebracht von Kollegen, Freunden und Schülern — Göttingen, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.37426#0249

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Epigraphische Beiträge. II

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indischer Herrscher den Namen Cäsar als Titel annehmen konnte, ist natür-
lich undenkbar. Mit der Möglichkeit, den Beginn der Ära und damit
Kaniska in die vorchristliche Zeit zu versetzen, fällt zugleich aber auch
die Möglichkeit, die Königsreihe von Kaniska bis Väsudeva vor Kujula-
Kadphises zu setzen*), dessen Eroberungen nach Chavannes^) und Franke
jedenfalls in das erste nachchristliche Jahrhundert fallen. In diesem Punkte
stimme ich jetzt durchaus Oldenberg zu, der das ganze Problem neuerdings
wieder eingehend behandelt hat*). Die genauere Fixierung der Ära hängt
vor allem von der Frage ab, ob wir den König der Ta-Yüe-chi, Po-Liao,
der im Jahre 229 n. Chr. einen Gesandten nach China schickte, mit Väsudeva,
dem Nachfolger des Huviska, identifizieren dürfen^). Dann könnte die Ära
frühestens um 130 n. Chr., allerspätestens 168 n. Chr. beginnen. Keiner
der Gründe, die Oldenberg gegen diesen Ansatz anführt, ist zwingend.
Anderseits ist aber auch die Zurückführung von Po-ftuo auf
wie Chavannes bemerkt, nur zulässig, nicht notwendig, und auch die Mög-
lichkeit, daß ein späterer Väsudeva gemeint sei, ist nicht von der Hand
zu weisen. So wird vorläufig wohl kaum ein consensus omnium zu erreichen
sein. Die Entscheidung wird verschieden ausfallen, je nachdem man die
Beweiskraft jener chinesischen Angabe bewertet. Unsere Inschrift hat aber
die Grenzen des Möglichen erheblich eingeengt, und das ist ein Ergebnis,
dessen Wert unter den obwaltenden Verhältnissen nicht gering anzu-
schlagen ist.
Nachschrift.
Nach Niederschrift dieses Aufsatzes ging mir das Juli-Heft des JRAS.
zu, das die erste Hälfte einer Abhandlung von J. Kennedy, "The Secret of
Kanishka', enthält. Der Verfasser tritt für die Fleet-Frankesche Theorie
ein. Soweit ich sehe, enthält die Abhandlung nichts, was das klare Zeugnis
unserer Inschrift entkräften könnte. Auf Einzelheiten einzugehen ist dies
nicht der Ort, nur über das eine Argument, auf das der Verfasser das Haupt-
gewicht zu legen scheint, möchte ich doch auch hier schon ein Wort sagen.
Kennedy sagt so (S.667): Wir müssen aus anderen Gründen Kaniska ent-
weder 100 Jahre vor 50 n. Chr. oder nach 100 (genauer 120) n. Chr. datieren.
Nun sind die Legenden auf seinen Münzen griechisch. Der Gebrauch des
Griechischen als Sprache des täglichen Lebens hörte aber in den Ländern
östlich vom Euphrat teils vor, teils bald nach dem Ende des ersten Jahr-
hunderts n. Chr. auf. Also kann Kaniska nicht in das zweite Jahrhundert
n. Chr. versetzt werden, sondern muß der vorchristlichen Zeit angehören.
— Vor mir liegen ein paar ausländische Münzen, darunter eine schweizerische
*) Fleet, JRAS. 1903, S. 334; 1907, S.1048; Franke, Beiträge aus chinesischen
Quellen zur Kenntnis der Türkvölker und Skythen Zentralasiens, S. 93ff.
Q T'oung Pao, S. II, Vol. 8, S.191 A. 1. Q A. a. O. S. 72.
Q Zur Frage nach der Ära des Kaniska, NGGW. Phil.-hist. Kl. 1911, 427 ff.
Q T'oung Pao, S. II. Vol. 5, S. 489.
 
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